Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetz

Phagro erwartet „ruinösen Wettbewerb“

Berlin - 30.08.2019, 16:31 Uhr

Thomas Trümper wünscht im VOASG eine Klarstellung, dass ausländische Großhändler und direkt liefernde Hersteller bei der Belieferung deutscher Apotheken an die Arzneimittelpreisverordnung gebunden bleiben. (c / Foto: Schelbert)

Thomas Trümper wünscht im VOASG eine Klarstellung, dass ausländische Großhändler und direkt liefernde Hersteller bei der Belieferung deutscher Apotheken an die Arzneimittelpreisverordnung gebunden bleiben. (c / Foto: Schelbert)


Das geplante Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken mit seinem Versuch die Gleichpreisigkeit zu retten, indem man sie vom Arzneimittelgesetz ins Sozialrecht überträgt, bereitet auch dem pharmazeutischen Großhandel Sorgen. Der Vorsitzende ihres Bundesverbands Phagro, Thomas Trümper, bekräftigte nun auch gegenüber dem „Handelsblatt“, dass er einen „ruinösen Preis- und Rabattwettbewerb“ von ausländischen Wettbewerbern erwartet.

Bereits unmittelbar nach dem Kabinettsbeschluss zum Entwurf für das Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken hatte der Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels (Phagro) Alarm geschlagen: Durch die Streichung des § 78 Abs. 1 Satz 4 Arzneimittelgesetz, der die Preisbindung für EU-ausländische Versandapotheken bestimmt, wären auch pharmazeutische Großhändler aus dem EU-Ausland, die nach Deutschland liefern, nicht mehr an die deutschen Preisvorschriften gebunden, erklärte der Verband. „Das diskriminiert die in Deutschland ansässigen pharmazeutischen Großhändler und führt zu unfairen Wettbewerbsbedingungen“, sagte Phagro-Chef Thomas Trümper schon Mitte Juli.

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Nun hat Trümper seine Befürchtungen gegenüber dem „Handelsblatt“ bekräftigt. Die hiesigen Großhändler befürchten, dass sich ausländische Wettbewerber insbesondere das Geschäft mit den lukrativen Arzneimittelgruppen sichern und mit Niedrigpreisen deutsche Apotheken als Kunden gewinnen wollen. Das ginge zu Lasten des deutschen Pharmagroßhandels, der weiterhin an die Vorschriften der Arzneimittelpreisverordnung gebunden ist. Der Phagro-Vorsitzende befürchtet sogar, dass die bedarfsgerechte Versorgung durch den Großhandel gefährdet ist. Schließlich basiert das Großhandelsgeschäft auf einer Mischkalkulation. Die fixen Spannen der Arzneimittelpreisverordnung reichten für die Distribution vieler Arzneimittel aus, erklärt Trümper. Für andere Medikamente, die gekühlt transportiert werden müssen, oder Betäubungsmittel, bei denen besondere Sicherheitsbestimmungen gelten, sei sie bei Weitem nicht kostendeckend. Doch bleiben just diese Arzneimittel beim deutschen Großhandel, während sich ausländische Konkurrenz auf problemlose Ware konzentriert und mit deutlichen Rabatten anbietet, geht die Mischkalkulation nicht mehr auf.

Brauchen deutsche Großhändler künftig einen Standort im Ausland?

Hanns-Heinrich Kehr, Mitinhaber und Geschäftsführer des Pharmagroßhandels Kehr, äußert sich dem „Handelsblatt“ gegenüber ebenfalls besorgt: „Tritt das Gesetz so in Kraft, müssten wir eigentlich einen Standort im Ausland aufbauen, von wo aus wir zu gleichen Bedingungen einkaufen und liefern können wie die anderen ausländischen Großhändler.“

Laut Phagro sollte im Gesetz ausdrücklich klargestellt werden, dass ausländische Pharmagroßhändler und direkt liefernde Pharmaunternehmen bei der Belieferung von deutschen Apotheken an die Arzneimittelpreisverordnung gebunden bleiben. Das Bundesgesundheitsministerium wollte sich zu dieser Forderung gegenüber dem „Handelsblatt“ nicht äußern, es müsse das Ergebnis des parlamentarischen Verfahrens abgewartet werden.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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1 Kommentar

Freier Fall - politisch gewollt?

von Uwe Hansmann am 30.08.2019 um 16:55 Uhr

Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß hier seitens der deutschen Politik eine gesamte, notwendige, vom Gesetzgeber ausdrücklich gewollte, bewährte Versorgungskette sehenden Auges dem freien Fall anheim gestellt wird.

Was treibt die Herren Spahn, Hennrich & Co. eigentlich?

Die Sorge um die Gesundheitsversorgung der eigenen Wählerschaft ist es ganz offensichtlich nicht mehr!

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