Versandhandelskonflikt

Spahn will Marktanteil-Grenze für DocMorris & Co.

Berlin - 11.12.2018, 14:05 Uhr

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und ABDA-Präsident Friedemann Schmidt haben am Rande der ABDA-Mitgliederversammlung heute die Pläne des BMG zum Apothekenmarkt besprochen. (c / Foto: DAZ.online)

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und ABDA-Präsident Friedemann Schmidt haben am Rande der ABDA-Mitgliederversammlung heute die Pläne des BMG zum Apothekenmarkt besprochen. (c / Foto: DAZ.online)


Die Katze ist aus dem Sack: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat der ABDA-Mitgliederversammlung heute seine Pläne für den Apothekenmarkt vorgestellt. Das Rx-Versandverbot will er nicht, das ist jetzt klar. Wie DAZ.online schon berichtete, soll es dafür einen Boni-Deckel von 2,50 Euro geben, der nur für EU-Versender gilt. Außerdem sollen die Apotheker über eine Verdoppelung der Notdienstpauschale und neue Dienstleistungshonorare mehr Geld bekommen. Der Coup des Apotheken-Pakets: Spahn will den Marktanteil der EU-Versender auf 5 Prozent beschränken.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte in den vergangenen Monaten keine einfache Aufgabe: Das im Koalitionsvertrag festgehaltene Rx-Versandverbot wollte er nicht, das konnte man schnell durchhören. Gleichzeitig wollte er aber auch – nach eigenem Bekunden – den Marktanteil der EU-Versender und damit deren Einfluss auf die Apothekenstruktur im Zaum halten. Die Apotheker waren der Meinung: Ohne ein Rx-Versandverbot werde das nicht möglich sein. Doch Spahn hat sich auf seiner Suche nach Alternativen nicht beeindrucken lassen und stellte am heutigen Dienstag in Berlin seine Eckpunkte für diese Apotheken-Reform im Rahmen eines Pressegesprächs nach seinem Besuch bei der ABDA-Mitgliederversammlung vor:

  1. Spahn erklärte, er wolle den „Wild-West“ bei Rx-Boni aus dem Ausland begrenzen. „Nicht jeder soll machen können, was er will“, sagte der Minister. Dafür will er DocMorris und Co. eine Boni-Obergrenze von 2,50 Euro vorschreiben. Wie er diese verankern und juristisch begründen will, ließ er aber offen. Zum Rx-Versandverbot erklärte er, dass es „europarechtlich und politisch unwägbar“ sei. Er wolle die flächendeckende Versorgung daher auch „jenseits des Verbotes“ stärken. Aus seiner Sicht ist der Boni-Deckel in Höhe von 2,50 Euro europarechtlich machbar. Schließlich entspreche das dem „Argumentationsmuster des EuGH-Urteils“. Der EuGH habe schließlich erklärt, dass man Nachteile für EU-Versender beseitigen müsse.

  2. Noch nicht bekannt war, dass Spahn DocMorris und Co. nicht nur pro Rezept eingrenzen, sondern auch das gesamte Wachstum der EU-Versender eingrenzen will. Konkret soll es eine Marktanteil-Obergrenze von 5 Prozent geben. Überschreiten die EU-Versender diese Grenze, sollen die Boni-Möglichkeiten laut Spahn eingegrenzt werden. Denkbar wäre dann beispielsweise, dass gar kein Rabatt auf Rx mehr gewährt werden darf. Aber auch hier blieb völlig unklar, wie das BMG diese Maßnahme juristisch begründen und umsetzen will. Fraglich ist auch, wie man die Marktanteile der EU-Versender überhaupt objektiv messen würde. Denn heute liegen höchst unterschiedliche Zahlen dazu vor, teilweise sind diese auch interessengeleitet.

