BMWi-Vermerke

BMWi: Spahn wollte sich Erhalt des Rx-Versandes erkaufen

Berlin - 24.08.2019, 23:30 Uhr

Aus Papieren des Bundeswirtschaftsministeriums geht hervor, dass sich das BMWi darüber beschwerte, dass Bundesgesundheitsminister Jens Spahn die Apotheker offenbar mit höheren Honoraren von der Streichung des Rx-Versandverbotes überzeugen wollte. (Foto: imago images / photothek)

Aus Papieren des Bundeswirtschaftsministeriums geht hervor, dass sich das BMWi darüber beschwerte, dass Bundesgesundheitsminister Jens Spahn die Apotheker offenbar mit höheren Honoraren von der Streichung des Rx-Versandverbotes überzeugen wollte. (Foto: imago images / photothek)


Mit dem Apotheken-Stärkungsgesetz will das Bundesgesundheitsministerium jetzt einen Konflikt lösen, der seit dem EuGH-Urteil im Herbst 2016 schwelt. Allerdings war schon im vergangenen Jahr, während des Gesetzgebungsverfahrens zum Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) immer wieder zu hören, dass das BMG den Versandhandelskonflikt bereits mit diesem Gesetz lösen wollte. Aus Unterlagen des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) geht hervor, dass man im Haus von Minister Peter Altmaier offenbar den Eindruck hatte, dass sich Bundesgesundheitsminister Jens Spahn den Erhalt des Rx-Versandes durch höhere Apotheken-Honorare erkaufen wollte.

Nach der Bundestagswahl 2017 vereinbarten Union und SPD im Koalitionsvertrag, dass man sich für das Rx-Versandverbot „einsetzen“ will. Gesagt, nicht getan. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat bislang keinen Gesetzentwurf dazu vorgelegt. Vielmehr liegt nun der Kabinettsbeschluss einer Apothekenreform vor, die unter anderem ein Rx-Boni-Verbot für GKV-Versicherte, neue pharmazeutische Dienstleistungen und mehrere Honorar-Anpassungen für die Apotheker enthält.

Unterlagen, die der WDR und der NDR recherchiert haben und die nun auch DAZ.online vorliegen, zeigen, dass das Bundesgesundheitsministerium schon früher eine ähnliche Regelung verfolgte: im Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV). Zur Erinnerung: Im GSAV hat der Gesetzgeber hauptsächlich auf die Arzneimittel-Skandale aus dem vergangenen Sommer reagiert – es enthält allerdings mehrere „sachfremde“ Regelungen. Immer wieder zu hören war damals auch, dass Spahn seine Vorschläge zum Apothekenmarkt schon im GSAV unterbringen wollte.

BMWi: Es ist mit weiteren Zuwendungen für Apotheken zu rechnen

Den BMWi-Unterlagen zufolge stand wohl zur Debatte, die Regelungen zur Erhöhung des Apothekenhonorars und zum damals noch geplanten Rx-Boni-Deckel über das Parlament per Änderungsantrag im GSAV unterzubringen. Der Vorteil für Spahn: Mit dem Bundeswirtschaftsministerium – das eigentlich für das Apothekenhonorar zuständig ist – und dem Rest der Bundesregierung hätte sich Spahn nicht mehr abstimmen müssen. Dazu heißt es daher in den BMWi-Papieren: „Sehr kritisch zu sehen ist die beabsichtigte Umsetzung des Apothekenpakets über Änderungsanträge. Dies minimiert die fachliche Abstimmung und Mitwirkung anderer Ressorts, insbesondere des BMWi.“

Auch zu dem Inhalt dieses „Pakets“ schreibt das BMWi eine fachliche Beurteilung –schließlich ist der Wirtschaftsminister, wie oben beschrieben, der eigentliche Verordnungsgeber für die Arzneimittelpreisverordnung: „Es ist mit weiteren finanziellen Zuwendungen für die Apotheken zu rechnen, um die Zustimmung zum Erhalt des Versandhandels zu erreichen.“ Das BMWi wollte daher unbedingt ein eigenes Gesetzgebungsverfahren samt Kabinettsabstimmung erreichen – dies bekam es dann auch.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


Diesen Artikel teilen:


4 Kommentare

Rechenkünste

von Karl Friedrich Müller am 26.08.2019 um 8:00 Uhr

Der ABDA. Wir hatten es ja schon mal davon.
Verlust an Gewinn durch Spahns Gesetz; einige Milliarden für uns.
Bietet dafür 300 Mio, die kurzerhand auch noch auf ein Drittel reduziert werden. Dreist. Von beiden Seiten.
Verrat greift da viel zu kurz. Der eine nützt die Naivität und Dummheit des anderen gnadenlos aus.
Hoffnungslos überfordert. Und uneinsichtig.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Gemauschel

von Conny am 26.08.2019 um 7:30 Uhr

Wie niederträchtig von mir : Schmidt sollte endlich zurücktreten um ein Zeichen zusetzen. Kein Berufsstand ist jemals von seiner Führung so verraten und belogen worden

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Kaufrausch

von Uwe Hansmann am 25.08.2019 um 11:18 Uhr

Ganz offensichtlich hat die (Standes-?) Politik den Berufsstand im wahrsten Sinne des Wortes “Verraten und verkauft“

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Kaufrausch und Verratrausch

von Bernd Jas am 25.08.2019 um 15:48 Uhr

Das gleiche Spiel wie vor drei Jahren mit den Zytoausschreibungen, nur nicht so plumpdreist. Denn es könnten ja ein paar Kolleg(inn)en mehr dabei sein die diese Gräueltat durchschauen und dann damit drohen ihre Ente zu Wasser zu lassen.
Gleichzeitig streicht die Ärzteschaft ihre jährliche Honorarerhöung ein,....übrigens lieber Herr Ditzel, Sie haben da ein "X" bei den Preissteigerungen für apothekerliche Leistungen für die fünfzehnjährige Inflationsrate (im Tagebuch) nicht mit eingepreist.

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.