AKNR unterliegt im Rechtsstreit gegen Betriebskrankenkasse

DocMorris-Werbung als Presseprivileg

Berlin - 03.05.2018, 17:45 Uhr

Das Oberlandesgericht München hat sich mit einem Werbeflyer von DocMorris aus dem Jahr 2014 befasst. (Foto: Imago)

Das Oberlandesgericht München hat sich mit einem Werbeflyer von DocMorris aus dem Jahr 2014 befasst. (Foto: Imago)


Die Siemens Betriebskrankenkasse muss nun doch nicht für einen DocMorris-Flyer, der im Jahr 2014 ihrer Mitgliederzeitschrift beilag, juristisch gerade stehen. Die Kasse könne sich nämlich auf das „Presseprivileg“ berufen, entschied das Oberlandesgericht München. Danach hafte sie nur, wenn eine Anzeige ganz offensichtlich gegen das Gesetz verstoße – im Fall des DocMorris-Flyers sei dies nicht der Fall gewesen.

Das Landgericht München hatte im Mai vergangenen Jahres in einem Rechtsstreit zwischen der Apothekerkammer Nordrhein (AKNR) gegen die Siemens Betriebskrankenkasse (SBK) zu entscheiden. In dem Verfahren ging es um einen Werbeflyer der niederländischen Versandapotheke DocMorris, den die SBK im Oktober 2014 ihrer Mitgliederzeitschrift beigelegt hatte. Darauf war zu lesen: „Testen Sie uns jetzt – Rezept einsenden – 10 Euro Gutschein sichern“. Der Gutschein konnte bei der nächsten Bestellung rezeptfreier Produkte ab 40 Euro Bestellwert eingelöst werden. Die AKNR machte einen Unterlassungsanspruch unter anderem wegen Verstoßes gegen das Heilmittelwerberecht geltend.

Das Landgericht gab der klagenden Apothekerkammer Recht: Es sah in der Werbung einen Verstoß gegen das Verbot von Werbegaben in § 7 Abs. 1 Satz 1 Heilmittelwerbegesetz (HWG). Diese Norm sei auch nach der am 16. Oktober 2016 ergangenen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zum Arzneimittelpreisrecht anwendbar – jedenfalls soweit sie nicht an die Verletzung des Preisrechts anknüpft. Dies ergebe sich aus den unterschiedlichen Schutzzwecken des Heilmittelwerbe- und des Arzneimittelpreisrechts. Ersteres soll den Verbraucher schützen, Heilmittel zu viel oder falsch anzuwenden, weil er – etwa durch Zugaben – unsachlich beeinflusst wird. Die Preisbindung soll dagegen die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sicherstellen.

Erste Instanz: SBK hätte Verstoß erkennen müssen

Das Landgericht München führte auch aus, dass sich die SBK sich nicht auf ein Haftungsprivileg als Presseunternehmen berufen könne. Zwar gebe es bei Anzeigen in Presserzeugnissen keine umfassende Prüfungspflicht. Vorliegend sei aber zu berücksichtigen, dass es sich bei der SBK um eine Körperschaft öffentlichen Rechts handelt – und als solche hätte sie auch bei nur „angemessener” Prüfung erkennen müssen, dass hier ein Wettbewerbsverstoß vorlag. 

Genau das sahen die Richter am Oberlandesgericht (OLG) München nun in zweiter Instanz anders. Zwar gehen auch sie davon aus, dass die Verbotsvorschrift des § 7 HWG greift. Im Unterschied zu ihren Kollegen am Landgericht meinen sie jedoch, dass hier eine Beurteilung nach der Ausnahmeregelung für Zuwendungen, die in Form eines bestimmten Geldbetrages gewährt werden (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 a) HWG), erfolgen müsste. Die Werbung wäre demnach nur dann unzulässig, wenn sie entgegen den Preisvorschriften des Arzneimittelgesetzes erfolgt.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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