Bundesgerichthof

Auch kleine Apotheken-Werbegaben bei Rezepteinlösung bleiben verboten

Berlin - 06.06.2019, 09:50 Uhr

Der Bundesgerichtshof hat sich mit Apotheken-Werbegaben beschäftigt – und kam zu dem Ergebnis, dass Rx-Boni stets verboten sind. ( r / Foto: hfd)

Der Bundesgerichtshof hat sich mit Apotheken-Werbegaben beschäftigt – und kam zu dem Ergebnis, dass Rx-Boni stets verboten sind. ( r / Foto: hfd)


Der Bundesgerichtshof hat entschieden: Sowohl die Werbegabe eines Brötchen-Gutscheins als auch eines Ein-Euro-Gutscheins beim Erwerb eines verschreibungspflichtigen Medikaments ist wettbewerbswidrig. Beide Geschenke, so geringwertig sie auch sein mögen, verstoßen gegen die geltenden Preisbindungsvorschriften - und zwar auch nach dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung. Dieses führt nicht zu einer unzulässigen Inländerdiskriminierung, so die Bundesrichter.

Am heutigen Donnerstag hat der Bundesgerichtshof in Karlsruhe sein lang erwartetes Urteil zu Apotheken-Zugaben verkündet.

Verhandelt hatte der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs gleich zwei Fälle, in denen die Wettbewerbszentrale geklagt hat: Einmal gegen eine Darmstädter Apothekerin, die ihren Kunden anlässlich einer Rezepteinreichung Brötchen-Gutscheine gewährte, einmal gegen einen Berliner Apotheker, der Ein-Euro-Gutscheine ausgab.

In beiden Fällen machte die Klägerin einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch geltend. Während das Oberlandesgericht Frankfurt als Vorinstanz im „Ofenkrusti“-Fall der Wettbewerbszentrale Recht gab, entschied das Berliner Kammergericht zugunsten des Apothekers. Nun war es Aufgabe des Bundesgerichtshofs, eine einheitliche Linie zu finden. Und die liegt für die Karlsruher Richter beim generellen Zugaben-Verbot bei der Abgabe von Rx-Arzneimitteln. Wie sich schon in der mündlichen Verhandlung im März erahnen ließ, wiesen sie die Revision der Apothekerin im Brötchen-Fall zurück, während sie der Revision der Wettbewerbszentrale im Fall des Ein-Euro-Gutscheins stattgaben.

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Die schriftlichen Urteilsgründe liegen noch nicht vor. In der Pressemitteilung zeigen die Richter jedoch auf, warum sie in beiden Fällen einen wettbewerbswidrigen Verstoß gegen die geltenden Preisbindungsvorschriften sehen – und warum die europäische Rechtsprechung daran nichts ändert.

Bei einer Werbung für Arzneimittel dürfen nach § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG Zuwendungen und sonstige Werbegaben (Waren oder Leistungen) nur angeboten, angekündigt oder gewährt werden, wenn eine der in den Nummern 1 bis 5 dieser Vorschrift ausdrücklich geregelten Ausnahmen vorliegt.

§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 5 HWG

(1) Es ist unzulässig, Zuwendungen und sonstige Werbegaben (Waren oder Leistungen) anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren oder als Angehöriger der Fachkreise anzunehmen, es sei denn, dass

1. es sich bei den Zuwendungen oder Werbegaben um Gegenstände von geringem Wert, die durch eine dauerhafte und deutlich sichtbare Bezeichnung des Werbenden oder des beworbenen Produktes oder beider gekennzeichnet sind, oder um geringwertige Kleinigkeiten handelt; Zuwendungen oder Werbegaben sind für Arzneimittel unzulässig, soweit sie entgegen den Preisvorschriften gewährt werden, die auf Grund des Arzneimittelgesetzes gelten;

2. die Zuwendungen oder Werbegaben in

a) einem bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Geldbetrag oder

b) einer bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Menge gleicher Ware gewährt werden;

Zuwendungen oder Werbegaben nach Buchstabe a sind für Arzneimittel unzulässig, soweit sie entgegen den Preisvorschriften gewährt werden, die aufgrund des Arzneimittelgesetzes gelten; Buchstabe b gilt nicht für Arzneimittel, deren Abgabe den Apotheken vorbehalten ist;

3. die Zuwendungen oder Werbegaben nur in handelsüblichem Zubehör zur Ware oder in handelsüblichen Nebenleistungen bestehen; als handelsüblich gilt insbesondere eine im Hinblick auf den Wert der Ware oder Leistung angemessene teilweise oder vollständige Erstattung oder Übernahme von Fahrtkosten für Verkehrsmittel des öffentlichen Personennahverkehrs, die im Zusammenhang mit dem Besuch des Geschäftslokals oder des Orts der Erbringung der Leistung aufgewendet werden darf;

4. die Zuwendungen oder Werbegaben in der Erteilung von Auskünften oder Ratschlägen bestehen oder

5. es sich um unentgeltlich an Verbraucherinnen und Verbraucher abzugebende Zeitschriften handelt, die nach ihrer Aufmachung und Ausgestaltung der Kundenwerbung und den Interessen der verteilenden Person dienen, durch einen entsprechenden Aufdruck auf der Titelseite diesen Zweck erkennbar machen und in ihren Herstellungskosten geringwertig sind (Kundenzeitschriften).

