Arzneimittel-Skandal

Gericht: Lunapharm darf weitermachen – vorerst

Berlin - 03.08.2018, 11:35 Uhr

Das Verwaltungsgericht Potsdam hat den sofortigen Lizenzentzug gegen den Brandenburger Arzneimittelhändler Lunapharm zurückgezogen. (b / Foto: Imago)

Das Verwaltungsgericht Potsdam hat den sofortigen Lizenzentzug gegen den Brandenburger Arzneimittelhändler Lunapharm zurückgezogen. (b / Foto: Imago)


Der brandenburgische Arzneimittelhändler Lunapharm steht in Verdacht, gestohlene Arzneimittel importiert und diese in die Lieferkette eingebracht zu haben. Die zuständige Aufsichtsbehörde hat dem Händler zwar mit sofortiger Wirkung die Lizenz entzogen. Dennoch dürfte Lunapharm laut dem Verwaltungsgericht vorerst weiter arbeiten. Offenbar hat die Behörde ihren Bescheid an das Unternehmen nicht ausreichend begründet. Das Gesundheitsministerium betont allerdings, dass er weiterhin wirksam sei.

In der sogenannten Lunapharm-Affäre rund um mutmaßlich gestohlene Arzneimittel aus Griechenland gibt es eine erneute überraschende Wendung: Der beschuldigte Arzneimittelhändler Lunapharm aus dem brandenburgischen Mahlow dürfte seine Geschäfte vorerst weiterbetreiben – meint das Verwaltungsgericht Potsdam. Eigentlich hatte die Aufsichtsbehörde, das Landesamt für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit (LAVG), kurz nach Bekanntwerden der Vorwürfe den sofortigen Entzug der Betriebserlaubnis sowie der Herstellungs- und Großhandelserlaubnis angeordnet. Doch Lunapharm wehrt sich gegen den behördlichen Bescheid und die Anordnung der sofortigen Vollziehung mit einem Eilantrag vor dem Verwaltungsgericht Potsdam. Wie ein Gerichtssprecher gegenüber DAZ.online bestätigte, soll kommende Woche über den Antrag entschieden werden. Zugleich habe das Gericht die Behörde gebeten, bis zur vorläufigen Entscheidung des Gerichts über den Lizenzentzug den Bescheid nicht zu vollziehen.

Tagesspiegel: Ministerium muss nachbessern

Zur Erklärung: Die Aufsichtsbehörde hatte die Betriebserlaubnis mit sofortiger Wirkung entzogen, um die Gesundheit eventuell betroffener Patienten zu schützen. Dies muss sie in ihrer Verfügung aber besonders begründen. Der Berliner „Tagesspiegel“ berichtet nun, dass die Behörde in dieser Begründung nicht stichhaltig genug argumentiert habe. Dem Bericht zufolge hat das Gericht den Händler aufgefordert, seine Begründung bis zum Entscheid in der kommenden Woche nachzubessern.

Das Ministerium teilte gegenüber DAZ.online aber mit, dass das LAVG zu der Bitte des Gerichts keine Erklärung abgegeben habe. Aus seiner Sicht darf Lunapharm nicht wieder aktiv werden, wie eine Sprecherin erklärt: „Der Bescheid ist, da er weder vom LAVG aufgehoben wurde, noch das Verwaltungsgericht eine Entscheidung im Eilverfahren getroffen hat, immer noch wirksam. Das bedeutet: Lunapharm darf nicht herstellen oder handeln.“

Lunapharm selbst hat sich abgeschottet: Seit Tagen antwortet nur noch der Anrufbeantworter, die Geschäftsführerin reagiert nicht auf E-Mails. Ob Lunapharm seine Geschäftstätigkeiten in diesen Tagen nun also wirklich wieder aufnimmt, ist daher völlig unklar.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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2 Kommentare

Lunapharm

von Gunter Kowalski am 03.08.2018 um 23:37 Uhr

Bin gespannt,ob sich die Journalisten entschuldigen, die bereits ihre Urteile gesprochen haben.Anscheinend gilt im Deutschland der AfD die Unschuldsvermutung nicht mehr. Bin auch gespannt, wann man merkt, dass Kontrasteredakteure gelogen haben und es gar keine Diebstähle in Griechenland gegeben hat.Kontraste berichtet nämlich zutreffend, dass inden Krankenhäusern dort gar nichts fehlt.Aber es hört niemand zu in
diesem Land

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Lunapharm

von Klaus Hansen am 04.08.2018 um 8:34 Uhr

Ich frage mich eher, weshalb es inzwischen opportun ist, Meldungen einfach aufzugreifen und unkritische weiterzuverbreiten. Liegt das etwa an der neuen Generation, die nur noch von Likes und Tweets lebt? Weshalb macht keiner der Journalisten sich mehr die Mühe, etwas zu hinterfragen? Weil die Nachrichten ansonten nicht so reißerischer klingen würden?
Eine kurze Anfrage bei einem Fachmann (Rechtsanwalt) hätte genügt, um den Sachverhalt klarzustellen. Und weshalb hat das Gericht den Händler aufgefordert, seine Begründung nachzubessern?

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