Marktanteil-Grenze und Rx-Boni

Rottmann (Grüne) wirft Spahn „Konzeptlosigkeit“ bei Apotheken vor

Berlin - 15.01.2019, 12:05 Uhr

Manuela Rottman, Grünen-Bundestagsabgeordnete aus Bayern, wirft Jens Spahn bei seinen Plänen zum Apothekenmarkt Konzeptlosigkeit vor. Allerdings will auch sie kein Rx-Versandverbot und die Aufhebung der Rx-Preisbindung. (j / Foto: Imago)

Manuela Rottman, Grünen-Bundestagsabgeordnete aus Bayern, wirft Jens Spahn bei seinen Plänen zum Apothekenmarkt Konzeptlosigkeit vor. Allerdings will auch sie kein Rx-Versandverbot und die Aufhebung der Rx-Preisbindung. (j / Foto: Imago)


Eigentlich müssten sich die Grünen über die Apotheken-Pläne von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) freuen: Schließlich fordert die Partei schon länger eine Aufhebung der Rx-Preisbindung für in- und ausländische Apotheken. Doch die bayerische Grünen-Bundestagsabgeordnete Manuela Rottmann hat sich den Spahn-Plan genauer angeschaut und sieht einige Punkte skeptisch. Sie hat deswegen beim BMG nachgefragt, etwa zur geplanten Marktanteil-Grenze für die EU-Versender. Die Antwort des Ministeriums bietet nichts Neues. Rottmann will die Preisbindung trotzdem aufheben.

Die Grünen-Politikerin Manuela Rottmann ist erstmals nach der Bundestagswahl 2017 ins Parlament eingezogen. Sie kommt aus einem Wahlkreis, der auch für die Apotheker ein besonderer ist. Denn aus dem Wahlkreis rund um das unterfränkische Bad Kissingen kommen zwei weitere prominente Politikerinnen, die für die Apotheker wichtig sind: Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Sabine Dittmar und die Staatsministerin für Digitales, Dorothee Bär (CSU), die die Apotheker kürzlich als „Besitzstandswahrer“ bezeichnete, weil sie sich für das Rx-Versandverbot einsetzten.

Und auch Rottmann ist der Apothekensektor nicht fremd: Die Juristin war zwischen 2006 und 2012 in Frankfurt am Main Dezernentin für Umwelt und Gesundheit. Während des Wahlkampfes zur Bundestagswahl hatte sie auf ihrer Internetseite ein ausführliches gesundheitspolitisches Programm vorgestellt. Viele Beobachter rechneten daher damit, dass die Grünen-Politikerin in den Gesundheitsausschuss kommt, letztlich landete sie aber im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz. Ihr Interesse am Apothekenmarkt ist dadurch nicht gemindert: Im vergangenen Jahr besuchte sie beispielsweise eine Landapotheke in ihrem Wahlkreis und forderte anschließend eine Umstrukturierung des Apothekenhonorars.

Rottmann hinterfragt juristische Machbarkeit des Spahn-Plans

Und auch das von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) geplante Apotheken-Paket hat Rottmann aufmerksam gelesen. In der vergangenen Woche gab sie dann eine schriftliche Frage an die Bundesregierung zu Protokoll, die sich mit der von Spahn geplanten Marktanteil-Grenze für EU-Versender beschäftigt. Zur Erinnerung: Neben der gesetzlichen Fixierung eines Boni-Deckels will Spahn ab einem Marktanteil von 5 Prozent der EU-Versender die Höhe der Rx-Rabatte evaluieren und gegebenenfalls eine Absenkung vornehmen. Viele Experten sehen diese Obergrenze kritisch: Der Gesundheitsrechtsexperte Morton Douglas hatte beispielsweise erklärt, dass sie verfassungswidrig sei.

Rottmann fragte die Bundesregierung dazu: „Mit welcher Methode will die Bundesregierung zukünftig die maximal 5 Prozent Marktanteil der Versandapotheken in der EU zuverlässig bestimmen, und wie soll diese Obergrenze wirksam durchgesetzt und eine Überschreitung sanktioniert werden?“ Die Antwort der BMG-Staatssekretärin Sabine Weiss (CDU) fiel denkbar knapp aus: „Bundesminister Spahn hat am 11. Dezember 2018 Überlegungen des Bundeministeriums für Gesundheit zur Stärkung der flächendeckenden Versorgung, zur Weiterentwicklung der Apotheken und zur Sicherung der freien Apothekenwahl vorgestellt. Eine Abstimmung innerhalb der Bundesregierung hat noch nicht stattgefunden.“



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


Diesen Artikel teilen:


5 Kommentare

Eine Frage...

von Michael Staesche am 16.01.2019 um 7:06 Uhr

... wenn die Politik gerne hätte, das die Patienten weniger Zuzahlung zahlen müssen - warum schafft man diese nicht einfach ab? Zuzahlung beibehalten und Boni erlauben bedeutet nichts weiter als Kostensenkung auf Kosten der Apotheken - so viel zum Thema "Geechenke für Apotheker"...

