Unlauterer Wettbewerb

Apotheken halten Wettbewerbszentrale auf Trab

Berlin - 21.06.2018, 09:00 Uhr

Die Wettbewerbszentrale geht Beschwerden wegen möglicherweise unlauteren Wettbewerbs nach. Auch Apotheken nimmt sie ins Visier. (Foto; Gina Sanders / stock.adobe.com)

Die Wettbewerbszentrale geht Beschwerden wegen möglicherweise unlauteren Wettbewerbs nach. Auch Apotheken nimmt sie ins Visier. (Foto; Gina Sanders / stock.adobe.com)


Bei der Wettbewerbszentrale gingen im vergangenen Jahr knapp 470 Anfragen und Beschwerden wegen unlauteren Wettbewerbs im Gesundheitswesen ein. 2018 kamen bislang weitere 195 Fälle hinzu. Ein Dauerbrenner im Bereich der Apotheken ist das Werben für und Gewähren von Gutscheinen und Boni. Derzeit befasst sich die Wettbewerbszentrale aber vor allem mit digitalen Werbemaßnahmen.

Die Wettbewerbszentrale hat stets ein waches Auge: Läuft alles fair in den verschiedenen Branchen? Am gestrigen Mittwoch stellte die Wettbewerbszentrale ihre Bilanz für das Gesundheitswesen vor – einem von mehr als 20 Wirtschaftsbereichen, um die sich die Institution kümmert.

Knapp 470 Anfragen und Beschwerden aus dem Bereich Gesundheit gingen 2017 bei der im hessischen Bad Homburg angesiedelten Wettbewerbszentrale ein. Dabei geht es insbesondere um Werbe- und Marketingmaßnahmen von Apothekern, Ärzten, Krankenkassen und der Pharmaindustrie. 2018 hat die Wettbewerbszentrale bislang 195 Fälle in diesem Bereich bearbeitet. Im ersten Halbjahr 2017 waren mit 203 Fällen etwa gleich viele. Einen Extra-Bereich bilden die Gesundheitshandwerke und Medizinprodukte. Darunter fallen beispielsweise Augenoptiker. Hier summierten sich die Anfragen und Beschwerden 2017 auf knapp 400; 2018 sind es bislang 208.

Musterverfahren sollen für Rechtssicherheit sorgen

Rund 56 Prozent der im vergangenen Jahr im Gesundheitsbereich geprüften Werbemaßnahmen bezogen sich auf digitale Werbekanäle, zum Beispiel Homepages, Onlineshops, Apps oder Plattformen. Ziel der Wettbewerbszentrale ist, zu den hier auftretenden Wettbewerbsfragen Grundsatzentscheidungen in Musterverfahren herbeizuführen.

So läuft etwa ein Musterprozess, in dem es um die ärztliche Fernbehandlung geht: Die Wettbewerbszentrale klagt gegen das Versicherungsunternehmen Ottonova, das über eine App den „digitalen Arztbesuch“ für seine Versicherten anbietet. Beworben wird nicht nur die Diagnose und Therapieempfehlung, sondern auch die Krankschreibung per App. Die ärztlichen Leistungen selbst werden von Ärzten in der Schweiz erbracht. Obwohl die Zeichen derzeit auf Lockerung des Fernbehandlungsverbots stehen, geht die Wettbewerbszentrale gegen diese Werbung vor. Christiane Köber, Mitglied der Geschäftsführung der Wettbewerbszentrale und zuständig für den Gesundheitsbereich, erläutert warum: „Auf innovative Geschäftsmodelle scheint die eine oder andere Vorschrift nicht richtig zu passen. Wie so oft hinkt die Rechtsentwicklung der Lebenswirklichkeit hinterher. Unternehmer aus der Gesundheitsbranche brauchen aber mehr Rechtssicherheit. Und dazu wollen wir mit Musterprozessen beitragen“.

Damit ist gemeint: Auch wenn die Ärzte nun ihre Berufsordnungen ändern und das Fernbehandlungsverbot zulassen, gibt es weiterhin Gesetze, die auf die Fernbehandlung Bezug nehmen. Sie können nur durch den Gesetzgeber geändert werden. So besagt beispielsweise § 9 Heilmittelwerbegesetz klipp und klar: „Unzulässig ist eine Werbung für die Erkennung oder Behandlung von Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhaften Beschwerden, die nicht auf eigener Wahrnehmung an dem zu behandelnden Menschen oder Tier beruht (Fernbehandlung)“.

Wie die Gerichte jetzt mit solchen Rechtsvorschriften umgehen, wird sich zeigen. Im Verfahren gegen Ottonova ist zwar schon ein Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt, allerdings erst auf den 8. Januar 2019.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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