Analyse und Kommentar 

Apotheken-Stärkung mit Hindernissen

Berlin - 26.04.2019, 07:00 Uhr

Was bedeutet das Apotheken-Stärkungsgesetz wirklich für die Apotheken? ( r / Foto: gpointstudio / stock.adobe.com)

Was bedeutet das Apotheken-Stärkungsgesetz wirklich für die Apotheken? ( r / Foto: gpointstudio / stock.adobe.com)


Der Entwurf für das Apotheken-Stärkungsgesetz spaltet: Auf der einen Seite enthält er höchst problematische und in ihren Folgen schwer abschätzbare Maßnahmen – auf der anderen sieht er für Apotheken begrüßenswerte Weichenstellungen vor. DAZ-Redakteur Thomas Müller-Bohn hat den Gesetzentwurf analysiert – welche Schlüsse er daraus zieht, lesen Sie in der aktuellen DAZ.

Der Referentenentwurf für ein „Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken“ setzt an unterschiedlichen Stellen an. Sein erklärtes Ziel ist, die flächendeckende Arzneimittelversorgung durch ortsnahe Apotheken zu stärken – nicht zuletzt vor dem Hintergrund des am 19. Oktober 2016 ergangenen Urteils des Europäischen Gerichtshofs zur Rx-Preisbindung. Da Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) das Rx-Versandverbot als Antwort auf die Luxemburger Entscheidung bekanntlich ablehnt, ist er bemüht um eine gleichwertige Alternative. Sein Lösungsweg stieß allerdings bereits bei verschiedenen Apothekerverbänden und -kammern sowie Rechtsexperten auf Ablehnung.

Mehr zum Thema

Boni-Verbot, Impfen, Honorar, Dauerverordnungen

Das ist Spahns Apothekenreform im Überblick

DAZ-Gastkommentar zum Apothekenstärkungsgesetz

Mand: „Das Gesetz erfüllt nicht einmal den eigenen Anspruch“

Auch DAZ-Redakteur Thomas Müller-Bohn hält es für kritisch, dass zur Sicherung der Gleichpreisigkeit die Apotheken nun über den Rahmenvertrag zur Einhaltung der Arzneimittelpreisverordnung verpflichtet werden sollen. Das Problem: Dies betrifft nur die GKV. Für die PKV kann zwar angenommen werden, dass die Versicherung nur die tatsächlich gezahlten Arzneimittelpreise erstattet und die Versicherten daher keine Anreize für Boni haben – ein rechtliches Hindernis für Boni ausländischer Versender wäre das aber nicht. Für „echte“ Selbstzahler gäbe es gar keine Einschränkungen; bei nicht erstattungsfähigen Rx-Arzneimitteln würde die Gleichpreisigkeit also aufgegeben. Und das widerspricht den erklärten Zielen der ABDA, betont Müller-Bohn.

Das gleiche gilt für die geplante Streichung von § 78 Absatz 1 Satz 4 Arzneimittelgesetz (AMG), der das deutsche Arzneimittelpreisrecht auf ausländische Versender überträgt. Erst diese Streichung sorge dafür, dass die Aufweichung der Gleichpreisigkeit zu einem so massiven Problem wird. Denn mit der Streichung würde die Inländerdiskriminierung im deutschen Recht anerkannt. Wenn der besagte Satz nicht gestrichen würde, so Müller-Bohn, bestünde im deutschen Recht weiterhin eine konsequente Preisbindung und es bliebe die Aussicht auf eine spätere europarechtliche Klärung.

Positive Weichenstellungen

Müller-Bohn sieht allerdings auch die positiven Aspekte des Gesetzentwurfs. Etwa die Weichenstellungen für das E-Rezept und das Verbot der Zuweisung dieser elektronischen Verordnungen durch Ärzte oder Krankenkassen. Auch die geplanten Wiederholungsrezepte können aus seiner Sicht alle Beteiligten entlasten und die Versorgung vereinfachen.

Die honorierten pharmazeutischen Dienstleistungen, auf die die Versicherten sogar einen Anspruch haben sollen, sind für Müller-Bohn eine besondere Herausforderung für den Deutschen Apothekerverband und den GKV-Spitzenverband. Schließlich sind sie es, die die Leistungen vereinbaren sollen, Erfahrungswerte haben sie hierfür noch nicht.

