Handelsstreit

Trump will chinesische Arzneimittel mit Milliarden-Strafzöllen belegen

Berlin - 04.04.2018, 11:20 Uhr

(Foto: Imago)

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Der Handelsstreit zwischen den USA und China erreicht nun auch die Arzneimittelbranche: Der Handelsbeauftragte der US-Regierung hat am gestrigen Dienstag eine Liste von etwa 1300 chinesischen Importgütern veröffentlicht, auf die Zölle von etwa 50 Milliarden Euro erhoben werden sollen. Darunter sind auch viele lebenswichtige Arzneimittel, wie etwa Antibiotika und Insuline.

Die US-Regierung macht Ernst: Am gestrigen Dienstag hat das sogenannte „Office of the United States Trade Representative“, also der Handelsbeauftragte der US-Regierung, eine Pressemitteilung veröffentlicht, die in China gar nicht gut ankommen dürfte. Dort wird von einer „Antwort auf unfaire Handelspraktiken Chinas“ gesprochen. Die USA seien daher dazu „gezwungen“, eine Liste von Importgütern aus China zu veröffentlichen, auf die es künftig besondere Zölle geben soll. Insgesamt sollen die neuen Zölle „50 Milliarden US-Dollar wert sein“.

Wie genau die US-Regierung auf die in der Liste aufgezählten Güter gekommen ist, wird nicht verraten. Die Liste basiere auf einer „extensiven Wirtschaftsanalyse mehrerer Behörden“. Es gehe um Produkte, die von Chinas Industrieplänen profitierten. Die Liste werde nun weiter abgestimmt, es werde Anhörungen dazu geben. Nach etwa einem Monat werde eine finale Version veröffentlicht.

L-Thyroxin und Impfstoffe

Auch die US-Arzneimittelversorgung würde vor grundlegenden Veränderungen stehen, wenn die Liste in der derzeitigen Form umgesetzt würde. Denn auf mehreren Seiten schlägt die Behörde Strafzölle für verschiedene Fertigarzneimittel, einzelne Wirkstoffe oder auch Medizinprodukte und Hilfsmittel vor. Insbesondere mehrere Impfstoffe für Menschen und Tiere stechen hier hervor, aber auch lebenswichtige Arzneimittel wie L-Thyroxin. Bei L-Thyroxin ist ausdrücklich der Wirkstoff betroffen: Alle Produkte, die diesen Wirkstoff enthalten, sollen künftig extra verzollt werden.

Besonders frappierend ist auch, dass alle aus China importierten Antibiotika (egal welcher Wirkstoff) mit Strafzöllen belegt werden sollen. Und auch für Krankenhäuser und Arztpraxen wichtige Untersuchungs-Hilfsmittel wie etwa Ultraschallgele oder Malaria-Test-Kits stehen auf der Liste. Eine Umstellung dürfte es auch für Diabetiker geben: Denn auch alle Insulin-haltigen Arzneimittel sollen extra verzollt werden. Gleiches gilt für alle Arzneimittel, die Alkaloide oder Derivate davon enthalten. Das beträfe alle Opioide. Auch das Herzmedikament und Lokalanästhetikum Lidocain steht auf der Liste. Die US-Amerikaner sind bekannt für ihren ausgeprägten Konsum von Vitaminpräparaten. Doch Vitaminpräparate aus China könnte es bald schon nicht mehr – oder nur noch nach Bezahlung eines Strafzolles – geben.

Viele Generikaunternehmen lassen in China produzieren

Hört man sich in der Arzneimittelindustrie nach den möglichen Auswirkungen solcher Strafzölle um, wird schnell klar: In vielen Versorgungsbereichen der USA könnte es zu heftigen Umbrüchen führen. Denn insbesondere im Generikamarkt lassen viele Unternehmen ihre Arzneimittel inzwischen in Indien und China produzieren. Die US-Industrie müsste also ihre Produktion in vielen Bereichen wieder neu ankurbeln oder die Wirkstoffe aus anderen Märkten einkaufen.

Und: Der Handelsstreit zwischen den beiden Wirtschaftsmächten würde mit der Umsetzung dieser langen Liste noch komplizierter werden. Erst am vergangenen Montag hatte China Strafzölle auf mehrere US-Produkte erhoben – im Wert von etwa 3 Milliarden US-Dollar. Zuvor hatte US-Präsident Donald Trump erstmals Strafzölle auf Stahl und Aluminium erlassen.


Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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