Fernbehandlungen in Sachsen

„Die Rechtslage bei den Online-Verordnungen wird sich ändern“

Berlin - 26.06.2018, 11:10 Uhr

Sachsens Kammer- und ABDA-Präsident Friedemann Schmidt geht davon aus, dass Online-Verordnungen früher oder später gesetzlich erlaubt werden. (Foto: Schelbert)

Sachsens Kammer- und ABDA-Präsident Friedemann Schmidt geht davon aus, dass Online-Verordnungen früher oder später gesetzlich erlaubt werden. (Foto: Schelbert)


Voraussichtlich ab September 2018 dürfen auch in Sachsen Patienten ausschließlich via Internet und Telefon behandelt werden. Was bedeutet das für die Apotheker in Sachsen? Kammerpräsident ist dort Friedemann Schmidt, der auch ABDA-Präsident ist. Im Gespräch mit DAZ.online erklärt er, dass er davon ausgehe, dass Online-Verordnungen früher oder später erlaubt sein werden – im Moment ändere sich für seine Kollegen aber erst einmal nichts, so Schmidt.

Am vergangenen Wochenende hat die Landesärztekammer Sachsen beschlossen, dass Patienten im Freistaat künftig auch fernbehandelt werden dürfen, wenn sie vorher keinen Arzt gesehen haben. Die Kammer hat damit eine dementsprechende Änderung an der Musterberufsordnung übernommen, die der Deutsche Ärztetag vor einigen Wochen beschlossen hatte. In der neuen sächsischen Berufsordnung heißt es allerdings einschränkend: „Eine ausschließliche Beratung oder Behandlung über Kommunikationsmedien ist im Einzelfall erlaubt, wenn dies ärztlich vertretbar ist, und die erforderliche ärztliche Sorgfalt insbesondere durch die Art und Weise der Befunderhebung, Aufklärung, Beratung und Behandlung sowie Dokumentation gewahrt wird.“

Den Apothekern ist es nach wie vor verboten, Rezepte zu beliefern, die nicht aus einem direkten Arzt-Patienten-Kontakt resultieren. Außerdem muss das Rezept laut Gesetz derzeit ohnehin noch in Papierform vorliegen. Das Beispiel Baden-Württemberg zeigt aber, dass mehrere Firmen bereits daran arbeiten, am Ende einer ärztlichen Video-Beratung auch Rezepte auszustellen. Insofern stellt sich die Frage: Welche Auswirkungen hat der Beschluss der sächsischen Ärzte auf die Apotheker im Freistaat? Kammerpräsident ist dort Friedemann Schmidt. Auf Nachfrage von DAZ.online erklärte Schmidt:


„Wir haben die Entscheidung der Ärztekammer, die Berufsordnung nach dem Beschluss des Deutschen Ärztetages anzupassen, zur Kenntnis genommen. Ich habe auch gesehen, dass Herr Bodendieck, der Präsident der Sächsischen Landesärztekammer, die Öffnung zur Fernbehandlung teilweise skeptisch sieht. Auch er bezweifelt, dass Online-Behandlungen strukturelle Versorgungsprobleme, die wir auf dem Land haben, lösen können.“

Friedemann Schmidt, Präsident der sächsischen Apothekerkammer und der ABDA


Zur Erklärung: Nach dem Beschluss hatte Ärztekammer-Präsident Erik Bodendieck erklärt, dass er nicht in allen Fällen einen Vorteil in der telemedizinischen Behandlung sehe: „Ich bin auch noch etwas skeptisch, dass wir mit der Möglichkeit der Fernbehandlung die Zahl der Arzt-Patienten-Kontakte reduzieren und auch Bereitschafts- und Notdienste entlasten können. Denn das setzt voraus, dass sich die Patienten auch an unsere Ratschläge halten und nicht postwendend den nächsten Arzt kontaktieren“, so Bodendieck.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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1 Kommentar

E-Rezept, und dann?

von Heiko Barz am 27.06.2018 um 12:05 Uhr

Den letzten Absatz Ihres Statement, Herr Kollege Schmidt, kann ich so nicht nachvollziehen. Dass der Gesetzgeber nun gefordert sei, das Recht der Patienten einer individuellen Apothekenwahl zu gewährleisten. Sie werden sehen, wie schnell es dort zu einem Paradigmenwechsel kommen wird, wenn wir nicht dagegensteuern.
Wenn wir aber nicht eindeutig Stellung dazu beziehen, wie die ärztlichen Verordnungen durch den individuellen Wunsch der Patienten in deren Wunschapotheke gelangen, dann werden die Digital-Nerds Wege finden, diesen oben beschriebenen Gesetzeszustand in deren Sinne auszuhebeln, und dann beginnt das perfekte Chaos.
Daraus erfolgt dann eine unübersichtliche Korruptionswelle und das Ende der Vor-Ort-Apotheke. Deshalb bedarf es unbedingt einer Strategie, den Rezeptweg nicht den freien Kräften der Kapitalgesellschaften zu überlassen und welchen Einfluss dieses "Krebsgeschwür" auf unser Gesundheitssystem jetzt schon hat, ist mehrfach beschrieben worden.
Ihre Aufgabe, Herr Schmidt, ist es, das "Wollen" der Apotheker mit substantiellen Forderungen den Regierungsverantwortlichen mit Nachdruck vorzutragen.
Nun machen Sie mal etwas für Ihre Kollegen und machen Sie es mit Nachdruck, Herr Schmidt!

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