Gewerkschaft zum HonorarGutachten

Adexa schreibt an das „liebe 2HM-Team”

Berlin - 05.12.2017, 10:00 Uhr

Zahlreiche Fragen hat die Apothekengewerkschaft Adexa an die Bild-Zeitung, 2HM und das BMWi gestellt. (Foto: ALDECAstudio / stock.adobe.com)

Zahlreiche Fragen hat die Apothekengewerkschaft Adexa an die Bild-Zeitung, 2HM und das BMWi gestellt. (Foto: ALDECAstudio / stock.adobe.com)


Die halbgaren Info-Häppchen, die dieser Tage aus dem BMWi-Gutachten zum Apothekenhonorar durch die Medien sickern, sorgen bei all jenen, die tagtäglich in der Apotheke stehen, für höchste Verwunderung. Die Apotheker verdienen Milliarden zu viel? Dass sich die Apothekenleiter dermaßen die Taschen vollstopfen, kann selbst die Apothekengewerkschaft Adexa nicht glauben. 

In den vergangenen Tagen sorgte das vom Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) bei der Consulting-Agentur 2hm in Auftrag gegebene Gutachten zum Apothekenhonorar für Schlagzeilen in den Publikumsmedien. Nach der „Bild” waren es verschiedene Zeitungen der DuMont-Mediengruppe (z.B. Frankfurter Rundschau, Berliner Zeitung), die von dem zurückgehaltenen Gutachten berichteten, demzufolge Apotheker viel zu viel verdienten. Bislang sind die Zahlen und Berechnungen, die kursieren, für Apotheker schwerlich bis gar nicht nachvollziehbar. Eine Botschaft ist jedenfalls: Zahlreiche Pharmazeuten, die Apotheken in Ballungszentren oder Zyto-Apotheken betreiben, haben sehr viel höhere Einkommen als die zum Vergleich herangezogenen Krankenhausapotheker.

Auch die Apothekengewerkschaft Adexa kann sich nun nicht mehr halten und hat einen offenen Brief geschrieben. Und zwar an die „liebe BILD-Zeitung", das „liebe 2hm-Team” und das „liebe Wirtschaftsministerium”. An all diese richtet Adexa eine ganze Reihe Fragen. Lesen Sie selbst:

„Liebe BILD-Zeitung, liebes 2hm-Team, liebes Wirtschaftsministerium,

habt Ihr eigentlich mal recherchiert, was Angestellte in öffentlichen Apotheken – also PTA, PKA und angestellte ApothekerInnen – nach Tarifvertrag verdienen? Und habt Ihr das auch mal mit den Verdiensten von vergleichbaren Berufen außerhalb des Gesundheitsbereiches verglichen – z. B. anderen Akademikern oder auch den Angestellten in einem Drogeriemarkt?

Und glaubt Ihr ernsthaft, die Gehälter wären trotz der anspruchsvollen Arbeit so niedrig, weil sich unsere Chefs heimlich die Taschen vollstopfen, die sie dann in Steuerparadiesen wieder ausleeren?

Seid Ihr wirklich so naiv?

Denn das glauben nicht einmal wir als Gewerkschaft. Obwohl wir uns gerne und oft mit den Arbeitgebern über das Gehaltsniveau streiten.

Aber wir kennen die Lage der Apotheken aus eigener Anschauung. Offenbar besser als Ihr nach Eurem Gutachten, liebes 2HM-Team.

Ja, es gibt natürlich auch übertarifliche Bezahlung. Aber nicht flächendeckend. Das liegt daran, dass sich nicht alle Apotheken höhere Gehälter leisten können. Zum Beispiel die kleineren in den Stadtrandlagen und auf dem Lande, da, wo sie besonders gebraucht werden.

Liebes Wirtschaftsministerium, ist Dir eigentlich klar, was es für unsere Arbeitsplätze bedeutet, wenn das Honorar tatsächlich um vermeintlich zu viel gezahlte 1-2 Mrd. Euro gesenkt würde?

Dass zu den Apotheken auch Arbeitnehmer und Arbeitsplätze gehören, sollte doch zumindest einer geschäftsführenden Ministerin der SPD bekannt sein. Sind wir in der falschen Branche? Oder haben wir mehrheitlich das falsche Geschlecht? Bekämen wir mehr Aufmerksamkeit, wenn wir (männliche) Angestellte von Autozulieferern wären?