  3. Die Apotheker sollen mehr Geld bekommen. Die Honorarerhöhung will Spahn auf zwei verschiedenen Wegen erreichen: Erstens soll die Notdienstpauschale verdoppelt werden. Im Moment erhalten die Apotheker 16 Cent von den Kassen. Diese 16 Cent wandern in den Nacht- und Notdienstfonds. Von dort aus wird das Geld an die Notdienst-habenden Apotheken ausgeschüttet. Im vergangenen Jahr bekamen die Apotheker auf diesem Weg knapp 114 Millionen Euro – pro Dienst waren das zuletzt etwa 290 Euro. Diese Pauschale soll nun verdoppelt werden, das entspricht also einem Honorarplus von ca 120 Millionen Euro. Zweitens soll es aber neue Dienstleistungshonorare für Apotheker geben. Spahn erklärte nicht konkret für welche Leistungen, nannte als Beispiele Projekte zur Arzneimitteltherapiesicherheit und Präventionsleistungen. Auch der Ausschüttungsweg blieb zunächst unklar. Auf diesem Weg soll es 240 Millionen Euro mehr geben. Wie DAZ.online bereits berichtete, soll so ein Honorarplus von etwa 360 Millionen Euro zustande kommen.

  4. Ebenfalls unerwartet hat Spahn am heutigen Dienstag angekündigt, dass er die Vergütung für BtM-Abgaben erhöhen will. Nach Informationen von DAZ.online sind dafür weitere 15 Millionen Euro pro Jahr geplant.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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Was sagt die Opposition zu Spahns Apothekenplänen?

8 Kommentare

Spahn

von Ehy am 11.12.2018 um 17:22 Uhr

Haben Sie denn keine Interessenvertretung?? Wenn es Ihnen wirklich so schlecht geht, warum streiken sie dann einfach nicht? Wenn sie wirklich so wichtig sind würden sie mit einem einmonatigen notdienststreik, oder einwöchiger nicht Nicht- Belieferung aller Kunden einer kleinen Krankenkasse ( zb. Barmer) oder bedienen unter Notdienstbedingungen so richtig Gehör verschaffen und verhandlungsdruck aufbauen.
Die Bahn macht es Ihnen doch gerade vor!

Aber ich verfolge das ganze jetzt eine Weile und denke sie haben nicht den Mumm und Mut dazu. Sorry dann werden sie verschwinden.

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Spahnnungen

von Dr-Diefenbach am 11.12.2018 um 16:56 Uhr

Nun wissen wir "Mehr"??? Es sind doch etliche von genau DEN Thesen vorgeschlagen worden,die in der Nebenerwerbssiedlung zu Hause sind.Nicht unwichtig,aber nicht zielführend.Uns allen nutzt aber die Beschwerde nichts!Ich fordere die ABDA auf,VOR Weihnachten MIT Zeitpunktsetzung eine Befragung ALLER Apothekenleiter/innen durchzuführen,um Stimmungen auszuloten.Daran hat sich die MV im Januar zu halten.Wer nicht teilnimmt,akzeptiert die Schlangenlinienpolitik des Herrn S.Weiterhin sollten ALLE Kammern und Verbände kurzfristig ihre gewählten Vertreter zu einer Extrasitzung bitten!!!!Denn wenn wieder irgendwas im Raume steht und nicht 1:1 kommuniziert wird,dann ist doch offenbar die Konsequenz des heutigen Tages nicht bewusst.AUSSERDEM denke ich,dass diese Vorschläge(wirklich unerwartet??) Konsequenzen in Form von Rücktritten erfordern(nicht nur einen),denn wer in der Wirtschaft solche Ergebnisse seinen Mitgliedern präsentiert,fliegt.Punkt.

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AW: Spahnnungen ?

von gabriela aures am 11.12.2018 um 20:15 Uhr

Lieber Dr. Diefenbach,

warum sollte sich die obere Etage all den Stress antun ?
Die Leutenhaben eine Machtposition, da muß sich selbst Herr Erdogan noch viele Verfassungsreformen zurecht klöppeln.
Dafür sind sie auch viele Jahre durch harte Schulen gegangen..ob Dederon, Loden oder Seidentüchlein , in Sachen „Postion absichern“ sind sie alle gleich .

Dünnes Eis mit Seife ... ausgerutscht und abgesoffen ...

von Christian Timme am 11.12.2018 um 15:23 Uhr

Sorry Herr Spahn, für wie dämlich ...

