Politikerstimmen zum Weltnichtrauchertag

Tabak-Werbeverbot: Union zögert, FDP will gar nicht

Berlin - 31.05.2018, 12:10 Uhr

DAZ.online hat anlässlich des Weltnichtrauchertages bei den Bundestagsfraktionen nachgefragt, ob ein Tabak-Werbeverbot aus ihrer Sicht Sinn machen würde. (Foto: Imago)

DAZ.online hat anlässlich des Weltnichtrauchertages bei den Bundestagsfraktionen nachgefragt, ob ein Tabak-Werbeverbot aus ihrer Sicht Sinn machen würde. (Foto: Imago)


Die Grünen-Bundestagsfraktion wird in der kommenden Woche einen Gesetzentwurf in den Bundestag einbringen, nach dem Tabakwerbung auf Plakaten, Litfasssäulen und in Kinos sowie die Abgabe von Gratismustern untersagt werden sollen. DAZ.online hat anlässlich des Weltnichtrauchertages auch bei den anderen Bundestagfraktionen nachgefragt, wie sie zu dem Vorschlag der Grünen stehen. Es zeigt sich: Nur die Union und die FDP zögern.

Warum die Grünen das Tabak-Werbeverbot fordern, liegt auf der Hand: Laut dem aktuellen Drogen- und Suchtbericht gibt die Zigarettenbranche jährlich etwa 200 Millionen Euro für Werbung aus. Nach Angaben des deutschen Zigarettenverbandes erwirtschaftete 2016 die Tabakindustrie 20,5 Milliarden Euro. Demgegenüber steht nach Schätzungen des deutschen Krebsforschungszentrums ein gesundheitswirtschaftlicher Schaden von rund 80 Milliarden Euro. „Die Tabaklobby hat in Deutschland offensichtlich einen besonders großen Einfluss. In allen anderen Ländern in der EU ist das Verbot der Tabakaußenwerbung bereits umgesetzt“, erklärt die Grünen-Gesundheitspolitikerin Dr. Kirsten Kappert-Gonther gegenüber DAZ.online.

Und auch bei anderen Fraktionen ist die Meinung zum Verbot klar:  Niema Movassat, drogenpolitischer Sprecher der Linksfraktion, fordert ebenfalls ein sofortiges und vollumfängliches Werbeverbot von Tabakprodukten. Für den Juristen ist der derzeitige Zustand völkerrechtswidrig: „Mit der derzeitigen Lage befindet sich die Bundesrepublik in einem völkerrechtswidrigen Zustand, da der Bundestag die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ausgehende Tabakrahmenkonvention ratifiziert hat. Damit hatte sich Deutschland zu einem Werbeverbot bis spätestens 2010 verpflichtet.“  Die Linksfraktion plant, in die Debatte am 7. Juni einen eigenen Antrag auf Verbot der Tabakaußenwerbung einzubringen, um mehr Druck auf die Bundesregierung auszuüben.

Dass in Deutschland beim Werbeverbot das EU-Schlusslicht bildet, betrachtet der Linken-Bundestagsabgeordnete als „peinlich“ und Ergebnis erfolgreicher Lobbypolitik: „Die Tabakindustrie umgarnt die Politik seit Jahren erfolgreich. Zwischen 2010 und 2015 hat allein der Tabakkonzern Philip Morris 544.000 Euro für Parteievents von CDU, CSU, SPD und FDP sowie deren parteinahe Organisationen gezahlt. Diese Parteien setzen die Gesundheit der Menschen, Kinder und Jugendlichen, die mit solcher Werbung etwa auf dem Weg zur Schule konfrontiert sind, aufs Spiel.“



Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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