Pflanzenporträt

Salbei – kraftvoll, nicht nur gegen Schwitzen

10.01.2022, 07:59 Uhr

Der Salbei wird in der Heilkunde bei mehreren Indikationen eingesetzt, insbesondere als Teedroge. (Foto: la_vanda / AdobeStock)
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Der Salbei wird in der Heilkunde bei mehreren Indikationen eingesetzt, insbesondere als Teedroge. (Foto: la_vanda / AdobeStock)


Früher galt Salbei als Allheilmittel, und auch heute ist Salvia officinalis eine wertvolle Arzneipflanze, die unter anderem – jedoch nicht nur – bei vermehrter Schweißsekretion Anwendung findet. Die Heilkraft des Salbeis deutet bereits sein Name an: Salvia von lateinisch „salvus“, was „gesund“ und „wohl“ bedeutet.

Der Echte Salbei oder Gartensalbei (Salvia officinalis) ist ein typisch mediterranes Gewächs. Doch als Kulturpflanze gedeiht er auch in unseren Regionen. An einem sonnigen, warmen Standort mit möglichst durchlässigem Boden kann er richtig üppig werden. Der sich stark verzweigende Halbstrauch erreicht dann eine Wuchshöhe von bis zu 80 Zentimetern.

Starke Duftquelle

Der Salbei gehört zu den Lippenblütlern (Lamiaceae). Im Sommer bildet er hübsche ährenartige Blütenstände aus, die sich aus vielen quirlig angeordneten rosa bis violetten Lippenblüten zusammensetzen. Bei Bienen und Hummeln sind sie als Nektarquelle sehr begehrt. Den pharmazeutischen Nutzen bieten allerdings nicht die Blüten, sondern die graugrün filzigen, weich-zähen Blätter des Salbeis. Sie sind gestielt, länglich-oval, spitz zulaufend und werden bis zu zehn Zentimeter lang. Aufgrund ihrer tief eingesenkten, netzartigen Nervatur haben sie ein etwas runzeliges Erscheinungsbild. Bereits beim Abpflücken vom Strauch entströmt ihnen ein intensiver, würzig-aromatischer Duft.

Ätherisches Öl und mehr

Hauptverantwortlich für den charakteristischen Geruch der Salbeiblätter ist ihr hoher Gehalt an ätherischem Öl (bis zu 2,5 Prozent). Dieses besteht vor allem aus α-Thujon und β-Thujon sowie Campher und Cineol. Die Ätherisch-Öl-Komponenten prägen auch den kräftig-aromatischen Geschmack des Salbeis. Die Blätter werden deshalb als Küchenkraut geschätzt, vor allem zu Fleisch und Fisch. Ursächlich für die ebenfalls typische Bitternote sowie die adstringierenden Eigenschaften des Salbeis sind seine Diterpen-Bitterstoffe wie Carnosol und Rosmanol sowie Gerbstoffe wie die Rosmarinsäure. Darüber hinaus enthält Salvia officinalis unter anderem verschiedene Flavonoide und das Triterpen Ursolsäure.

Symbol ewiger Jugend

Das Inhaltsstoffgemisch ist nicht nur aromagebend, sondern macht auch den heilkräftigen Wert der Blätter aus. Seit Jahrhunderten wird der Salbei als Arzneipflanze hoch geschätzt. Im frühen Mittelalter kam der Lippenblütler aus dem Mittelmeerraum zu uns und fand seinen Platz in den Kloster- und Kräutergärten. Einen besonderen Stellenwert genoss er schon wegen seiner botanischen Eigenschaften. So zeigt der Salbei eine starke Erneuerungskraft, da ihm von unten immer neue Triebe nachwachsen. Außerdem trägt er meist auch im Winter noch grüne Blätter. Mit diesen Eigenschaften verkörperte die Pflanze ewige Jugend. Eine entsprechende Wirkung versprach man sich vom Salbei auch auf den Menschen.

Einst ein Allheilmittel

Der tägliche Verzehr einiger Salbeiblätter galt früher als Schutz vor jeglichem Gift und schlechter Luft. Der Salbei wurde außerdem als universelles Wundheilmittel verwendet und diente zum Harntreiben, als Hustenmittel sowie gegen Durchfall. Er war also ein regelrechtes Allheilmittel, das in der Bevölkerung sehr populär war. Ausdruck dessen ist zum Beispiel der überlieferte Spruch: „Hast du Salbei im Garten, müssen die Ärzte warten.“ Die heutigen Einsatzgebiete des Salbeis orientieren sich an seinen Inhaltsstoffen und nachgewiesenen Wirkungen.