Vorliegend lag jedoch ein Verstoß gegen § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG vor – und keine Ausnahme. Und das kann Unterlassungsansprüche begründen. Das Gericht führt in seiner Mitteilung aus, dass § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG der abstrakten Gefahr begegnen soll, dass Verbraucher bei der Entscheidung, ob und gegebenenfalls welche Heilmittel sie in Anspruch nehmen, durch die Aussicht auf Werbegaben unsachlich beeinflusst werden. Indem „entgegen den Preisvorschriften des Arzneimittelgesetzes“ gewährte Werbegaben generell verboten werden, solle zudem ein ruinöser Preiswettbewerb zwischen den Apotheken verhindert und eine flächendeckende und gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sichergestellt werden.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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11 Kommentare

Apotheke

von Birgit schwietert am 11.06.2019 um 20:37 Uhr

Ich arbeite in einer tollen Apotheke,Kinderarzt nebenan. Seit heute musste ich den Kindern diesen Mist! Erklären. Sie haben es natürlich sofort verstanden und akzeptiert. Es gibt kein Traubenzucker mehr,wenn Mama nichts mehr ohne Rezept kauft. Danke lieber BUNDESGERICHTSHOF, ihr habt doch toll Recht GESPROCHEN, WEITER SO!


ucker mehr

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Und wenn...

von Jana Nix am 06.06.2019 um 22:11 Uhr

dann die Taschentücher für 1 Cent verkauft werden? Huch, dann machen wir minus. Aber sei es drum... Machen wir ja sowieso andauernd.

Die ApothekenRundschau... Die ist okay. Kostet ja nichts. Ausser den Apotheker. Das ist dann Diskriminierung von Analphabeten...

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wieder ein Beweis

von Peter Krause am 06.06.2019 um 21:17 Uhr

Die medizinische Versorgung ist Herrn Spahn, der ABDA, den Krankenkassen unserem Rechtssystem und doch vor Allem unserem europäischen Ausland vollkommen egal. Sie folgen nur übereifrig den Vorgaben aus Brüssel. Sie stecken alle unter einer Decke. Wir haben keinen Apothekerverband der sich um uns schert. Wir sind denen allen vollkommen egal.
Wer wenn nicht die ABDA muss nun dazu aufrufen, dass alle deutschen Apotheken zum Notdienst streiken?

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Versender dürfen,

von Karl Friedrich Müller am 06.06.2019 um 15:48 Uhr

weil sie auf dem deutschen Markt keine große Rolle spielen....

Selten so einen Quatsch gehört und Verzerrung der Wirklichkeit.
Die Versender spielen eine große Rolle, bei OTC auf jeden Fall und möchten das auch bei Rx.
Bis Versender sich an deutsche Gesetze halten müssen, sollen sie also eine "große" Rolle spielen? Wie sieht das aus? Wenn die meisten Apotheken vor Ort ruiniert und geschlossen sind? Was ist das nun für ein Argument? Doch das genaue Gegenteil der Begründung des Verbots der Zugaben?
Die einzelne Apotheke spielt auch keine "große Rolle" im Gesamtmarkt Deutschlands. Ihr wird die Zugabe verboten.

Das Urteil, so sehr es für Klarheit innerhalb Deutschlands steht, ist reine Ideologie gegen vor Ort Apotheken. Ein weiterer Sargnagel. Man kann die ausländische Konkurrenz nicht einfach ausblenden. Ein deutsches Gericht darf auch nicht dafür sorgen, dass die ausländische Konkurrenz erhebliche Wettbewerbsvorteile auch noch zugeschoben bekommt. Ein Unding.
Ich frage mich, was alle, von Krankenkassen, Politik und Gerichten (nicht zu vergessen, die ABDA) dazu treibt, die inländischen Apotheken ausmerzen zu wollen.
Wie doof kann man sein?

