Tarifverträge

Was bekommen Schweizer Apotheker für Beratungs- und Sonderleistungen?

Remagen - 19.07.2019, 15:15 Uhr

In der Schweiz wurde der Tarifvertrag für die Apotheker-Honorare verlängert. Aber welche Honorare für welche Leistungen erhalten die Apotheker? (Foto: imago images / Becker & Bredel)

In der Schweiz wurde der Tarifvertrag für die Apotheker-Honorare verlängert. Aber welche Honorare für welche Leistungen erhalten die Apotheker? (Foto: imago images / Becker & Bredel)


In der Schweiz gelten die bestehenden Tarifverträge über die Abgeltung der Apotheker im Rahmen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) bis zum 31. Dezember 2021 fort. Die Tarifpartner hatten keine Änderungen gewünscht. Das Honorar für den Polymedikations-Check wird allerdings gestrichen. DAZ.online hat dies zum Anlass genommen, sich die Vergütungen der Schweizer Apotheker für Beratungs- und Sonderleistungen genauer anzuschauen.

In der Schweiz werden die Leistungserbringer im Rahmen der obligatorischen Krankenversicherung auf der Grundlage von Tarifverträgen bezahlt. Seit dem Jahr 2001 regelt der Tarifvertrag Leistungsorientierte Abgeltung (LOA) zwischen dem Apothekerverband pharmaSuisse und dem Verband der Krankenversicherer santésuisse die Vergütung der Leistungen des Apothekers im Zusammenhang mit der Abgabe erstattungsfähiger Medikamente. Die LOA soll bewirken, dass die Apotheker hierfür weitgehend unabhängig von dem Preis eines Arzneimittels honoriert werden.  

Tarifpartner sahen keinen Änderungsbedarf

Im September 2015 wurde die Abgeltung der Apotheker in zwei verschiedenen Verträgen (LOA IV/1) neu geregelt. Sie sind seit dem 1. Januar 2016 in Kraft und galten bis Ende Juni 2019. Der Bundesrat hat die Verlängerung der beiden Verträge Ende Juni bis zum 31. Dezember 2021 genehmigt, nachdem die Tarifpartner diese in unveränderter Form zur Verlängerung vorgelegt hatten.

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Was steht drin zur Vergütung von Beratungs- und Sonderleistungen?

Der Tarifvertrag LOA IV/1 regelt die Vergütung der Apothekerleistungen durch die Versicherer im Bereich des Krankenversicherungsgesetzes (KVG), inklusive der Tarif-, Abrechnungs- und Monitoringmodalitäten. In einem Anhang enthält der Tarifvertrag außerdem den „Tarifstrukturvertrag“.

Dieser gibt Aufschluss darüber, welche Beratungs-, Betreuungs- und Sonderleistungen mit wie vielen Taxpunkten bzw. Pauschalen abgegolten werden. Außerdem wird dort beschrieben, wie die jeweiligen Leistungen erbracht werden müssen. Der Taxpunktwert selbst wird im Tarifvertrag festgelegt. Er liegt derzeit und auch für die anstehende Laufzeit des Vertrags bei 1.05 Schweizer Franken zuzüglich Mehrwertsteuer.

Beispiele für die Honorierung von Apotheker-Leistungen gemäß LOA IV/1:

Leistung Taxpunkte Schweizer Franken

Bezugscheck

(Eröffnung und Führung eines Patientendossiers)

nur einmal pro Patient, pro Tag und pro Leistungserbringer

3 3,15

Medikamenten-Check

(Rezeptüberprüfung, Zulässigkeitsüberprüfung bei Wiederholung, Überprüfung der Dosierung, Interaktionskontrolle innerhalb des Rezeptes, Kontrolle von Risikofaktoren und Kontraindikationen, ggf. Kontaktnahme zum verordnenden Arzt, Missbrauchskontrolle, Beratung des Patienten),

pro verordnetem Arzneimittel

4 4,20

Polymedikationscheck

mindestens vier unterschiedliche Arzneimittel mit systemischer Wirkung gleichzeitig über mindestens 3 Monate, maximal zweimal jährlich (seit 1. Juli 2019 nicht mehr vergütet)

45 47,25

Einnahmekontrolle

Einnahme in der Apotheke, muss auf Rezept verordnet sein

10 10,50

Wochen-Dosiersystem

Sofern ärztlich verordnet, mindestens drei unterschiedliche Arzneimittel gleichzeitig in einer Woche, maximal ein Mal pro Woche

20 21,00

Substitution (Generika)

bei Preisunterschieden, die kleiner als 50 Taxpunkte sind, keine Pauschale, sondern „Einsparungsanteil“ in Höhe von 40 Prozent der Preisdifferenz

20 21,00

Notfalldienst

(Belieferung eines Rezepts im Notdienst)

16 16,80

Polymedikationscheck wird nicht mehr vergütet

Der Polymedikationscheck ist in den Schweizer Apotheken offensichtlich kein Erfolgsmodell. Jedenfalls hat der Schweizer Bundesrat bei der Genehmigung der Vertragsverlängerung die Tarifposition „Polymedikations-Check“ (PMC) aus dem Tarifstrukturvertrag ausgeschlossen. Die Leistung war im Jahr 2010 eingeführt worden. Bis heute habe nicht nachgewiesen werden können, dass sie den Kriterien der Wirksamkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit entspreche, die für eine Vergütung im Rahmen des KVG erfüllt sein müsse, meint der Bundesrat.


Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Petition !

von Reinhard Rodiger am 20.07.2019 um 14:39 Uhr

Ergänzend zur Situation in der Schweiz gibt es eine :

Apotheken-Petition: über 340‘000 Unterschriften in 60 Tagen!
Die Bevölkerung wünscht sich eine wohnortnahe und persönliche medizinische Grundversorgung

Eine vom schweizerischen Apothekerverband durchgeführte Aktion, um gegen drastische Senkungsmassnahmen zu protestieren.

Ein Vorbild.Nähere Analyse wünschenswert!!

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