Lesen Sie die gesamte kommentierende Analyse „Stärkung mit Hindernissen“ von Thomas Müller Bohn in der aktuellen DAZ Nr. 17, 2019 ab Seite 16.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Wie die Politik mit einer Apothekenreform auf das EuGH-Urteil reagiert – nach drei Jahren

Der mühsame Weg zu einem neuen Gesetz

DAZ-Gastkommentar zum Apothekenstärkungsgesetz

Mand: „Das Gesetz erfüllt nicht einmal den eigenen Anspruch“

Das Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz ist 2020 auf seine Zielgerade eingebogen

Gesetz beschlossen – Ergebnis offen

Apotheker fordern beim BAT Wiederherstellung der Gleichpreisigkeit bei Rx-Arzneimitteln

Huml: RxVV ist der Königsweg

Rechtsgutachten zur geplanten Apotheken-Reform

Mand/Meyer: Spahns Pläne perpetuieren die Ungleichbehandlung

7 Kommentare

schön geredet. Realität ausgeblendet.

von Karl Friedrich Müller am 26.04.2019 um 9:05 Uhr

Das E-Rezept hat eine massive Stärkung der Versender (beabsichtigt) zur Folge. Zeigt schon die Reaktion von Zur Rose. Mit der Streichung der Preisbindung für Ausländer wird ein Druck seitens der KK in Richtung Versender entstehen. Bequemer geht es für die Versender nicht, um Chroniker zu versorgen.
Wir behalten die akuten Fälle und dürfen dann, fast umsonst, nein, nicht umsonst, sondern defizitär, komplett beraten, weil dass alles digital gespeichert ist.
Für uns die Arbeit, der Umsatz für die Versender.
So funktioniert es nicht. Dann gibt es mehr als 7000 Apotheken Tode.
Das ist Zerstörung der sehr gut funktionierenden Struktur und ein Verbrechen am Kranken und Verbraucher.
Im schlimmsten Fall werden pharmazeutische Dienstleistungen gar nicht mehr in Anspruch genommen, weil der Kunde nicht mehr in die Apotheke kommt. Dann gibt es auch da für uns kein "Honorar" zu holen
Das Gesetz ist eine Perversion und bietet, wenn tatsächlich auch viele Arztpraxen verschwinden, der Bevölkerung keine Anlaufstelle mehr für Beratung, die bisher weitgehend kostenlos ist.
Das Gesetz in einzelnen Teilen schön zu reden, ist fahrlässig.

» Auf diesen Kommentar antworten | 3 Antworten

AW: schön geredet. Realität ausgeblendet

von Hermann Eiken am 26.04.2019 um 10:14 Uhr

Alles richtig!-- Aber es kommt auf die Ausgestaltung des E-Rezepts an. Denn grundsätzlich wird es bald kommen. Ohne Wenn und Aber muss der Patient die Hoheit über die Verordnung behalten. Ein Rezept in die Cloud zu stellen, ist daher zu wenig. das Rezept muss beim Patienten auf der Versicherungskarte gespeichert werden, von der er sie freigibt. Der Patient wird doch weiterhin die Karte beim Arzt benutzen müssen,-- alles andere würde dem Betrug Tür und Tor öffnen,-- aber dann kann auch die Verordnung dort gesichert neben der Patientenakte gespeichert werden. wir sehen doch zur Genüge, welche Datenlecks bei in Clouds gespeicherten Daten passieren. Dann sind nicht nur die Daten einer Person gefährdet sondern möglicherweise z.B.einer ganzen Krankenkasse.
Weiterhin ist eine konsequente Gleichpreisigkeit !! auch ohne Wenn und Aber zu fordern. Somit auf keinen Fall keine Streichung der entsprechenden Sätze im AMG § 78( Anerkennung der EU-Position nach EuGH Urteil) und AMG §73( Länderliste).
Der § 73 ist meiner Meinung sogar unbedingt zu verschärfen.
DoMo ist nicht nur meiner Meinung nach z.B. weder im Sinne Deutschlands noch Hollands eine APOTHEKE, sondern ein zweifelhaftes Konstrukt zum Versenden von Arzneimitteln an deutsche Patienten und Kunden. - Wer revisioniert überhaupt dieses Versandsystem?
Seit es den zugelassenen Versand gibt, ist das Arzneimittel, besonders im verschreibungsfreien Bereich zum Allerweltsartikel trivialisiert worden. Der EuGH beruft sich ja gerade in seinem Urteil auf die "Warenverkehrsfreiheit" und sieht das AM nicht anders wie andere Waren an. Das ist unser Grundproblem. --Für Tierarzneimittel ist der Versand europaweit verboten! --Sind Humanarzneimittel weniger schützenswert??