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Was ist die Europäische Gesetzgebung eigentlich wert?

von Heiko Barz am 06.06.2019 um 12:25 Uhr

Es ist mir unerklärlich, mit welch einer Lobbyarbeit es die „Holländer“ mit Hilfe der „Zur Rose Saudis“ an Überzeugungsarbeit bei den Referenten der Sparte Europäischer Arzneimittelversorgung geschafft haben, dass dieses EUGH-Urteil von 2016 durch den Herrn Maciej Szpnar als Generalanwalt bindend für ganz Europa zustande kam. Unsere Deutsche Generalanwältin Frau Juliane Kokott hätte sich ja auch mal zu diesem Fakt äußern können. Hat sie nicht, war wohl auch politisch so bedacht und gewollt.
21 Eu-Länder haben sich sofort bei der Einführung dieser sehr freizügigen RX AM-Verbreitung verpflichtet gefühlt, ihre Bürger und Patienten vor dem zu schützen, was derzeit immer größere Kreise zieht, nämlich der ungeschützte Einfall gefälschter und gefährlich „verschnittener“ Arzneistoffe aus Vorder- und Hinterasiatischen Brauküchen. Schuld daran sind die Verantwortlichen der Rabattvertrags-Runden und dabei ging es ausschließlich um eine AM-Preisspirale nach unten! Der Erfolg dieser „Mediamarkt“-Politik wird von Tag zu Tag deutlicher!
Der Entschluß dieser Länder, sich des EU-Prinzips der Subsidiarität also der Selbstbestimmung des länderspezifischen AM-Vertriebs zu bedienen, zeigt ja die Weitsichtigkeit der dafür Verantwortlichen deutlich auf auch bei Betrachtung der derzeitig wachsenden Zahl „aufgedeckter“ AM-Skandale.
Diese Weitsichtigkeit und Verantwortung den eigenen Bürgern ( und Wählern ) vorzuenthalten ist nun der entwürdigende Gesetzesantrieb unseres GM mit der immer wieder lächerlichen Behauptung, dass das RxVV europäisch juristisch unhaltbar sei.
Schauen Sie sich um in Europa, Herr Spahn, so können Sie sich vielleicht mit „Siebtklässlern“ über Facebook artikulieren, aber den bundesweit verantwortlichen und für ihre Patienten stets erreichbaren Deutschen Apotheker bleiben Sie mit Ihrer unerklärbaren Haltung ein gewaltiges berufsvernichtendes Risiko.
Allein die Tatsache, dass verschreibungspflichtige Tierarzneimittel europaweit vom Versand ausgeschlossen wurden und dieses Recht für Human-Medizin nicht gilt, zeigt, wie wichtig dem medial allgegenwärtigen Herrn GM das Wohl der Deutschen Patienten am Herzen liegt.
Und dieser Phantast strebt das Kanzleramt an mit solch einer unfassbaren Grundeinstellung.

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erstaunlich, wie Realität ausgeblendet wird.

von Karl Friedrich Müller am 06.06.2019 um 11:51 Uhr

Gilt nicht für DocMorris. Ist ja keine Apotheke, sondern Versender. LOL
und:
" Indem „entgegen den Preisvorschriften des Arzneimittelgesetzes“ gewährte Werbegaben generell verboten werden, solle zudem ein ruinöser Preiswettbewerb zwischen den Apotheken verhindert und eine flächendeckende und gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sichergestellt werden."

DocMorris darf uns ruinieren. DocMorris verhindert die flächendeckende Versorgung.
Haben die Richter ein gelbes Armband mit 3 schwarzen punkten?
Oder will man inländische Apotheken ruinieren?
Oder gilt das endlich für ALLE? sonst RxVV?

Ich krieg ein Schleudertrauma vom Kopfschütteln.

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AW: erstaunlich, wie Realität ausgeblendet

von Karl Friedrich Müller am 06.06.2019 um 11:55 Uhr

Im Grund urteilen mit fadenscheinigen Gründen unsere Gerichte gegen uns - schon wieder.
Es ist einfach eine RIESENSCHWEINEREI

AW: erstaunlich, wie Realität ausgeblendet

von Anita Peter am 06.06.2019 um 12:10 Uhr

Das Urteil des Gerichts ist doch völlig richtig und in unserem Sinne. J€NS $PAHN hat endlich die gleichlangen Spiesse mit einem RXVV, oder der Beschränkung des Versands auf nationale Grenzen ,wiederherzustellen.
Jetzt kann er beweisen, dass er nicht käuflich ist, und nicht unter eine Decke mit Max Müller steckt.

Rx ab sofort ohne Zugaben

von Ulrich Ströh am 06.06.2019 um 11:21 Uhr

Preisbindung ist strikt einzuhalten...

Jetzt ist Klartext geschaffen worden.

Und Rx - Zugaben sind ab heute Vergangenheit in
Apotheken.

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RX-Versandverbot

von Dr. Radman am 06.06.2019 um 10:47 Uhr

Dieses Urteil bildet eine steile Vorlage zum Rückkehr zu RX-Versandverbot. Diese Chance ist einmalig.

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Zugaben

von Roland Mückschel am 06.06.2019 um 9:58 Uhr

Keine unzulässige Inländerdiskriminierung?
Also eine zulässige?
Auf die Begründung bin ich gespannt.
Mittlerweile ist ja alles denkbar.

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