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Der schlechteste Deal seit 2004!

von T. La Roche am 11.12.2018 um 14:48 Uhr

Hinterzimmergespräche, keine Öffentlichkeit und dann will man die Interessen ausländischer Kapitalgesellschaften gegen ein paar Kröten durchsetzen.
Die ABDA-Strategie ist komplett gescheitert!
Ich bitte unsere Standesvertretung, in Zukunft die Apotheker mitzunehmen und diese Vorschläge des Ministers in einer breiten Öffentlichkeit zu diskutieren. Er würde sich NIE besseren Argumenten verschließen, das hat er bei den Debatten zur Wahl des Parteivorsitz immer erwähnt.
Wir haben so gute Argumente!
Und wir haben Millionen Kundenkontakte jeden Tag. Fragen wir die Bevölkerung...soll Herr Spahn sich für ausländische Versender einsetzen oder für den deutschen Mittelstand?
Müssen sich Ausländer an detusche Gesetze halten, von deutschen Gerichten verhängte Bußgelder bezahlen oder nicht?
Wie kann man abseits der Öffentlichkeit seine Ziele davon abhängig machen, ob ein Minister der Meinung ist, dass dieses oder jenes mit ihm möglich ist. Er wird seine Meinung ändern, aber sicher nicht bei irgendwelchen Geheimgesprächen mit der ABDA...mit Max sieht das etwas anders aus.

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Ausbluten

von Benjamin Schäfer am 11.12.2018 um 14:45 Uhr

Ich muss sagen, Herr Spahn verhielt sich heute ausgesprochen geschickt und es ist sehr schwer seine Vorhaben anzugreifen. Im Gegensatz zu Insidern, sieht dieses Maßnahmenpaket für die Öffentlichkeit aus wie ein Geschenk für die öffentlichen Apotheken. Je mehr wir dieses Paket jetzt attackieren, desto nimmersatter und gieriger werden wir von der Laienpresse und der Allgemeinheit dargestellt und wahrgenommen. Trotzdem werden wir über kurz oder lang weiter ausbluten. Das vergiftete Geschenk dersogenannten 5% Marktanteilsgrenze für Versender zeigt sich an der schwachen Formulierung die auch folgendermaßen verstanden werden kann: Sind 5% überstiegen, findet das die Regierung nicht schön und fängt an dem „Pflänzchen“ welches mittlerweile ein beachtlicher Baum ist, ein Papp-Korsett anzulegen. Wenn der r(x) Versand von derzeit 1% zu 5% wächst, ist seine Monopolisierung nicht mehr aufzuhalten. Die Boni sind lediglich der Dünger, welcher später nicht mehr benötigt wird. Außerdem ist eine Bonidecklung vom Eugh mit haargenau denselben Argumenten angreifbar wie auch schon die Festpreise 2016. Also wenn ein Minister diese Bonideckelung juristisch durchsetzen kann, so könnte er das auch mit einem r(x) Versandverbot. Nein, ich glaube hier wurden reichlich Hintertürabsprachen mit Zur Rose und Co getan. Geschickt gemacht, aber sehr schade und bestärkend für mein Bild einer „Lobbykratie“

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Narrenfreiheit für Versender

von Karl Friedrich Müller am 11.12.2018 um 14:20 Uhr

wenn sich die niederländischen Versender an deutsche und niederländische Gesetze halten müssten und die Behörden das auch durchsetzten !!!!, bräuchte es kein RXVV. Ich darf hier an einen Artikel in der DAZ erinnern.
Uns wird die Bude geschlossen wegen Bagatellen, Überprüfungen ohne Ende,
aber diese Versandvögel haben Narrenfreiheit.
Das stinkt zum Himmel.
Für ein paar Euro mehr sollen wir zusehen, wie wir vom Markt gedrängt werden. Obergrenze, ich lach mich tot. Wenn die erreicht ist, gibt es wieder ein Urteil, wetten?
Wir werden für dumm verkauft.
Spahn ist ein DocMorris und Müller Lobbyist. Nichts weiter.

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Der Coup...

von Rolf Lachenmaier am 11.12.2018 um 14:19 Uhr

"Der Coup des Apotheken-Pakets: Spahn will den Marktanteil der EU-Versender auf 5 Prozent beschränken"... hahaha. Wer ist denn so dumm und glaubt das?! Und wenn Sie drüber sind, kommt Knecht Ruprecht (ach, ich vergaß, den darf es ja gar nicht mehr geben) und sagt "dududu das wars jetzt mit den Boni"...

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