Berichte über Enzephalitis und Enzephalopathie

Biogen verzichtet auf Zinbryta-Zulassung

Stuttgart - 05.03.2018, 12:15 Uhr

Nach Meldungen zu schweren Nebenwirkungen hat sich Biogen entschlossen, auf die Zulassung von Zinbryta zu verzichten (Foto: Biogen)

Nach Meldungen zu schweren Nebenwirkungen hat sich Biogen entschlossen, auf die Zulassung von Zinbryta zu verzichten (Foto: Biogen)


Aufgrund von Meldungen über Fälle von Enzephalitis und Enzephalopathie, die nach der Gabe von Zinbryta® (Daclizumab) beobachtet wurden, verzichtet Hersteller Biogen auf die Zulassung des Arzneimittels. Das teilen das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) und die AMK mit. Bereits 2017 wurde die Anwendung des MS-Antikörpers wegen lebensbedrohlicher Fälle von Leberentzündungen nach einem Bewertungsverfahren der EMA eingeschränkt.

Hersteller Biogen verzichtet eigenverantwortlich auf die Zulassung seines Arzneimittels Zinbryta® (Daclizumab) in einer Fertigspritze oder in einem Fertigpen. Das teilen das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) und die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) mit. Daclizumab ist ein monoklonaler Antikörper, der EU-weit bei remittierend schubförmigen Multiplen Sklerose (RRMS) zugelassen ist.

Grund für den Verzicht der Zulassung sind Meldungen über eine immunvermittelte Enzephalitis oder Enzephalopathie, die bei acht MS-Patienten nach der Behandlung mit Zinbryta® beobachtet wurden. Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) und das PEI empfehlen Ärzten, keine neuen Patienten mehr auf Daclizumab einzustellen. Bereits behandelte Patienten sollen nach Absetzen aufgrund der langen Halbwertszeit weiterhin entsprechend der Fachinformation nachbeobachtet werden. Die Patienten selbst sollen sich mit Fragen an den behandelnden Arzt wenden. Apotheker werden gebeten, alle Patienten und Institutionen, an die Zinbryta® abgegeben wurde oder werden soll, so rasch wie möglich zu kontaktieren und angemessen zu informieren. Wie das PEI weiter mitteilt, will Biogen alle klinischen Studien zu Zinbryta® stoppen und den Rückruf der Chargen einleiten. Die AMK wird dann Informationen zu den Rückrufmodalitäten bereitstellen.

Bereits im Juni 2017 hatte die europäische Arzneimittelbehörde ein Pharmakovigilanz-Verfahren zu Zinbryta® eingeleitet, nachdem eine Patientin aus Deutschland nach Daclizumab-Gabe an akutem Leberversagen verstorben war. Im November des vergangenen Jahres folgte dann ein Roter-Hand-Brief, der die Anwendung von Daclizumab einschränkte und die Leberwertkontrollen während der Therapie verschärfte.

Wie wirkt Daclizumab?

Daclizumab ist ein humanisierter Antikörper, der an den CD25-Rezeptor auf zirkulierenden T-Zellen bindet. Daclizumab verhindert auf diese Weise die Bindung von Interleukin-2 an CD25. Die Sättigung der Zielrezeptoren CD25 mit Daclizumab ist schnell und anhaltend. In der Konsequenz steigt durch nicht gebundenes IL-2 und durch diese Intervention in den IL-2-Signalweg durch Daclizumab die Serumkonzentration von IL-2 um das doppelte. Dies trägt zur Expansion natürlicher Killerzellen bei (CD56bright NK-Zellen), deren Serumkonzentration rund um das Fünffache des Ausgangswertes steigt. CD56bright-NK-Zellen reduzieren nachweislich die Aktivität aktivierter T-Zellen.


Dr. Mathias Schneider, Apotheker, Volontär DAZ
redaktion@daz.online


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