Norddeutscher Zyto-Workshop (NZW)

Instrumentalisieren die Kassen den Zyto-Skandal?

Hamburg - 29.01.2018, 14:45 Uhr

„Es gibt keine mächtigere Lobby als die der Krankenkasse“ - auf dem NZW-Kongress wurde die Frage diskutiert, ob die Kassen den Zyto-Skandal politisch ausnutzen. (Foto: Tawesit / stock.adobe.com)

„Es gibt keine mächtigere Lobby als die der Krankenkasse“ - auf dem NZW-Kongress wurde die Frage diskutiert, ob die Kassen den Zyto-Skandal politisch ausnutzen. (Foto: Tawesit / stock.adobe.com)


Beim berufspolitischen Forum auf dem Norddeutschen Zyto-Workshop-Kongress (NZW) ging es am vergangenen Wochenende auch um den Bottroper Zyto-Skandal. Die Diskutanten erörterten insbesondere die Frage, welche Rollen die Krankenkassen und die Politik in der Diskussion rund um die Zyto-Versorgung spielen. Dabei stand die Frage im Raum: Nutzen die Kassen den Zyto-Skandal dafür aus, ihre eigenen politischen Interessen durchzusetzen?

„Ethische Aspekte bei der Patientenversorgung“ – das war Thema des berufspolitischen Forums beim Norddeutschen Zyto-Workshop (NZW) am vergangenen Wochenende in Hamburg. Der Anlass für die Ethik-Debatte ist aktuell und medial prominent: Ein Apotheker aus Bottrop soll in unermesslich großem Umfang fehlerhafte Zytostatika-Zubereitungen hergestellt haben. Der angeklagte Apotheker sitzt seit Monaten in Untersuchungshaft, mittlerweile hat das Strafverfahren begonnen.

Der auf Apotheken- und Krankenhausrecht spezialisierte Jurist Dr. Ulrich Grau moderierte die Ethik-Diskussion in Hamburg. Außerdem waren mit von der Partie: Der Medizinethiker Prof. Giovanni Mayo, zwei von Tumorerkrankungen betroffene Patientenvertreterinnen, der Vorsitzenden der DGOP, Klaus Meier, und Apotheker Michael Marxen.

„Bottrop hat zu viel Misstrauen geführt“, sagte Anita Waldmann, eine der beiden Patientenvertreterinnen. Ihr Sohn starb im Alter von 27 Jahren an akuter Leukämie. Sie verurteilt jedoch aufs Strengste die Extrapolation dieses Einzelfalls auf die bundesweite Apothekerwelt: „Einer steht nicht für alle."

Die Diskussionsteilnehmer beim NZW, v.l.n.r.: Dr. Ulrich Grau, Anita Waldmann, Prof. Giovanni Mayo, Evelyn Kraßmann, Klaus Meier

Selbst von einer Tumorerkrankung betroffen, sieht Evelyn Kraßmann das ähnlich: „Man darf diesen Einzelfall nicht pauschal verurteilen“, warnte sie. Kraßmann hatte Magenkrebs, sie war Gesicht der Imagekampagne der ABDA „Meine Gesundheitsgeschichte“. Als Patient stehe man vor seiner Krebserkrankung, die per se Ängste und Unsicherheiten schüre, und der Fall Bottrop verunsichere Tumorpatienten zusätzlich. 

Ihr habe der direkte Kontakt zu ihrer Apotheke geholfen, dadurch wisse sie mittlerweile, was der Apotheker bei der Zytostatika-Herstellung alles leiste. Ihre positive Erfahrung und diese Transparenz wünscht sich die Betroffene auch für andere Patienten: „Dann weiß man als Patient, dass Kontrollen in den Apotheken bereits umfangreich stattfinden."

Mehr Sicherheit durch mehr Kontrollen?

Könnten zusätzliche Kontrollen – auch unangekündigte – die Herstellungs-Sicherheit bei Zytostatika erhöhen und dabei helfen, „schwarze Schafe“ schneller zu entlarven? Diese Forderungen werden seitens der Politik und Krankenkassen laut. Evelyn Kraßmann ist skeptisch. Die Patientin erachtet weitere Kontrollen für nicht zielführend: „Ein Mehr an Verwaltungsarbeit geht nur zu Lasten der Patienten und der Apotheker“.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Lobby

von Bernd Küsgens am 29.01.2018 um 19:21 Uhr

"Eine Lobby, die selbst Bottrop noch als positives Argument für Ausschreibungen instrumentalisiert,...... diese Lobby kann nicht behaupten, Patienteninteressen zu vertreten“.
Wo sind die Politiker, die sich und uns,dieses Verhalten gefallen lassen

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