Luxturna von Novartis

Gentherapie gegen erblich bedingte Augenerkrankung in der EU zugelassen

Stuttgart - 23.11.2018, 11:30 Uhr

Luxturna® ist nun auch in der EU zugelassen. (c / Foto: picture alliance / AP Photo)

Luxturna® ist nun auch in der EU zugelassen. (c / Foto: picture alliance / AP Photo)


Novartis kann seine Gentherapie Luxturna® nun auch in der EU vermarkten. Wie das Unternehmen am heutigen Freitag mitteilte, hat die EU-Kommission die Zulassung erteilt. Damit soll ein durch Mutation in dem Gen RPE65 ausgelöster Verlust des Sehvermögens behandelt werden können. Die Betroffenen erblinden oft in jungen Jahren.

Die Zulassung für Novartis' Gentherapie Luxturna® (Voretigen neparvovec) ist laut der Deutschen Presse-Agentur keine Überraschung, nachdem der EU-Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) Mitte September eine positive Empfehlung für das Mittel abgegeben hatte. Indikation ist eine erbliche Augenerkrankung, die auf eine Mutation im RPE65-Gen zurückzuführen ist und zum vorzeitigen Untergang der Netzhaut führt. Das Gen codiert nämlich für ein Enzym namens Retinoid-Isomerohydrolase. Es wird in den Pigmentepithelien der Retina gebildet und wird für das Recycling des Sehpigments benötigt. Bei Betroffenen, bei denen beide Allele mutiert sind, kommt es zu einem schrittweisen Verlust des Sehvermögens, das sich bereits im frühen Kindesalter bemerkbar macht. Eines der ersten Symptome ist ausgeprägte Nachtblindheit. 

Bei Licht ist die Sehschärfe beeinträchtigt, über die Jahre wird das Sehfeld immer kleiner. Viele Betroffene erblinden im Alter von etwa 20 Jahren vollständig. Die Erkrankung wird autosomal­-rezessiv vererbt und ist relativ selten. In Deutschland sind schätzungsweise 200 Menschen betroffen. Mutationen im RPE65-Gen gehören zu einer Reihe von schätzungsweise 220 Gendefekten, die zu einem vorzeitigen Absterben von Retinazellen führen.

Unterschied zu CAR-T-Zellen

Im Gegensatz zu CAR-T-Zellen, bei der patienteneigene T-Zellen ex vivo gentherapeutisch behandelt und zurückgeführt werden, wird Luxturna® direkt appliziert, nämlich unter die Netzhaut. Es handelt sich dabei um adenoassoziierte Viren, die Pigmentzellen der Netzhaut „infizieren“ und dort eine korrekte Version des RPE65-Gens einbringen. Die Zelle ist dann in der Lage wieder ein funktionsfähiges RPE65-Protein herzustellen. Der Gendefekt wird sozusagen repariert. Darin besteht ein weiterer Unterschied zur CAR-T-Zell-Therapie, wo nicht eine spezifische Mutation therapiert wird, sondern die genetische Information für einen chimären Antigenrezeptor („chimeric antigen receptor“, CAR) zusätzlich eingebracht wird. 

Einmal abgestorbene Retinazellen können jedoch mit Luxturna® nicht wiederbelebt werden, weswegen die Therapie möglichst früh begonnen werden soll.

Unklar ist, wie lange die Wirkung anhält

Die Zulassung basiert auf einer Phase-1-Studie sowie deren Follow-up und einer ersten kontrollierten, randomisierten Phase-3-Studie bei einer Erbkrankheit. Gemessen wurde die Verbesserung der Orientierungsfähigkeit unter schwierigen Lichtverhältnissen, die mittels „multi-luminance mobility testing" (MLMT) untersucht wird. Bereits 30 Tage nach der Injektion wurde eine Verbesserung gesehen. Nach einem Jahr wurde bei behandelten Patienten im Vergleich zur Kontrollgruppe eine Verbesserung um 1,6 Licht-Levels erzielt. Die Sehstärke besserte sich bei 90 Prozent der behandelten Patienten um ein Licht-Level oder mehr.

Unklar ist bislang, wie lange die Wirkung anhält. Die zulassungsrelevanten Studien belegen einen Zeitraum von einem Jahr, denn so lange wurden die Teilnehmer beobachtet. Frühere, kleinere Studien deuten an, dass der Effekt mindestens drei Jahre lang anhält. In den USA, wo das Mittel schon länger zugelassen ist, betragen die Therapiekosten 850.000 US-Dollar.

Entwickelt wurde Luxturna vom US-Unternehmen Spark Therapeutics. Novartis hatte die Therapie Ende Januar 2018 über eine Lizenzvereinbarung übernommen. Die Schweizer dürfen Luxturna® in allen Ländern außerhalb der USA vertreiben.


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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