Umstrukturierung

Novartis trennt sich von Antibiotika-Forschung

Berlin - 13.07.2018, 15:15 Uhr

Die Pharmaindustrie ist immer in Bewegung. Novartis sortiert gerade Antiinfektiva aus. Folgt der Schweizer Gigant damit einem Branchentrend? (s / Foto: Imago)

Die Pharmaindustrie ist immer in Bewegung. Novartis sortiert gerade Antiinfektiva aus. Folgt der Schweizer Gigant damit einem Branchentrend? (s / Foto: Imago)


Das Pharmaunternehmen Novartis schließt mit der Forschung zu Infektionskrankheiten ab. Konzernchef  Vas Narasimhan will sich künftig auf Onkologie, Ophthalmologie und Neurologie fokussieren. Diese Neuausrichtung soll etwa 140 Arbeitsplätze kosten.

Der Pharmakonzern Novartis verabschiedet sich nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa aus der Forschung zu Infektionskrankheiten. Betroffen ist das Forschungszentrum in Emeryville an der San Francisco Bay Area. Dem Rückzug sollen laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg 140 Stellen zum Opfer fallen.

Nach Informationen der Schweizer Handels Zeitung war Novartis an der Westküste mit 32 Pipelineprojekten zu neuen Antibiotika aktiv. Das Forschungsinstitut für Tropenkrankheiten soll an diesem Standort vorerst bestehen bleiben.

Neuer Konzernchef – neue Schwerpunkte

„Novartis hat sich für die Schließung der Abteilung für Bakterien und Viren in Emeryville entschieden, um die Ressourcen in anderen Bereichen einzusetzen, wo wir aufgrund unserer Positionierung bessere Chancen auf Innovationen sehen“, erklärte eine Konzernsprecherin gegenüber der Nachrichtenagentur Bloomberg.

Novartis will sich unter dem seit Feruar 2018 amtierenden Konzernchef Vas Narasimhan neu ausrichten. Ins Visier nimmt der Pharmariese vor allem die Indikationen Onkologie, Neurologie und Ophthalmologie.

Ist Antibiotikaforschung für Big Pharma „out“?

Mit seiner Abkehr von der Antiinfektiva-Forschung folgt der Schweizer Konzern einem Branchentrend, meinen Finanzexperten. Beispielsweise ist Allergan laut Schweizer Handels Zeitung derzeit auf der Suche nach einem Käufer für die Infektionskrankheiten-Sparte. Bayer, Boehringer und Merck sind im Bereich der Antibiotikaforschung gar nicht mehr tätig.

Allerdings kam es auch zu Verlagerungen: So hatte Pfizer vor zwei Jahren die Antibiotikasparte von Allergan erworben und der US-Konzern Merck & Co (MSD) sich 2014 durch den Kauf der Biotechfirma Cubist vergrößert. 

Der Wirtschaftsjournalist Donato Paolo Mancini, der die Novartis-Neuausrichtung auf Dow Jones NewsWire kommentiert, meint, dass die Antibiotikaforschung für große Pharmaunternehmen unattraktiv geworden sei. Denn neue Antibiotika würden nur als Reservesubstanzen verabreicht, um Resistenzen zu verringern. Damit sinken die Chancen der Unternehmen, von antibiotischen Innovationen zu profitieren.

Ein weiterer möglicher Erklärungsansatz ist, dass die Behandlungszeiten mit Antiinfektiva grundsätzlich kürzer sind als bei chronischen Erkrankungen. So raten die Analysten der Investmentbank Goldman Sachs in einer Pharmamarktstudie ihren Kunden, besser in Therapien zu investieren, die nicht in absehbarer Zeit zur Heilung führen. Zu dieser Hypothese würde passen, dass Novartis-CEO Narasimhan seinen künftigen Fokus auf chronische Erkrankungen legt. 


dpa- AFX / Dr. Bettina Jung


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