Verhältnismäßigkeitsprüfung

Neue EU-Regulierungen für Freiberufler kommen abgeschwächt

Berlin - 02.07.2018, 13:20 Uhr

Nach dem EU-Parlament haben nun auch der Rat und die Kommission die neuen EU-Regulierungen für Freiberufler durchgewinkt. (Foto: Imago)

Nach dem EU-Parlament haben nun auch der Rat und die Kommission die neuen EU-Regulierungen für Freiberufler durchgewinkt. (Foto: Imago)


Das Europäische Parlament, der Europäische Rat und die EU-Kommission haben am vergangenen Donnerstag grünes Licht für eine Neuregelung gegeben, die in den vergangenen Monaten auch im Apothekenmarkt für viel Aufsehen gesorgt hat. Es geht um die lang umstrittene Richtlinie, die die Mitgliedstaaten verpflichtet, neue Berufsreglementierungen vor ihrem Erlass einer Verhältnismäßigkeitsprüfung zu unterziehen. Davon betroffen sind auch Regelungen für Gesundheitsberufe wie Apotheker.

Das Europäische Parlament hatte bereits am 14. Juni der überarbeiteten EU-Richtlinie über eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass neuer Berufsreglementierungen zugestimmt. Nun haben vergangene Woche auch Rat und Kommission die Vorschriften unterzeichnet. Die neue EU-Richtlinie soll sicherstellen, dass nationale Regeln für reglementierte Berufe keine unnötigen Hindernisse für die Freizügigkeit von Fachkräften schaffen. Sie verpflichtet die Mitgliedstaaten, Kosten und Nutzen geplanter Rechtsvorschriften für reglementierte Berufe durch eine Verhältnismäßigkeitsprüfung gründlich zu bewerten. Die Ergebnisse dieser Prüfung haben sie dann der Kommission im Rahmen eines Notifizierungsverfahrens mitzuteilen.

Die Kommission hatte den Vorschlag im Januar 2017 als Teil ihres sogenannten Dienstleistungs-Pakets vorgelegt und damit einige Kritik provoziert. Nicht zuletzt meldeten hierzulande die freien Gesundheitsberufe über ihre Verbände – darunter die ABDA – Bedenken an. Zudem hatten Bundestag und Bundesrat eine Subsidiaritätsrüge gegen das Vorhaben erhoben, weil sie darin einen Eingriff in nationale Hoheitsrechte sahen. Es wurde eine Weile diskutiert, Gesundheitsberufe aus der Richtlinie auszunehmen – am Ende gab es einen Kompromissvorschlag, in dem sie jedoch drin blieben.

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Doch es gibt Klarstellungen im Text. Dass es dazu kam, reklamiert die ABDA auch für sich: „Dank intensiver Zusammenarbeit mit den europäischen Partnerverbänden“ sei es gelungen, noch einige Detailverbesserungen insbesondere für Heilberufe im Richtlinientext zu verankern, hatte ein ABDA-Sprecher nach dem Beschluss des EU-Parlaments erklärt.

So werde nun die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten und ihr Ermessensspielraum im Rahmen der Verhältnismäßigkeit betont. Zudem dürfe die Verhältnismäßigkeitsprüfung ihrerseits keinen unverhältnismäßigen Aufwand verursachen, sondern solle der jeweils betroffenen Vorschrift angemessen sein. Beim Kriterienkatalog für die Prüfung werde betont, dass bei der Reglementierung von Gesundheitsberufen ein hohes Gesundheitsschutzniveau sichergestellt werden soll. „Ob diese und andere beschlossene Änderungen ausreichen, künftige Deregulierungen verhindern zu können, wird die Zukunft zeigen“, so der ABDA-Sprecher. Nun sei die Bundesregierung gefordert: Sie müsse für eine sachgerechte Umsetzung in nationales Recht sorgen. Dafür haben die Mitgliedstaaten nun zwei Jahre Zeit.

Kommission: Viele Vorschriften nicht mehr zeitgemäß

Ausgangspunkt der neuen Richtlinie ist, dass etwa 50 Millionen Menschen, also 22 Prozent aller Erwerbstätigen in Europa, in Berufen arbeiten, deren Ausübung an den Besitz bestimmter Qualifikationen gebunden ist oder in denen das Führen eines bestimmten Titels geschützt ist. Für eine Reihe von Berufen, beispielsweise in den Bereichen Gesundheit und Sicherheit, sei die Reglementierung häufig gerechtfertigt, räumt die Kommission in einer aktuellen Pressmitteilung ein. Es gebe jedoch auch zahlreiche Fälle, in denen durch übermäßig umständliche und nicht mehr zeitgemäße Vorschriften qualifizierten Bewerbern der Zugang zu Berufen unverhältnismäßig erschwert werde.

Die Kommission betont zudem, dass für die Reglementierung oder Liberalisierung freier Berufe die EU nicht zuständig sei – dies sei nach wie vor ein Vorrecht der Mitgliedstaaten. Allerdings müsse ein Mitgliedstaat nach EU-Recht nachweisen, dass neue nationale Vorschriften für Freiberufler notwendig und angemessen sind.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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