Ein Gutachten, das die Realität in der Apotheke und ihrer Arbeitsverhältnisse nicht widerspiegelt, darf nicht Grundlage für die künftige Honorierung der Apothekenteams sein. Dass das Gutachten noch nicht veröffentlich ist, lässt einen Funken Hoffnung zu, dass hier nochmal Experten nachrechnen.

Im Übrigen: Es wäre schön, wenn wir es – als für diesen Bereich zuständige Gewerkschaft – vor der Veröffentlichung auch zur Stellungnahme einsehen könnten!

Viele Grüße

ADEXA – Die Apothekengewerkschaft”


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3 Kommentare

Minimierung des Apothekenpersonales

von Barth, Christiane am 06.12.2017 um 21:54 Uhr

Bei einer Überprüfung von Arzneimittelvorräten in einer Außenwohngruppe eines Behindertenwerkes wurden mir die neuen bundesweit verwendeten Medikationspläne gezeigt. Die Leitung erklärte dazu, dass Sie am Tag zuvor einen Besprechungstermin mit dem Arzt gehabt hätten. Dieser hätte den Vorteil der Pläne erklärt: "Das Rezept könne direkt vom Arzt in die Apotheke gesendet werden und diese bräuchte nicht mehr so viel Personal für die Überprüfung!!!"
In diesem Augenblick wurde mir deutlich, warum jeder Apotheke ca. 83000,00 Euro Zuviel vorgerechnet wird. Das BMWi berechnet zukünftige Ziele. Die Apotheke wird dann zur digitalisierten Durchgangsstation angeheftet an einige wenige MVZ's. Die inhabergeführte unabhängige! Apotheke gehört dann der Vergangenheit an. Und Krankenhaus einschließlich angehängter Apotheke sind dann nur noch Marionetten der Pharmazeutischen Industrie. PTA's werden dann in Drogeriemärkten gebraucht, die jetzt schon Stellen besetzen, um ihr Arzneimittelsortiment ausbauen zu können.(so die Aussage eines Pharmareferenten).
Da die Apotheker glauben nicht streiken zu dürfen und ich unserer Standesvertretung nicht zutraue , dass mehr als ein Streik in der Mittagszeit durch die Nachtdienstluke zu Stande kommt, schlage ich Ihnen vor, alle PTA's und PKA's auf einen Generalstreik vor zubereiten, um bei Notwendigkeit
sofort reagieren zu können. Wenn plötzlich die Chef's selber bestellen müssen, nebenbei Mengen an Publikum zu bewältigen haben und eben schnell auch eine Salbe gerührt werden muss, dürfte der Tag zu kurz sein, um jedem gerecht zu werden. Es sollte so aufgezogen werden, dass unsere Politiker sehen, dass Arbeitsalltag in der Apotheke mehr ist als bloßes Schubladen-ziehen.
Die SPD, die Das BWMi regiert, hatte schon unter Ulla Schmid Pläne für MVZ's in der Schublade. Damals war es politisch nicht geschickt darüber zu sprechen. Inzwischen sind sie stillschweigend installiert worden. Pharmazeuten haben darin keinen Platz. Dieses Mosaik erklärt auch, warum man bei der Planung der Mediktaionspläne die Apotheker nicht dabei haben wollte. Sie sind dann die Nächsten, die aussortiert werden, Dank Digitaliseirung.
Der damit verbundene Kaspar-Hauser-Effekt wird wie so viele andere Warnsignale unter den Tisch gekehrt, weil man verdienen will, "koste es was es wolle".
Mit freundlichen Grüßen
Christiane Barth

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Adexa Brief

von Dr.Diefenbach am 06.12.2017 um 8:16 Uhr

Eine sehr gute Aktion!Das sollte vielen zu denken geben und dieser Brief verdient massive Unterstützung

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Danke

von Christiane Patzelt am 05.12.2017 um 12:41 Uhr

Danke an die ADEXA, dass es dieses Schreiben gibt!! Ich finde das super, ich wünsche mir mehr davon!! Mehr PR`TAs in der Öffentlichkeit!!
Aber bis hier "Danke"!!!

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