NDMA entsteht bei Wärme

Sollte Ranitidin besser in den Kühlschrank?

Stuttgart - 08.01.2020, 17:55 Uhr

Temperaturkontrolle bald auch bei Ranitidin? Ein US-Labor schlägt das zumindest vor. ( r / Foto: Schelbert)

Temperaturkontrolle bald auch bei Ranitidin? Ein US-Labor schlägt das zumindest vor. ( r / Foto: Schelbert)


Während bei den Sartanen die Nitrosamin-Verunreinigungen mit großer Wahrscheinlichkeit auf die Synthese zurückzuführen sind, scheint beim H2-Blocker Ranitidin die Sache etwas anders gelagert. Analysen eines US-Labors zufolge entstehen dort die Nitrosamine oft erst nach Verlassen der Herstellungsstätte bei Transport und Lagerung und sind somit bei Untersuchungen durch den Hersteller auch nicht auffindbar.

Die US-Versand-Apotheke Valisure hatte bei eigenen Analysen im Oktober vergangenen Jahres Nitrosamin-Verunreinigungen im Magensäureblocker Ranitidin (Zantac und Generika) entdeckt und daraufhin per „citizen petition“ (Bürgerantrag) die FDA dazu aufgefordert, die Präparate zurückzurufen. Allerdings kamen die immens hohen von Valisure gefundenen Mengen von bis zu 3 mg NDMA durch die Bedingungen während der Analyse zustande. Die FDA forderte daher die Hersteller lediglich auf, alle Chargen zu testen und die, die einen bestimmten NDMA-Grenzwert überschreiten, zurückzuhalten. Die Behörde verwies dabei auf eine Analysemethode, die den Abbau von Ranitidin während der Analyse und somit auch die NDMA-Bildung verringern soll. Die sollten die Hersteller anwenden. Einige Hersteller lieferten daraufhin ihre Präparate nicht mehr aus, andere riefen freiwillig zurück oder beschlossen den Verkauf einzustellen, solange die Angelegenheit noch nicht abgeschlossen ist. Wieder andere blieben im Markt

NDMA entsteht bei Lagerung und Transport

Doch damit, dass alle Ranitidin-Chargen vom Hersteller vor der Auslieferung auf NDMA getestet werden, scheint die Sache nicht erledigt zu sein. Darauf weisen Analysen eines anderen Labors namens Emery Pharma hin. Denn die haben ergeben, dass der NDMA-Gehalt oft erst ansteigt, wenn die Packungen die Fabrik lang verlassen haben. Nämlich dann, wenn Ranitidin beim Transport oder der Lagerung hohen Temperaturen ausgesetzt wird. Und das passiert nach Ansicht des Labors regelmäßig, wenn es beispielsweise in die Südstaaten der USA, den mittleren Osten, Südostasien oder andere warme Gegenden transportiert wird. Bei 70 Grad geht es den Analysen zufolge rapide aufwärts mit dem NDMA-Gehalt, bei der Reinsubstanz noch schneller als bei dem in Tabletten verarbeiteten Wirkstoff. Bei 25 Grad hingegen wurde kein signifikanter Anstieg gezeigt. Das heißt aber, eine Packung mit Ranitidin kann beim Hersteller noch völlig im erlaubten Rahmen sein. In dem Moment, in dem der Patient die Tabletten einnimmt, kann der NDMA-Gehalt aber weit über dem von der FDA als tolerierbar erachteten Grenzwert liegen. Emery-Pharma hat deswegen ebenfalls eine „citizen petition“ erstellt.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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