Verwaltungsgericht Karlsruhe

Richter beim Ortstermin in Hüffenhardt

Berlin - 04.04.2019, 17:00 Uhr

Die DocMorris-Videoberatung samt Arzneimittelabgabeautomat in Hüffenhardt wurde heute von Richtern des Verwaltungsgerichts Karlsruhe in Augenschein genommen. (c / Foto: diz)

Die DocMorris-Videoberatung samt Arzneimittelabgabeautomat in Hüffenhardt wurde heute von Richtern des Verwaltungsgerichts Karlsruhe in Augenschein genommen. (c / Foto: diz)


Die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Karlsruhe war am heutigen Donnerstag zu Besuch in Hüffenhardt. Die Richter nahmen dort den Arzneimittelabgabeautomaten mit Videoberatung in Augenschein, mit dem DocMorris neue Wege in der Arzneimittelversorgung beschreiten wollte. Die Behörde machte dem niederländischen Versender allerdings einen Strich durch die Rechnung. Zwei Jahre später wird das Gericht entscheiden, ob die Schließungsverfügung zu Recht erging. Am morgigen Freitag soll das Urteil bekannt gegeben werden.

Im April 2017 hatte der niederländische Arzneimittelversender DocMorris im baden-württembergischen Hüffenhardt (Neckar-Odenwald-Kreis) seine mit einem Arzneimittelautomaten gekoppelte Videoberatung in den früheren Räumen einer Apotheke eröffnet. Das Projekt, bei dem Arzneimittel abgegeben werden sollten, ohne dass ein Pharmazeut körperlich anwesend ist, war von kurzer Dauer. Eine Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe ließ nicht lange auf sich warten: Schon zwei Tage nach der Eröffnung musste DocMorris die Türen in Hüffenhardt wieder schließen. Dann durfte das Unternehmen kurzzeitig wieder öffnen – unter der Bedingung, dass nur OTC-Arzneimittel abgegeben werden. Doch dann fielen die ersten zivilrechtlichen Entscheidungen am Landgericht Mosbach, die wieder für eine komplette Schließung sorgten. Hier hatte man keinen Zweifel, dass der Hüffenhardter Automat nicht mehr von der Versandhandelserlaubnis der Niederländer gedeckt ist.

Während es also bereits diverse zivilrechtliche Entscheidungen des Landgerichts Mosbach zum Fall Hüffenhardt gibt – am kommenden Mittwoch steht die Berufungsverhandlung vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe an – hat das Verwaltungsgericht heute zum ersten Mal verhandelt. Anders als in den bisherigen Verfahren, in denen es um die Durchsetzung wettbewerbsrechtlicher Ansprüche deutscher Apotheker gegen die niederländische Konkurrenz ging, ist nun DocMorris selbst Klägerin. Das Unternehmen meint, das Regierungspräsidium hätte die Schließungsverfügung nicht erlassen dürfen. Es vertritt die Auffassung, seine Versandhandelserlaubnis decke auch diese Spielart des Arzneimittelvertriebs ab.

Apothekerinnen protestieren mit Plakaten

Die Verwaltungsrichter wollten sich von den Umständen in Hüffenhardt selbst ein Bild machen und verlegten die Verhandlung daher kurzerhand in den Feuerwehrgeräteschuppen der Gemeinde. Die DocMorris-Räumlichkeiten nahmen sie zudem in Augenschein.

Ebenfalls vor Ort waren zwei protestierende Apothekerinnen. Wie das Online-Portal stimme.de berichtet, kamen Anette Pust, die eine Apotheken-Filiale im Kraichgau leitet, und Regine Schick-Kern von der Burg-Apotheke in Möckmühl, um ihre Ablehnung gegen den Abgabeautomaten zum Ausdruck zu bringen. „Für die Apotheke und Menschlichkeit – gegen DocMorris und Profitgier“ stand auf einem Plakat, das die Pharmazeutinnen mitgebracht hatten. „Der Automat schwächt mittelfristig den ländlichen Raum und zerstört Arbeitsplätze. Vor allem für Frauen in Teilzeit.“ 

               
Mit Plakaten gegen Doc Morris - Das Verwaltungsgericht Karlsruhe befasst sich mit dem umstrittenen Abgabe-Automaten des niederländischen Versandhändlers. Zwei Apothekerinnen protestieren dagegen. https://www.stimme.de

„DocMorris geht es darum, den deutschen Apothekenmarkt aufzuräumen“, zitiert stimme.de Regine Schick-Kern. Außerdem könnten solche Automaten gar nicht das leisten, was die Apotheken anbieten: „Wie sollen die einen Notdienst machen?“, fragt Anette Pust. Das Unternehmen picke nur die Rosinen, die Apotheker hätten die Arbeit: Es gebe zu wenig Geld für Rezepturen, zu wenig Geld für Notdienste. Pust: „Es gibt viele Sachen, die wir tun, die nicht honoriert werden.“

Torben Bonnke, Pressesprecher von DocMorris, erklärte dagegen im Gespräch mit der Heilbronner Stimme: „Wir wollen nur Orte versorgen, in denen es keine Apotheke mehr gibt.“ Derzeit wird Hüffenhardt über eine Rezeptsammelstelle versorgt. „Wir halten einen Briefkasten nicht für zukunftsfähig“, meint Bonnke.

Nun muss sich zeigen, wie die Verwaltungsrichter die Sache sehen. Dem Verwaltungsgericht zufolge ist die Entscheidung bereits gefallen – am morgigen Freitag soll sie bekanntgegeben werden.

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Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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