Apotheker Jihed Slaimi berät zum ramadan

„Bei mehr als sechs Arzneimitteln empfehle ich, nicht zu fasten“

Bonn - 06.05.2019, 09:00 Uhr

 Jihed Slaimi fastet während des Ramadans. (c/ Foto: easy-apotheken)

Jihed Slaimi fastet während des Ramadans. (c/ Foto: easy-apotheken)


Am gestrigen Sonntag begann für gläubige Muslime der Ramadan. Menschen, die regelmäßig Arzneimittel einnehmen müssen, stellt das unter Umständen vor Probleme. Denn zwischen Sonnenauf- und Sonnenuntergang sind nicht nur Speisen und Getränke, sondern auch die meisten Arzneimittel tabu. Jihed Slaimi, Apotheker mit islamischen Wurzeln, der selbst während des Ramadans fastet, hat für seine Patienten spezielle Empfehlungen.

Jihed Slaimi ist ein in Deutschland geborener muslimischer Apotheker. Er leitet die Easy-Apotheke in Henstedt-Ulzburg, nördlich von Hamburg. Während des Ramadans fastet er selbst aktiv und berät seine Patienten auch zu diesem Thema. Diese Empfehlungen gibt er fastenden Patienten und Kunden seiner Apotheke beziehungsweise diese Dinge klärt er vorher ab:

  1. Fastendauer erkennen: Imsak (die Zeit ab der die Aufnahme von Speisen und trinken verboten ist) liegt zwischen 3:00 Uhr und 4:00 Uhr morgens. Sonnenuntergang ist ab 21:00 Uhr. Die Fastendauer  beträgt also 17 bis 18 Stunden.
  2. Ist der Patient berufstätig? Muss er früh aufstehen?  Kann er ein Frühstück beziehungsweise ein Mahl vor dem Fastenbeginn zu sich nehmen?
  3. Nimmt der Patient genügend Flüssigkeit auf nach dem Fastenbrechen? Nicht wenige Patienten klagen über Obstipationen während der Fastenzeit.
  4. Ist der Patient multimorbid? Nimmt er mehr als sechs Tabletten ein und sind Arzneimittel mit geringer therapeutischer Breite dabei? Besteht eine Niereninsuffizienz? Dann empfehle ich kein Fasten und verweise auf die Ausnahmeerlaubnis im Koran für Kranke.
  5. Asthmatiker: Dosieraerosole sind als Ausnahmen erlaubt,  Pulverinhalatoren und Vernebler gehören zu den Arzneiformen, die das Fasten brechen.
  6. Auch wenn Salben und Augentropfen bei manchen Strömungen nicht gern gesehen werden, so sind sie bei den meisten muslimischen Strömungen doch erlaubt.
  7. Besteht der Patient darauf zu fasten, dann folgt eine Dosierungs- beziehungsweise Einnahmeempfehlung gemäß Medikationsmanagement durch den Arzt/Apotheker.

Fallbeispiel

Herr Ali S. ist Hypertoniker und leicht insulinresistent. Er ist eingestellt auf:

HCT 12,5 mg: 1-0-0                                                                                  Candesartan 16mg: 0,5-0-0,5                                                                       
L-Thyroxin 75 µg:  1-0-0                                                                                  Metformin 1000: 1-0-1

Laborwerte sind nicht vorhanden. Der Patient kommt zur Apotheke und fragt, wie er seine Arzneimittel einnehmen kann, um seiner Fastenpflicht nachkommen zu können.

Meine Empfehlung für die Medikation dieses Patienten während der Fastenzeit:

  • L-Thyroxin abends bei Sonnenuntergang 15 Minuten vor dem Essen.
  • Metformin zum Essen. Nach dem Essen eine ganze Tablette Candesartan und HCT.
  • Blutzuckerspiegel sowohl vor dem Essen prüfen, als auch eine Stunde nach dem Essen. Im Abstand von mindestens vier Stunden zu einer weiteren Mahlzeit die zweite Tablette Metformin einnehmen.
  • Allgemeine Empfehlung zur Ernährung: Möglichst keine süßen Speisen, wenn doch, ist eine engmaschige Kontrolle des Blutzuckers erforderlich.
  • Mehrmalige Blutdruckkontrolle und Blutzuckerkontrolle während des Tages

Lars Peter Frohn, Apotheker, Autor DAZ.online
radaktion@daz.online


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3 Kommentare

Arzneimittel und Religion ?

von Heiko Barz am 07.05.2019 um 12:00 Uhr

Die durch den Ramadan mögliche Gesundheitsentgleisung (Veränderung der Medikamenten-Einnahmebedingungen etc ) und dadurch bedingte medizinische Notversorgung - da unnötige finanzielle Belastung der KKassen - dürfte in keinem Fall der Allgemeinheit der Pflichtversicherten auferlegt werden!
nach Friedrich dem Großen sollte ja jeder nach seiner Fasson selig werden, aber nur wenn er damit andere nicht in Bedrängnis bringt.
Wenn sich ein Muslim dem Ramadanzwang unterstellt, dann müßte er / sie einen Zusatzmodus als finanziellen Ausgleich bei der KKasse erwirken, den die Kassen dann auch akzeptieren.

» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten

AW: Arzneimittel und Religion

von Dr. Arnulf Diesel am 07.05.2019 um 15:46 Uhr

Sie haben recht - wer seine Gesundheit vorsätzlich schädigt, sollte auch dafür zahlen. Leider ist das im GKV System nicht vorgesehen, da zahlt die Allgemeinheit. Für die fastenden Muslime, für die barebackenden Homo und Heterosexuallesexuellen, die Raucher, Säufer, Fresser, multimorbide Großfamilien mit nur einem oder keinem Beitragszahler und nicht zu vegessen Impfgegner und Homöpathieanhänger. Daher bin ich ein starker Befürworter der privaten Versicherung. Die Prämie richtet sich nach dem Risiko, nicht nach dem Einkommen.

AW: Arzneimittel und Religion

von Dr. Arnulf Diesel am 07.05.2019 um 15:58 Uhr

Nicht zu vergessen die Extremsportler. Reiten, Ski....

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