Interview Lutz Engelen

„Die ABDA muss sich jetzt erklären und nicht erst im Herbst“

Berlin - 26.06.2018, 17:55 Uhr

Nordrheins Kammerpräsident Lutz Engelen ist sauer auf die ABDA: Für die Mitgliederversammlung am kommenden Donnerstag fordert er konkrete Lösungsvorschläge aus Berlin in Sachen Digitalisierung, Versandhandel und Honorar. (Foto: AKNR)

Nordrheins Kammerpräsident Lutz Engelen ist sauer auf die ABDA: Für die Mitgliederversammlung am kommenden Donnerstag fordert er konkrete Lösungsvorschläge aus Berlin in Sachen Digitalisierung, Versandhandel und Honorar. (Foto: AKNR)


Der Druck der Mitgliedsorganisationen auf die ABDA wächst: Im Raum stehen Ablehnungen des Haushaltsentwurfes und eine „Resolution gegen das Schweigen“. Die ABDA selbst erklärt, dass man bald politische Resultate im Versandhandelskonflikt vorlegen möchte, um auf der kommenden Mitgliederversammlung den Frieden mit den Mitgliedern wieder herzustellen. Im Interview mit DAZ.online erklärt Lutz Engelen, Kammerpräsident in der Region Nordrhein, dass er nicht bis zum Herbst warten will – er erwartet konkrete Ansagen noch in dieser Woche.

DAZ.online: Herr Engelen, Ihre Kammer hat vor einigen Wochen als erste den ABDA-Haushaltsentwurf abgelehnt. Es folgten Beschlüsse anderer Kammern, in denen die ABDA heftig kritisiert wird. Jetzt hieß es aus der ABDA-Spitze, dass man spätestens im Herbst eine politische Lösung im Versandhandelskonflikt vorlegen will. Reicht Ihnen das als Botschaft an Ihre Mitglieder?

Engelen: Nein, absolut nicht. Erstens erwarten wir jetzt zur Mitgliederversammlung, also am kommenden Donnerstag in Berlin konkrete Antworten auf die Fragen, die während unserer Delegiertenversammlung aufgeworfen wurden. Wir wollen damit nicht bis zum Herbst warten. Zweitens geht es mitnichten nur um das Thema Versandhandel. Ebenso warten wir seit längerer Zeit schon auf Lösungen in den Gebieten Dynamisierung des Honorars, Begleitung und aktive Entwicklung von digitalen Strukturen,  Ausbau und Honorierung der neuen pharmazeutischen, kognitiven Leistungen, Übernahme von Verantwortung durch den Berufsstand, sowie Umgang mit dem EuGH-Urteil von 2016.

Sollte sich eine Kammer in solche Themen einmischen?

DAZ.online: Eigentlich sind einige Themen in dieser Liste ja klare Verbandsthemen. Ist es denn Ihre Aufgabe, als Kammerpräsident beispielsweise beim Apothekenhonorar Druck zu machen?

Engelen: Natürlich ist es das. Die Kammer muss auch sich um die Zukunft des Berufsstandes kümmern. Und da die meisten unserer Mitglieder in der Offizin arbeiten, ist für uns auch die wirtschaftliche Tragfähigkeit einer Vor-Ort-Apotheke ein großes Thema. Übrigens: Seit Jahren tagt bei der ABDA eine Arbeitsgruppe „Honorar“, in der auch Kammerpräsidenten und –präsidentinnen sitzen. Bislang hat diese  Arbeitsgruppe jedoch keine klare Position zu diesem existentiellen Thema  bezogen.

DAZ.online: Ihre Kammer hat in den vergangenen Jahren einige Versorgungsmodelle mitentworfen, in denen die pharmazeutische Kompetenz der Apotheker ein wichtiger Baustein ist. In der Vergangenheit haben Sie des Öfteren gefordert, dass die ABDA sich für eine bundesweite Umsetzung dieser Versorgungsideen einsetzen soll. Immerhin gibt es nun das ARMIN-Projekt. Reicht Ihnen das nicht?

Engelen: ARMIN ist ein wirklich gutes Projekt, das alleine für mich jedoch nicht ausreicht, denn Projekte wie Pharm CHF, AMRINO, ATHINA  oder aktuell OAV haben bereits bewiesen, dass unser Wissen viel stärker sinnvoll in den Versorgungsalltag der Patienten integriert werden könnte. Alle Projekte haben gezeigt, dass neue kognitive pharmazeutische Leistungen mehr Gesundheit für den Patienten bringen und die Versichertengemeinschaft entlasten. Aber auch hier sehe ich derzeit leider keine klare Positionierung der ABDA. Vielmehr versteift man sich in Berlin auf das Rx-Versandverbot und die Folgen des EuGH-Urteils.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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5 Kommentare

Niemand merkt....

von Reinhard Rodiger am 26.06.2018 um 23:43 Uhr

...dass die Kammern Aufgaben akquirieren wollen, die primär andere erfüllen sollten.Sicherstellungsaufträge dh. Eingriffskompetenz in den Alltag hätten sie gern, aber verkennen die Wirkung. Es ist traurig genug, dass die Führung zum Jagen getragen werden muss.Kammern, die die eigenen Leute "besser" jagen wollen, helfen aber nicht.

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Die ABDA muss liefern...

von Ulrich Ströh am 26.06.2018 um 21:31 Uhr

Resultate zählen.
Wenn am Donnerstag die ABDA in Berlin aufzeigen
kann ,wohin. es erfolgreich gehen soll,war alles richtig.
Sonst geht es umgekehrt.

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Zünftische Machtphantasien

von Wolfgang Müller am 26.06.2018 um 21:05 Uhr

Kneif mich. Ausgerechnet "Die Kammern" sollen "als untergesetzliche Normengeber" schlimmer als die trotz Interessenverrats gerade noch unter Gnadenfrist gehaltenen Elends-KVen die Macht bekommen, vollkommen willkürlich zu sagen (neeeiiin, ganz demokratisch!), wer von uns wo und wie Arzneiversorgung betreiben darf?

Besser kann man nicht zeigen, wie auch heutzutage noch mittelalterliches Zunftwesen von Standesfürsten zumindest VERSUCHT werden kann!!!

Auch die Amerikaner haben irgendwann gemerkt, was für ein guter Präsident George Dabbeljuh zumindest im Vergleich war. Ich selber war ja aber zugegebenermaßen schon immer FS-Fan, und leide wie ein Hund, wenn "Einschreibepatienten" von ihm favorisiert werden. Aber mein grundsätzliches Fan-Tum wird durch die amtsanmaßenden Einlassungen seines Gegners jetzt gerade eindrucksvoll bestätigt.

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AW: Zünftische Machtphantasien

von Christiane Patzelt am 27.06.2018 um 16:46 Uhr

ach herrjeh!!! Die Allmachtsphantasien der Kammer hab ich total überlesen - das geht natürlich überhaupt nicht!!! Da haben Sie mal wirklich Recht, Herr Müller!!

Danke Lutz!

von Christiane Patzelt am 26.06.2018 um 18:03 Uhr

Ich bin auf die DAZ-Schalgzeile am kommenden Donnerstag mehr als gespannt!

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