Krampflösend, schweißhemmend, antientzündlich

Salbeiblätter (Salviae folium) regen die Sekretion von Verdauungssäften an und entfalten krampflösende Effekte, wirken antibakteriell und antiviral und haben eine entzündungshemmende, adstringierende sowie schweißhemmende Wirkung. Die Blattdroge wird sowohl innerlich wie äußerlich eingesetzt. Die Einnahme ist einerseits indiziert bei leichten Verdauungsbeschwerden mit Blähungen und leichten Krämpfen im Magen-Darm-Bereich, andererseits bei vermehrtem Schwitzen. Äußerliche Anwendungsgebiete sind Entzündungen im Mund-/Rachenraum sowie leichte Hautentzündungen. Nach der Bewertung des Ausschusses für pflanzliche Arzneimittel (HMPC) bei der europäischen Arzneimittelagentur EMA haben Salbeiblätter – wie die meisten Arzneidrogen – den Status eines traditionellen Arzneimittels.

Die Volksmedizin verwendet den Salbei außerdem zum Hustenstillen und als auswurfförderndes Mittel, zum Erleichtern des Abstillens sowie gegen schlechten Atem. Als es noch keine Zahnbürsten gab, diente die Pflanze der täglichen Mundhygiene: Man wickelte ein Salbeiblatt um den Finger und massierte damit Zähne und Zahnfleisch.

Innerlich und äußerlich

Salbeiblätterauszüge stecken in einigen Fertigarzneimitteln aus der Gruppe der Mund- und Rachentherapeutika. Salbeiblätterextrakte kommen auch in Mitteln gegen übermäßige Schweißproduktion zum Einsatz. Auch Salbeiblätter-Frischpflanzenpresssaft ist als Fertigpräparat verfügbar. Große Bedeutung haben Salbeiblätter nach wie vor für die Teezubereitung. In dieser Darreichungsform sind sie in allen Indikationen einsetzbar. Für die innere Anwendung werden 1 bis 2 g Salbeiblätter auf 150 ml kochendes Wasser (10 min ziehen lassen) dreimal täglich empfohlen. Zum Gurgeln und Spülen sollten es 2,5 g der geschnittenen Droge auf 100 ml Wasser sein. Einen solchen Aufguss verwendet man warm dreimal täglich. Grundsätzlich gilt: Bessern sich die akuten Beschwerden nicht binnen einer Woche, sollte ärztlicher Rat eingeholt werden.

Problematischer Inhaltsstoff?

Das im ätherischen Öl des Salbeis enthaltene Thujon hat in hoher Dosierung neurotoxische Wirkungen. Von einer Dauereinnahme alkoholischer Extraktpräparate sowie deren Anwendung in der Schwangerschaft wird daher abgeraten. Wässrige Salbei-Auszüge, insbesondere Teezubereitungen, weisen jedoch nur geringe Mengen dieser lipophilen Substanz auf. Laut europäischem Phytotherapie-Gremium HMPC sollte die tägliche Thujon-Aufnahmemenge aber unter 6 mg liegen.

Die Verwandtschaft

Geringere Thujon-Konzentrationen enthält der Dreilappige Salbei (= Griechischer Salbei, Salvia triloba = Salvia fruticosa). Aufgrund seines hohen Cineol-Gehalts riecht er nicht salbeitypisch, sondern ähnlich wie Eucalyptusöl. Diese Salbeiart wird ebenfalls offizinell eingesetzt, gilt aber phytotherapeutisch nicht als gleichwertig wie der Echte Salbei. Auch der üppig blühende Muskatellersalbei (Salvia sclarea) – eine beliebte Gartenpflanze – gilt als weniger wirksam als Salvia officinalis. Die Volksmedizin nutzt ihn allerdings für dieselben Indikationen und zusätzlich bei Harnwegs- und Menstruationsproblemen. Als Halluzinogen werden hingegen die Blätter des aus Mexiko stammenden Zauber- oder Aztekensalbeis (Salvia divinorum) verwendet. Die Rauschdroge unterliegt bei uns dem Betäubungsmittelgesetz. Noch eine weitere mexikanische Salbeiart macht jenseits ihrer Heimat seit Jahren Karriere – legal im Nahrungsmittelbereich: Salvia hispanica, deren Samen als Chia-Samen bekannt sind.

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Ulrike Weber-Fina, Diplom-Biologin, Autorin PTAheute.de
redaktion@daz.online


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