Arzneimittel und Medizinprodukte

VdPP lehnt Pläne zur EU-Nutzenbewertung ab

Stuttgart - 06.02.2018, 17:45 Uhr

Die EU-Kommission hat in der vergangenen Woche einen Verordnungsentwurf für eine gemeinsame Nutzenbewertung vorgelegt. Der VdPP kritisiert das Vorhaben. (Foto: Jorisvo / stock.adobe.com)

Die EU-Kommission hat in der vergangenen Woche einen Verordnungsentwurf für eine gemeinsame Nutzenbewertung vorgelegt. Der VdPP kritisiert das Vorhaben. (Foto: Jorisvo / stock.adobe.com)


Die EU-Kommission will die Nutzenbewertung von Arzneimitteln und Medizinprodukten vereinheitlichen. Die pharmazeutischen Hersteller begrüßten den Vorschlag, die Kassen waren dagegen. Auch der Verein demokratischer Pharmazeutinnen und Pharmazeuten (VdPP) kritisiert die EU-Pläne in der vorgelegten Version. Der Verein befürchtet einen Rückschritt in Bezug auf Qualität, Unabhängigkeit und Transparenz der Nutzenbewertung, wie aus einer aktuellen Mitteilung hervorgeht.

Am vergangenen Mittwoch unterbreitete die EU-Kommission den Vorschlag, dass in Zukunft alle Länder der EU bei der Nutzenbewertung zusammenarbeiten. In einem Health Technology Assessment (HTA) genannten Verfahren sollen alle neuen Arzneimittel und „bestimmte“ Medizinprodukte einheitlich auf EU-Ebene analysiert werden. Das Verfahren wurde in der Mitteilung der Kommission nicht näher beschrieben, es ging jedoch aus der Meldung hervor, dass die EU-Länder bei der Nutzenbewertung auf mehreren Gebieten zusammenarbeiten werden. Der Richtlinienentwurf soll nun vom EU-Parlament und vom EU-Ministerrat beraten werden.

Die pharmazeutischen Hersteller sprachen sich für den Vorschlag aus und schlossen sich der Argumentation von EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis an. Eine einheitliche Nutzenbewertung ermögliche Patienten einen schnellen Zugang zu innovativen Arzneimitteln, so die Hersteller.
Die Krankenkassen übten hingegen heftige Kritik am Vorhaben. Der Plan der Kommission gefährde nach Ansicht der Kassen den Patientenschutz. Ohne die in Deutschland bewährten Verfahren kämen neue Arzneimittel und Medizinprodukte nicht nur schnell, sondern auch ohne differenzierte Bewertung auf den Markt.

„Das IQWiG ist international wegweisend“

Der Verein demokratischer Pharmazeutinnen und Pharmazeuten (VdPP) befürchtet, dass die methodische Qualität von Arzneimittelbewertungen durch eine einheitliche Nutzenbewertung sinken wird, wie er in einer offiziellen Pressemeldung mitteilt. Der Verein hebt dabei die Arbeit des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit (IQWiG) hervor, dass derzeit in Deutschland die Nutzenbewertung vornimmt. „Die Arbeit des IQWiG ist auch im internationalen Maßstab wegweisend“, sagt Viktoria Mühlbauer vom Vorstand des VdPP.

Das IQWiG ist per Gesetz verpflichtet, die Standards der evidenzbasierten Medizin anzuwenden. Außerdem werden nur solche Studien bei der Bewertung berücksichtigt, die die Wirkung auf den Patienten nachweisen. Beides sei in den geplanten Regelungen der EU-Kommission nicht festgelegt, weshalb der VdPP befürchtet, dass in Zukunft auch Studien in die Bewertung miteinfließen, die lediglich Laborparameter messen und keine Aussage zum Krankheitsstatus oder der Lebensqualität des Patienten treffen. Nach Ansicht des Vereins könnte das dazu führen, dass die Anforderungen an die Arzneimittelzulassung reduziert würden und in der Folge unzureichend geprüfte Arzneimittel die Zulassung erhielten.



Dr. Mathias Schneider, Apotheker, Volontär DAZ
redaktion@daz.online


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