Mittlerweile unter 1

Corona-Reproduktionsrate deutlich gesunken

Berlin/Stuttgart - 17.04.2020, 10:15 Uhr

Durch eine Vielzahl von Maßnahmen ist es gelungen, die Reproduktionsrate zu senken. (Foto: imago images / Sven Simon)

Durch eine Vielzahl von Maßnahmen ist es gelungen, die Reproduktionsrate zu senken. (Foto: imago images / Sven Simon)


Die Reproduktionsrate gilt als wichtiger Marker, um den Verlauf der aktuellen Coronawelle in Deutschland beurteilen zu können. Sie gibt Auskunft darüber, wie viele andere Menschen ein Erkrankter im Durchschnitt ansteckt. Auch politische Entscheider blicken unter anderem auf diese Zahl. Nun wurde ein besonders niedriger Wert errechnet. Laut Robert Koch-Institut (RKI) liegt sie mittlerweile bei 0,7, Anfang März war sie auf 3 beziffert worden.

Die Ansteckungsrate mit dem neuartigen Coronavirus ist in Deutschland nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) deutlich gesunken. Laut der am Donnerstagabend veröffentlichten Statistik steckt derzeit jeder Infizierte weit weniger als einen weiteren Menschen an, die sogenannte Reproduktionsrate (R) liegt bei 0,7. Zehn Infizierte stecken damit nur sieben weitere Menschen an – was bedeutet, dass die Zahl der täglichen Neuansteckungen zurückgeht. Steckt ein Mensch mehr als einen weiteren an, liegt der Wert also über 1, nimmt die Zahl der Infektionen zu. Bei einem Wert unter 1 flaut eine Epidemie nach und nach ab.

„Die R-Schätzung ergibt für Anfang März Werte im Bereich von R gleich 3, die danach absinken, und sich etwa seit dem 22. März um R gleich 1 stabilisieren“, hieß es vom RKI.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte im Zuge der Ankündigung erster Lockerungen bei Corona-Maßnahmen am Mittwoch deutlich gemacht, dass schon vermeintlich kleine Änderungen der Reproduktionszahl erhebliche Folgen haben können. Zudem rechnen Experten wie für andere Länder auch für Deutschland mit einer hohen Dunkelziffer nicht erfasster Fälle. RKI-Präsident Lothar Wieler hatte aber auch gesagt, dass für eine Lockerung der Maßnahmen nicht nur die Reproduktionszahl relevant sei, sondern etwa auch der Anteil immuner Menschen in der Bevölkerung sowie die Kapazitäten des Gesundheitssystems.

Bei über 80-Jährigen starker Anstieg prognostiziert

Eine Betrachtung der Entwicklung nach Altersgruppen zeige, dass die prognostizierte Anzahl von Fällen pro 100.000 Einwohner in der Altersgruppe ab 80 Jahren besonders stark ansteige, hieß es nun vom RKI. „Dies wird sich vermutlich auch in einem stärkeren Anstieg der Anzahl von hospitalisierten Fällen und intensivpflichtigen Fällen zeigen.“

Dass sich das Virus nach dem 18. März stärker auch unter älteren Menschen ausbreitete und zunehmend Ausbrüche in Pflegeheimen und Krankenhäusern zu beobachten sind, ist dem RKI zufolge ein Grund dafür, dass der Rückgang der Neuerkrankungen trotz der gravierenden Maßnahmen nur relativ langsam passiert. In Deutschland waren im Gegensatz zu anderen Ländern anfangs überdurchschnittlich viele Jüngere erkrankt, was unter anderem darauf zurückgeführt wurde, dass Skifahrer die Infektion mitbrachten, zum Beispiel aus dem österreichischen Ischgl.

Mehr Tests, mehr erfasste Fälle

Ein weiterer Aspekt ist laut RKI aber auch, dass in Deutschland die Testkapazitäten deutlich erhöht worden sind und durch stärkeres Testen ein insgesamt größerer Teil der Infektionen sichtbar wird. Dieser strukturelle Effekt und der dadurch bedingte Anstieg der Meldezahlen könnten dazu führen, dass der aktuelle R-Wert das reale Geschehen etwas überschätze, so das RKI. Laut Statista hat Deutschland bislang fast 21.000 (Stand 16. April) Tests pro eine Million Einwohner durchgeführt und liegt damit deutlich vor den USA mit knapp 10.000, aber auch vor Italien mit etwas über 18.000 pro eine Million Einwohner. Dabei ist die tägliche Testkapazität ebenso wie die Anzahl der übermittelnden Labore kontinuierlich gestiegen. In der 14. Kalenderwoche belief sich laut einer deutschlandweiten Laborabfrage des Robert Koch-Instituts die tägliche Testkapazität für SARS-CoV-2 auf 116.655 Tests, in KW 10 waren es 7110 gewesen (Quelle: Statista). 


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