Belgien

Arzneimittelbehörde warnt vor Medikationsfehlern durch E-Rezepte

Remagen - 30.04.2019, 09:00 Uhr

Die belgische Arzneimittelbehörde warnt vor Medikationsfehlern, die entstehen könnten, wenn die E-Rezepte vor der Abgabe nicht gut geprüft werden. (b/Foto: Imago)

Die belgische Arzneimittelbehörde warnt vor Medikationsfehlern, die entstehen könnten, wenn die E-Rezepte vor der Abgabe nicht gut geprüft werden. (b/Foto: Imago)


Die Verwendung von elektronischen Rezepten kann neue Arten von Medikationsfehlern generieren. Die belgische Arzneimittelbehörde AFMPS berichtet von einem aufmerksamen Apotheker, der eine versehentliche falsche Verschreibung bemerkt hat. Nun rät die Behörde den Ärzten dazu, bei der Auswahl eines Arzneimittels aus einem Computer-Menü genau aufzupassen.

Gemeinhin würde man von der Verwendung elektronischer Rezepte erwarten, dass diese die Fehlerrate bei den Verordnungen und deren Belieferung reduzieren, wie etwa bei der Dosis, der Dosierung, der Häufigkeit der Verabreichung, der Anwendung oder auch im Zusammenhang mit Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten. Außerdem sollen sie Abhilfe bei der schlechten Leserlichkeit mancher handschriftlicher Rezepte schaffen. Allerdings kann der Einsatz elektronischer Verschreibungen offenbar zu anderen Fehlern führen. So kann es zum Beispiel passieren, dass die Ärzte aus Versehen ein falsches Arzneimittel aus dem Menü des Verordnungsprogramms auswählen. Einen solchen Fall schildert die belgische Arzneimittelbehörde AFMPS. Ihr sei bereits bekannt, dass die voreingestellten Dosierungen in den Computerprogrammen der Ärzte manchmal zu Verwirrung führen könnten, teilt die AFMPS mit.

Schnell mal die falsche Dosis erwischt

Ein Apotheker hatte auf einen Fehler im Zusammenhang mit der elektronischen Verschreibung von Clexane aufmerksam gemacht: Auf dem Rezept stand Clexane 12.000 I E Anti-Xa (120 mg) / 0,8 ml. Die Indikation war nicht bekannt. Der Apotheker hatte Zweifel wegen der Dosis und kontaktierte den verschreibenden Arzt. Dabei stellte sich heraus, dass dieser tatsächlich aus Versehen in dem Dropdown-Menü eine falsche Stärke der 0,8 ml Spritze mit dem niedermolekularen Heparin angeklickt hatte, die höher konzentriert war. Zum Hintergrund für das Versehen erklärt die AFMPS, dass der Zusammenhang Einheiten-mg-ml zwar für „kleine“ Dosen  (z.B. 2.000 IE - 20 mg-0,2ml oder 4000 IE-40 mg-0,4ml) gelte, aber nicht für die beiden am stärksten konzentrierten Dosierungen. So seien in Belgien Fertigspritzen mit 0,8 ml auf dem Markt, die entweder 8.000 oder 12.000 I E enthalten und 1 ml- Fertigspritzen mit 10.000 oder 15.000 I E. Hier hatte der Verordner nicht genügend aufgepasst. Eigentlich wollte er die schwächere verschreiben.

Auf Ende auf jeden Fall noch mal überprüfen

Um diese Art von Fehlern zu reduzieren, appelliert die AFMPS an die Verordner, bei der Auswahl der Angaben in den Dropdown-Menüs der Systeme besonders aufmerksam zu sein. Dies gelte besonders bei der halbautomatischen Vervollständigung von Angaben, einer Funktion, bei der kürzlich genutzte Informationen zurückverfolgt werden, mit dem Angebot, diese automatisch wieder zu nutzen. Die Ärzte sollten die verschriebene Dosierung auf jeden Fall noch einmal verifizieren, so der dringende Ratschlag. Apotheker sollen sich bei Zweifeln hinsichtlich der Art der verordneten Medikamente oder der empfohlenen Dosierung an den Verordner wenden, um die Sachlage zu klären.

Wie fehleranfällig sind die Verordnungssysteme?

In eine ähnliche Richtung gehen die Erfahrungen mit der elektronischen Verschreibung im Rahmen einer Untersuchung in einem großen englischen NHS-Lehrkrankenhaus. Stationsapotheker waren zu ihren Erfahrungen mit E-Rezepten und der computergestützten Arzneimittelanwendung befragt worden. Aus deren Antworten hatten die Autoren der Studie entnommen, dass die Apotheker unter dem System eine veränderte Rolle einnehmen. Sie erfüllten zwar weiterhin ihre Kernaufgaben im Hinblick auf die Medikationssicherheit, würden aber offenbar mehr und mehr zum Ansprechpartner und „Troubleshooter“ für technische Rückfragen zu dem System, mit dem die anderen an der Patientenversorgung Beteiligten nicht klarkämen. An der Fehleranfälligkeit der Systeme muss offensichtlich vielerorts noch gearbeitet werden. 


Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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