Keine klinische Evidenz für schädliche Wirkung

EMA: ACE-Hemmer und Sartane nicht wegen Corona absetzen!

Stuttgart - 30.03.2020, 12:45 Uhr

Beim Eintritt der Corona-Viren in die Zellen scheint der ACE2-Rezeptor eine wichtige Rolle zu spielen. Ob bestimmte Arzneistoffe hier einen klinischen Einfluss haben, ist bislang aber unklar. (s / Foto: artegorov3@gmail / stock.adobe.com)

Beim Eintritt der Corona-Viren in die Zellen scheint der ACE2-Rezeptor eine wichtige Rolle zu spielen. Ob bestimmte Arzneistoffe hier einen klinischen Einfluss haben, ist bislang aber unklar. (s / Foto: artegorov3@gmail / stock.adobe.com)


Hypothesen aus der Grundlagenforschung, dass bestimmte Blutdrucksenker Einfluss auf den Verlauf von COVID-19 haben, haben kürzlich für große Verunsicherung gesorgt. Nach mehreren Fachgesellschaften hat sich nun auch die EMA zu der Thematik geäußert und eindringlich davor gewarnt, die Arzneimittel abzusetzen. Es gebe derzeit keine klinische Evidenz für einen schädlichen Einfluss auf Infektionen mit SARS-CoV-2 .

Beim Eintritt der Corona-Viren in die Zellen scheint der ACE2-Rezeptor eine wichtige Rolle zu spielen. Er wird daher als Ansatzpunkt für mögliche Therapeutika gegen durch Coronaviren verursachte Infektionen beforscht. Allerdings scheinen auch bestimmte Arzneistoffe eine Auswirkung auf die Dichte dieser Rezeptoren auf der Zelloberfläche zu haben. Diskutiert wird das beispielsweise für ACE-Hemmer, aber auch für Ibuprofen. 

Inwiefern das einen klinischen Einfluss auf den Verlauf von SARS-CoV-2-Infektionen hat, ist aber bislang völlig unklar. Teilweise sind die Forschungsergebnisse dazu auch widersprüchlich. So findet man beispielsweise hinsichtlich Sartanen in Laborversuchen sowohl Hinweise auf einen protektiven als auch auf einen schädlichen Effekt. 

Aufgrund der fehlenden klinischen Evidenz in Bezug auf SARS-CoV-2 verursachte Infektionen existiert jedenfalls bislang keine Empfehlung, die Arzneimittel abzusetzen. Ganz im Gegenteil: Fachgesellschaften warnen eindringlich davor.

Kein Anlass, auf andere Substanzklassen umzusteigen!

Nun hat sich auch die europäische Arzneimittelagentur EMA zu dem Thema geäußert. Sie rät ebenfalls eindringlich, Sartane und ACE-Hemmer während der COVID-19-Pandemie weiterhin einzunehmen. Man sei sich der Diskussion um eine mögliche negative Wirkung bewusst, heißt es in einer aktuellen Mitteilung. Derzeit gebe es aber keinen Anlass, auf andere Substanzklassen umzusteigen, denn man habe keine Evidenz aus klinischen oder epidemiologischen Studien, die eine Verbindung zwischen ACE-Hemmern oder Sartanen und der Verschlechterung von COVID-19 herstellt. 

Während die Krise weltweit fortschreitet, werde überall intensiv geforscht, um zu verstehen, wie sich das Virus im Körper vermehrt, mit dem Immunsystem interagiert und die Erkrankung auslöst – und natürlich auch inwiefern Arzneistoffe den Verlauf beeinflussen können. Seitens der EMA beobachtet man die Situation daher genau und arbeitet mit entsprechenden Interessenvertretern, um epidemiologische Studien über die Auswirkungen der Blutdrucksenker im Zusammenhang mit COVID-19 zu koordinieren.

Zudem sieht sich die EMA in der Pflicht, Patienten über den aktuellen Stand zu informieren. Daher habe man sich auch kürzlich zu den Diskussionen um eine Verschlechterung durch NSAR geäußert. Aus Sicht der europäischen Aufsichtsbehörde ist aber vor allem wichtig, dass sich verunsicherte Patienten an ihren Apotheker oder Arzt wenden und nicht eigenmächtig Therapien abbrechen.


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Empfehlung der EMA zu ACE-Hemmern und Sartanen

Medikation nicht wegen Corona absetzen

Wie Ibuprofen, ACE-Hemmer und Sartane einzuordnen sind

Fakten gegen Fake News

RAS-Hemmer könnten Hypertoniker sogar vor schweren COVID-19-Verläufen schützen

ACE-Hemmer und Sartane nicht absetzen!

WHO, EMA, AMK, Schweiz, Frankreich

Ibuprofen bei Covid-19: eine Übersicht

Einfluss von ACE-Hemmern und Sartanen auf das COVID-19-Risiko unter der Lupe

Leichtes Spiel für SARS-CoV-2?

WHO rät doch nicht von Ibuprofen ab

Ibuprofen und COVID-19: WHO rudert zurück

Keine schwereren COVID-19-Verläufe unter ACE-Hemmern und Sartanen

Weitere Entwarnung für Blutdrucksenker

1 Kommentar

ACE Ii Rezeptoren, als Eintrittspforte für Corona

von Dr. Wilhelm Herdering am 09.04.2020 um 9:04 Uhr

Die Hypothese ist, je mehr ACE II Rezeptoren auf der Oberfläche einer Lungenzelle, desto leichter kann das Corona Virus in diese eindringen.
ACE Hemmer erhöhen letztlich die Anzahl dieser Rezeptoren, ohne sie sie blocken.
Da ich den ACE Hemmer Ramipril nehme, macht mich das nachdenklich.
Andererseits erhöhen auch ACE II Rezeptor Inhibitoren die Synthese dieser Rezeptoren, andererseits blockieren sie sie. der Sinn der Verabreichung.
Deshalb frage ich mich, ob diese Inhibitoren den Corona Viren den Weg in die Zelle tatsächlich erleichtern oder ob sie ihn möglicherweise im Gegenteil sogar erschweren.
Von der Logik her würde ich Letzteres nicht ausschließen, sondern bevorzugen.
Sartane wirksam gegen die Covid 19 Lungenentzündung?
Eine Hypothese, keine Behauptung.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.