Buchtipp
Sabine Wesser/Valentin Saalfrank: Arzneimittel Automat Hüffenhardt
Die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Karlsruhe war am heutigen Donnerstag zu Besuch in Hüffenhardt. Die Richter nahmen dort den Arzneimittelabgabeautomaten mit Videoberatung in Augenschein, mit dem DocMorris neue Wege in der Arzneimittelversorgung beschreiten wollte. Die Behörde machte dem niederländischen Versender allerdings einen Strich durch die Rechnung. Zwei Jahre später wird das Gericht entscheiden, ob die Schließungsverfügung zu Recht erging. Am morgigen Freitag soll das Urteil bekannt gegeben werden.
Im April 2017 hatte der niederländische
Arzneimittelversender DocMorris im baden-württembergischen Hüffenhardt (Neckar-Odenwald-Kreis)
seine mit einem Arzneimittelautomaten gekoppelte Videoberatung in den früheren
Räumen einer Apotheke eröffnet. Das Projekt, bei dem Arzneimittel abgegeben
werden sollten, ohne dass ein Pharmazeut körperlich anwesend ist, war von
kurzer Dauer. Eine Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe ließ
nicht lange auf sich warten: Schon zwei Tage nach der Eröffnung musste
DocMorris die Türen in Hüffenhardt wieder schließen. Dann durfte das
Unternehmen kurzzeitig wieder öffnen – unter der Bedingung, dass nur OTC-Arzneimittel abgegeben
werden. Doch dann fielen die ersten zivilrechtlichen Entscheidungen am
Landgericht Mosbach, die wieder für eine komplette Schließung sorgten. Hier hatte man keinen Zweifel, dass der Hüffenhardter Automat nicht mehr von der Versandhandelserlaubnis der Niederländer gedeckt ist.
Während es also bereits diverse zivilrechtliche Entscheidungen
des Landgerichts Mosbach zum Fall Hüffenhardt gibt – am kommenden Mittwoch
steht die Berufungsverhandlung vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe an – hat das
Verwaltungsgericht heute zum ersten Mal verhandelt. Anders als in den
bisherigen Verfahren, in denen es um die Durchsetzung wettbewerbsrechtlicher
Ansprüche deutscher Apotheker gegen die niederländische Konkurrenz ging, ist nun DocMorris selbst
Klägerin. Das Unternehmen meint, das Regierungspräsidium hätte die
Schließungsverfügung nicht erlassen dürfen. Es vertritt die Auffassung, seine
Versandhandelserlaubnis decke auch diese Spielart des Arzneimittelvertriebs ab.
Die Verwaltungsrichter wollten sich von den Umständen in Hüffenhardt selbst ein Bild machen und verlegten die Verhandlung daher kurzerhand in den Feuerwehrgeräteschuppen der Gemeinde. Die DocMorris-Räumlichkeiten nahmen sie zudem in Augenschein.
Ebenfalls vor Ort waren zwei protestierende Apothekerinnen. Wie das Online-Portal stimme.de berichtet, kamen Anette Pust, die eine Apotheken-Filiale im Kraichgau leitet, und Regine Schick-Kern von der Burg-Apotheke in Möckmühl, um ihre Ablehnung gegen den Abgabeautomaten zum Ausdruck zu bringen. „Für die Apotheke und Menschlichkeit – gegen DocMorris und Profitgier“ stand auf einem Plakat, das die Pharmazeutinnen mitgebracht hatten. „Der Automat schwächt mittelfristig den ländlichen Raum und zerstört Arbeitsplätze. Vor allem für Frauen in Teilzeit.“
„DocMorris geht es darum, den deutschen Apothekenmarkt aufzuräumen“, zitiert stimme.de Regine Schick-Kern. Außerdem könnten solche Automaten gar nicht das leisten, was die Apotheken anbieten: „Wie sollen die einen Notdienst machen?“, fragt Anette Pust. Das Unternehmen picke nur die Rosinen, die Apotheker hätten die Arbeit: Es gebe zu wenig Geld für Rezepturen, zu wenig Geld für Notdienste. Pust: „Es gibt viele Sachen, die wir tun, die nicht honoriert werden.“
Torben Bonnke, Pressesprecher von DocMorris, erklärte dagegen im Gespräch mit der Heilbronner Stimme: „Wir wollen nur Orte versorgen, in denen es keine Apotheke mehr gibt.“ Derzeit wird Hüffenhardt über eine Rezeptsammelstelle versorgt. „Wir halten einen Briefkasten nicht für zukunftsfähig“, meint Bonnke.
Nun muss sich zeigen, wie die Verwaltungsrichter die Sache sehen. Dem Verwaltungsgericht zufolge ist die Entscheidung bereits gefallen – am morgigen Freitag soll sie bekanntgegeben werden.
Sabine Wesser/Valentin Saalfrank: Arzneimittel Automat Hüffenhardt
Ist die Abgabe apothekenpflichtiger Arzneimittel über ein „stationäres Terminal“ mit Video-Beratung zulässig?
Reihe Arzneimittel & Recht, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart.
ISBN 978-3-8047-3762-4. 78 Seiten. Preis: 19,80 Euro. Erhältlich auch als E-Book.
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