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Was mich auch noch stört...

von Friedemann Ahlmeyer am 15.01.2019 um 14:56 Uhr

All diese Vorschläge der Damen und Herren Rottmann, Dittmar, Lauterbach, Schulze-Asche und vormals Bender stammen ja von intelligenten Menschen, die genau wissen, das bei einer Umsetzung ihrer Vorstellungen das Apothekenwesen und Versorgung der Menschen in Deutschland mit Arzneimitteln drastisch geändert würde. Trotzdem enden ihre Statements stets damit, dass sie sich für den Erhalt und die Stärkung der Apotheke vor Ort einsetzen. Adressat sind hier nicht die Apothekerschaft und die Leute vom Fach, denn wir können sehr gut beurteilen, dass dies schlichtweg gelogen ist und Konzerninteressen bedient werden sollen. Adressat ist vielmehr die breite Bevölkerung und voreingenommene Journalistenschaft, denen vorgegaukelt wird, dass alles so bleibt wie es ist und man nur den reichen Apothekern etwas nimmt. Ich fände es fair, wenn man die Bevölkerung ernst nähme und die Auswirkungen realistisch beschreibt, denn nur so funktioniert auf Dauer eine Demokratie.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Was mich auch noch stört, die politische Lüge

von Dr Schweikert-Wehner am 15.01.2019 um 19:34 Uhr

Und das Schlimme ist, dass diese politischen Lügen auch nach Goebbels und Ulbricht, auf fruchtbaren Boden fallen. Diese pseudo intellektuellen, reichen, sanierten Altbaubewohner huldigen ihrem selbst verliebten, überheblichen Habeck und steuern das Land in asoziale Verhältnisse.

Typisch grün: Weltklima retten aber Menschen durchökonomisieren

von Friedemann Ahlmeyer am 15.01.2019 um 13:57 Uhr

Hinter der berechtigten Kritik an Spahns Vorschlägen offenbaren sich Vorschläge, die das bisher bestens funktionierende und preiswerte System der Arzneimittelversorgung in Deutschland in seinen Grundfesten erschüttert. Eine Höchstpreisverordnung bedeutet nichts anderes als die Aufgabe der Gleichpreisigkeit bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln. Höchstpreise kennen nur einen Weg, nämlich den nach unten, und mit dieser Freigabe von Boni wird die Tür zu einem gnadenlosen Verdrängungskampf auf Preisebene geöffnet..
Boni in Höhe von €2,50 pro Arzneimittel bedeuten für die Apotheke einen Rohertragsverlust von über 35% und selbst bei gut aufgestellten Apotheken verliert der inhabende Apotheker sein gesamtes Einkommen oder sogar noch mehr.
Daraus ergeben sich im wesentlichen drei Auswirkungen:
1. Der Patient wird nicht mehr pharmazeutisch, sondern nur noch okönomisch behandelt und betrachtet. Der Verkaufsdruck steigt, Problemfälle werden nicht beachtet, unbequeme und zeitaufwendige Patienten werden aussortiert.
2. Viele Apotheken werden schliessen. Der Patient hat keine Ausweichmöglichkeiten bei der anderen Apotheke "um die Ecke" mehr, weil es die schlicht nicht mehr gibt. Umso stärker gilt für den Patienten Punkt 1.
3. Der Druck auf das Personal steigt. Schon jetzt sinkt bei den Neueinsteigern das Niveau, weil eine Erzieherin, ein Altenpfleger, die Sachbearbeiterin beim Finanzamt oder die Lidl-Verkäuferin schon jetzt deutlich mehr als eine PTA verdienen. Wenn neben der schlechteren Bezahlung auch noch der Motivationsfaktor Menschen helfen zu können wegfällt, wird die Apotheke ihren Aufgaben nicht mehr gerecht werden können und auf einem fachlich niedrigen Niveau wie die jetzigen Drogeriemärkte landen.

Die Versender werden dieses Szenario überstehen können, weil sie wie in den vergangenen Jahren Verluste durch finanzstarke investoren mit mittelfristigen Renditeerwartungen wegfedern können und schon jetzt gezielt auf den Gewinn von Marktanteilen setzen.
Am Ende werden wir wenige tausend vollkommen durchökonomisierte Apotheken auf dem fachlich niedrigen Niveau von Drogeriemärkten haben und zwei bis drei Versender aus dem Ausland. Der Staat verliert Steuern, der Patient Sicherheit und einen kompetenten niedrigschwelligen Ansprechpartner und die Ärzte werden vermehrt wegen "Kleinigkeiten" kontaktiert.
Ich möchte als Apotheker weiterhin die Freiheit haben, den Menschen helfen zu können. Und jeder Patient sollte das Recht behalten, einen niedrigschwelligen und kompetenten Ansprechpartner für seine gesundheitlichen Belange zu haben. Menschlichkeit war auch mal ein Wert der Grünen - jetzt anscheinend nicht mehr.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Aha

von Anita Peter am 15.01.2019 um 12:31 Uhr

"Der bedarfsgerechte Erhalt und – wo nötig – die Stärkung von Präsenzapotheken verdient daher große Aufmerksamkeit.“

Die Grünen stärken also die Vor Ort Apotheke, indem diese auf bis zu 40% des Honorars verzichten sollen. ( Bei 2,50 Boni nach Kassenabschlag )
Dann erhöhen wir ab sofort auch die Lebensqualität der Hartz4 Bezieher, indem wir Ihnen 40% der Leistungen streichen.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.