Bundesverwaltungsgericht

Rezeptsammlung im Supermarkt ist doch zulässig

Berlin - 23.04.2020, 16:35 Uhr

Das Bundesverwaltungsgericht hat einmal wieder ein für Apotheken bedeutsames Urteil gefällt: Apotheken mit Versanderlaubnis dürfen in ihrem Umkreis Sammelboxen aufstellen und Bestellungen per Boten beliefern. Eine unzulässige Rezeptsammelstelle sei das nicht. (c / Foto: BVerwG)

Das Bundesverwaltungsgericht hat einmal wieder ein für Apotheken bedeutsames Urteil gefällt: Apotheken mit Versanderlaubnis dürfen in ihrem Umkreis Sammelboxen aufstellen und Bestellungen per Boten beliefern. Eine unzulässige Rezeptsammelstelle sei das nicht. (c / Foto: BVerwG)


Das Bundesverwaltungsgericht hat am heutigen Donnerstag entschieden, dass eine Präsenzapotheke, die über eine Versandhandelserlaubnis verfügt, in ihrem örtlichen Einzugsbereich Rezepte und OTC-Bestellungen einsammeln darf – so auch in einem Supermarkt. Die Arzneimittel darf sie dann auch per Boten ausliefern. Das Urteil hat eine Apothekerin aus Herne erstritten. Beiden Vorinstanzen hatten ihre Klage abgewiesen, aus ihrer Sicht handelte es sich um eine unzulässige Rezeptsammelstelle.

Seit Dezember 2014 hat eine Apothekeninhaberin aus Herne, die auch eine Versandhandelserlaubnis besitzt, eine Sammelbox für Rezepte und OTC-Bestellungen in einem Edeka-Supermarkt aufgestellt. Der Briefkasten wird von der Apothekerin oder einem ihrer Mitarbeiter regelmäßig geleert. Zunächst wurde nur eine Lieferung der georderten Arzneimittel per Boten oder eine Abholung in der Apotheke angeboten. Später kam für Empfänger außerhalb des Stadtgebietes die Option des Versandes hinzu – diese fand in der Praxis allerdings kaum Zuspruch, da hierfür hohe Versandkosten in Rechnung gestellt wurden. Im Vordergrund stand und steht der kostenfreie Botendienst im Stadtgebiet. 

Die Stadt Herne sah das Angebot als unzulässige Rezeptsammelstelle und untersagte den Betrieb der Sammelbox im Oktober 2015. Doch das wollte die Apothekerin nicht auf sich sitzen lassen. Sie meint, dass es sich bei ihrer Sammeleinrichtung um eine erlaubnisfreie – und zulässige – „Pick-up-Stelle“ im Rahmen eines von ihr betriebenen Versandhandels handele. Sie ging daher gegen die Verfügung vor und klagte sich vom Verwaltungsgericht Gelsenkirchen über das Oberverwaltungsgericht NRW bis hin zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig.

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In beiden Vorinstanzen wurde ihre Klage abgewiesen. Sie teilten die behördliche Auffassung, dass die Apothekerin mit ihrer Einrichtung zum Einsammeln von Verschreibungen gegen die Bestimmung des § 24 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) verstoße. Nach außen wirke sie wie eine solche Sammelstelle – doch die erforderliche Erlaubnis habe die Apothekerin nicht. Und sie würde sie in ihrer Lage auch nicht bekommen. Auf ihre Versanderlaubnis könne sie sich ebenfalls nicht berufen. Zwar habe das Bundesverwaltungsgericht 2008 ausgeführt, § 24 ApBetrO sei für die Entgegennahme von Arzneimittelbestellungen im Versandhandel nicht einschlägig (es ging damals um die Pick-up-Stellen der Europa Apotheek in dm-Märkten – sie wurden bekanntlich für zulässig befunden). Ob diese ob diese  Entscheidung nach der 2012 erfolgten Änderung der Apothekenbetriebsordnung (inklusive § 24 ApBetrO) überhaupt noch Geltung beanspruchen könne, lassen die Richter dahinstehen. Denn jedenfalls liegt aus ihrer Sicht überhaupt kein Versandhandel vor. Der Apothekerin gehe es vor allem darum, mehr Kunden in ihr Einzugsgebiet zu gewinnen, ausdrücklich richte sich ihr Angebot nicht an einen unbestimmten Personenkreis. Zudem würden die Arzneimittel an diese Kunden ausnahmslos durch das Personal der Apothekerin ausgeliefert. Merkmal des Versandes sei jedoch die Hinzuziehung externer Dienstleister.

Doch vor dem Bundesverwaltungsgericht bekam die Apothekerin nun Recht. Die Leipziger Richter hoben die Ordnungsverfügung auf – denn sie sehen die von der Herner Apothekerin betriebene Sammelbox von ihrer Versandhandelserlaubnis umfasst. Das Urteil fiel am heutigen Donnerstag nach der mündlichen Verhandlung. Die schriftlichen Gründe liegen noch nicht vor.

In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es jedoch, die Vorschriften des Apotheken- und des Arzneimittelrechts über den Versand von apothekenpflichtigen Arzneimitteln schlössen eine Zustellung durch eigene Boten der Apotheke weder nach ihrem Wortlaut noch nach ihrem Regelungszweck aus. Dem Begriff des Versandhandels unterfalle auch ein Vertriebsmodell, das auf einen Versand im örtlichen Einzugsbereich der Apotheke ausgerichtet ist und hierfür eigene Boten der Apotheke einsetzt. Die Arzneimittelsicherheit sei dabei nicht mehr gefährdet als beim Versand über größere Entfernungen mittels externer Versanddienstleister. Dass eine Zulassung dieses Vertriebsmodells zu einem signifikanten Rückgang der Apothekendichte und einer Gefährdung der Arzneimittelversorgung führen könnte, sei ebenfalls nicht ersichtlich.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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4 Kommentare

Urteil

von Karl Reichenbach am 24.04.2020 um 11:20 Uhr

Das Modell Hüffenhardt wird wegen der deutlich ausgeweiteten Definition von Versandhandel dadurch zulässig.

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Urteil

von Harald Frank am 23.04.2020 um 21:29 Uhr

Man gönnt der Frau sicher nichts Schlechtes :)

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Urteil

von Conny am 23.04.2020 um 18:08 Uhr

Sie wissen noch gar nicht was Sie angestellt haben. Der Anwalt ist auch so ein grosser weisser Vogel. Na ja, habe gerade 10 vernüftige Briefkästen besorgt,werden auch heute Abend noch platziert.Mal sehen wieviele Anrufe ich morgen bekomme. Vor Gericht und auf hoher See...Ps : viel gutes kommt im Moment nicht aus dem Osten : F. Schmidt, Pegida und jetzt das Urteil aus Leipzig.

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RX Versand

von Dr. Radman am 23.04.2020 um 17:39 Uhr

Die ABDA (Schmidt, Becker & Co) ist schuld daran, dass RXVV nicht durchgesetzt wurde.

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