Apothekenrechtsexperte zu Spahns Plänen

Mand: Apothekenhonorar im Sozialgesetzbuch wäre eine „Mogelpackung“

Berlin - 21.12.2018, 11:30 Uhr

Der Rechtswissenschaftler Dr. Elmar Mand hält gar nichts von Jens Spahns Plänen für den Apothekenmarkt. (Foto: Hartlmaier)

Der Rechtswissenschaftler Dr. Elmar Mand hält gar nichts von Jens Spahns Plänen für den Apothekenmarkt. (Foto: Hartlmaier)


Der Gesundheitsrechtsexperte Dr. Elmar Mand hält die Eckpunkte des Bundesgesundheitsministers für Neuregelungen im Apothekensektor für eine „ganz schlechte Mischung“. Für kurzfristige Vorteile in Randbereichen würden die Strukturen im Kerngeschäft aufgegeben, erklärte er im Gespräch mit DAZ.online. Vor allem die Überführung der Arzneimittelpreisverordnung in das Sozialrecht hält er für gefährlich.

Der Jurist Dr. Elmar Mand, Lehrbeauftragter der Philipps Universität Marburg, war stets ein Verfechter des Versandverbots für verschreibungspflichtige Arzneimittel – und ist es immer noch. Was Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) den Apothekern nun als Alternative zur Stärkung der flächendeckenden Versorgung vorgelegt hat, geht für ihn in die völlig falsche Richtung.

Vor allem die angedachte Einbindung der Arzneimittelpreisverordnung in das Sozialrecht, genau genommen in § 129 SGB V, also den Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung, hält er – milde gesagt – für „unglücklich“. Der einzige Vorteil einer solchen Überführung könnte sein, dass der Europäische Gerichtshof bei einer etwaigen erneuten Überprüfung der Rx-Preisbindung zu einer anderen europarechtlichen Einschätzung kommt. Allerdings hält er das rechtlich nicht für zwingend. Eher handele es sich um einen Etikettenschwindel, der bestenfalls die Hemmschwelle für den EuGH anheben könnte, die deutschen Preisregeln für unionsrechtswidrig zu erklären. Und so ist dieser Plan für Mand nur eine „Mogelpackung“, denn dieser begrenzte Nutzen bringe im Gegenzug zahlreiche Risiken mit sich.

Effektiver Rechtsschutz in Gefahr

Würden die Preisvorschriften Gegenstand des Rahmenvertrags zwischen Deutschem Apothekerverband und GKV-Spitzenverband, so würden sie aus der allgemeinen Regulierung für alle Versicherten zu einer „Teilfacette des GKV-Systems“ herabgestuft. Die Kassen könnten nun das Preisrecht mitkontrollieren und bekämen möglicherweise sogar Eingriffsrechte. Zudem werde der bisherige effektive Rechtsschutz möglicherweise preisgegeben: Derzeit könnten Apotheken oder Verbände gegen andere Apotheken, die das Preisrecht nicht beachten, effektiv vor den Zivilgerichten – auch im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes – vorgehen. Müsste man nun vor die Sozialgerichte ziehen, wäre dagegen ein ernstes Rechtsschutzdefizit zu befürchten. Überdies sei das Hineinschieben der AMPreisV ins SGB V deshalb hochgefährlich, weil hier in einem weiteren Schritt sehr leicht eine – derzeit offensichtlich nicht gewollte – Weiterentwicklung in Richtung Selektivverträge möglich wäre. Das ist für Mand ein  „potenziell verhängnisvoller Weg“.

Was den Plan betrifft, EU-Versendern Boni in Höhe von 2,50 Euro zu erlauben, so sieht Mand hier einen Systembruch. Es werde eine Grundsatzentscheidung zugunsten der Boni-Gewährung getroffen, die seiner Ansicht nach kaum mehr umkehrbar sein wird. Ein bislang konsistentes System werde damit ausgehöhlt und infrage gestellt. Dass die Boni-Gewährung überprüft werden soll, wenn der Versandhandel einen Marktanteil von mehr als 5 Prozent hat, ist für Mand auch keine Lösung: „Das kann durch die nächste Reform wieder gekippt werden“. Für unionsrechtlich bedenklich hält er es außerdem.

Botendienst-Neuregelung könnte „Büchse der Pandora“ öffnen

Nicht zuletzt kann der Jurist auch der Idee wenig abgewinnen, beim Botendienst nachzujustieren. Natürlich böten Erleichterungen beim Botendienst klassischen Offizinapotheken Möglichkeiten, zusätzliche Einnahmen zu erzielen und dem Versandhandel möglicherweise besser Paroli zu bieten. Bisher grenze die Rechtsprechung aber klar zwischen Botendienst und Versandhandel ab. Bei einer künftigen Annäherung könne die „Büchse der Pandora“ geöffnet und Außenschaltern und Pick-up-Stellen der Weg geebnet werden.

Alles in Allem sind Spahns Pläne für Mand der „Einstieg in den Abschied vom Leitbild des Apothekers in seiner Apotheke“. Ausdrücklich warnt er, für kurzfristige Vorteile im Randbereich die Strukturen im Kerngeschäft aufzugeben. Er hält es für ratsam, weiterhin das Rx-Versandverbot einzufordern. Lediglich für den Vorschlag, Leistungen wie Nacht- und Notdienste sowie die BTM-Abgabe „endlich angemessen zu vergüten“, hat Mand Sympathie.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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