AW: schön geredet. Realität ausgeblendet

von Hermann Eiken am 26.04.2019 um 10:14 Uhr

Alles richtig!-- Aber es kommt auf die Ausgestaltung des E-Rezepts an. Denn grundsätzlich wird es bald kommen. Ohne Wenn und Aber muss der Patient die Hoheit über die Verordnung behalten. Ein Rezept in die Cloud zu stellen, ist daher zu wenig. das Rezept muss beim Patienten auf der Versicherungskarte gespeichert werden, von der er sie freigibt. Der Patient wird doch weiterhin die Karte beim Arzt benutzen müssen,-- alles andere würde dem Betrug Tür und Tor öffnen,-- aber dann kann auch die Verordnung dort gesichert neben der Patientenakte gespeichert werden. wir sehen doch zur Genüge, welche Datenlecks bei in Clouds gespeicherten Daten passieren. Dann sind nicht nur die Daten einer Person gefährdet sondern möglicherweise z.B.einer ganzen Krankenkasse.
Weiterhin ist eine konsequente Gleichpreisigkeit !! auch ohne Wenn und Aber zu fordern. Somit auf keinen Fall keine Streichung der entsprechenden Sätze im AMG § 78( Anerkennung der EU-Position nach EuGH Urteil) und AMG §73( Länderliste).
Der § 73 ist meiner Meinung sogar unbedingt zu verschärfen.
DoMo ist nicht nur meiner Meinung nach z.B. weder im Sinne Deutschlands noch Hollands eine APOTHEKE, sondern ein zweifelhaftes Konstrukt zum Versenden von Arzneimitteln an deutsche Patienten und Kunden. - Wer revisioniert überhaupt dieses Versandsystem?
Seit es den zugelassenen Versand gibt, ist das Arzneimittel, besonders im verschreibungsfreien Bereich zum Allerweltsartikel trivialisiert worden. Der EuGH beruft sich ja gerade in seinem Urteil auf die "Warenverkehrsfreiheit" und sieht das AM nicht anders wie andere Waren an. Das ist unser Grundproblem. --Für Tierarzneimittel ist der Versand europaweit verboten! --Sind Humanarzneimittel weniger schützenswert??

AW: schön geredet. Realität ausgeblendet

von Heiko Barz am 26.04.2019 um 11:35 Uhr

Es gibt beim Allem nur eine Konsequenz,
das RxVV!
In allen Diskussionen verschwindet der relevanteste Teil- wahrscheinlich beabsichtigt- nämlich das Recht des versicherten Patienten auf all die Leistungen, die letztlich nur wir „Vor Ort“ erbringen können.
Das RxVV ist juristisch vor jeder EURO Manipulation geschützt. Die von Spahn vorgeschlagenen Pseudoverbesserungen sind rechtmäßig nicht das Papier wert....seit 2016 eiern wir - zum wirtschaftlichen Vorteil der Arzneimafia aus Holland - auch zum großen Nachteil der verunsicherten Patienten, um diesen austrocknenden Brei herum, weil die handelnden Protagonisten nur die Fleischstückchen in ihrem eigenen Süppchen zählen wollen.
Die Schwierigkeit um und mit dem E-Rezept ist die sichere Zuordnung eines Medikamentes für einen in Selbstbestimmung lebenden Patienten. Nicht umsonst lehnt das BMG eine „Abschaffung“ des Papierrezeptes kategorisch ab. Wenn aber Arzt oder schlimmer noch KKassen bestimmen, wo ein Rezept „hingeht“, dann verschwinden mehr als die vorhergesagten 7000 Apos.
Der schon als Karikatur belächelte Umstand der Versendbarkeit von Tier-und Humanarznei bei Rx setzt dieser ganzen Farce dann noch die Krone auf.

E-Rezept und Apothekenstärkung

von Ede Wolf am 26.04.2019 um 8:29 Uhr

"Apothekenstärkung" und E-Rezept ? Schwärzer kann ein Schimmel nicht sein!! Der Kommentar von Herrn Oberhänsli zum E-Rezept hätte auch vom Problemwolf aus der Lüneburger Heide stammen können, als die Sicherungszäune für Haustiere verboten wurden!

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: E-Rezept und Apothekenstärkung

von Heiko Barz am 26.04.2019 um 11:04 Uhr

Danke, eine bestechende Analogie!
Vielleicht bedarf es solcher Bilder, um die Gefahr des „Apotheken-Stärkungsgesetzes“ einfachst zu beschreiben.
F.Schmidt und J.Spahn als Apofänger von Ha.....

Thomas- Müller Bohn

von Conny am 26.04.2019 um 7:58 Uhr

Urteil vom 19. Oktober 2019 ? = Null Retax ! Liest keiner dagegen ?

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.