Schweiz

Zur Rose: Exklusivvertrag gegen die freie Arzt- und Apothekenwahl

Berlin - 29.09.2017, 12:45 Uhr

In der Schweiz verblüffen die DocMorris-Mutter Zur Rose und der Versicherungskonzern KPT mit einem neuen Versorgungsmodell. (Foto: privat)

In der Schweiz verblüffen die DocMorris-Mutter Zur Rose und der Versicherungskonzern KPT mit einem neuen Versorgungsmodell. (Foto: privat)


Dass es in der Schweiz zwischen Versandapotheken und Krankenversicherern Direktverträge mit Preisnachlässen gibt, ist schon länger bekannt. Die DocMorris-Mutter Zur Rose hat nun aber einen weitergehenden Vertrag abgeschlossen: Versicherte der Privatversicherung KPT können Rabatte von bis zu 20 Prozent erhalten, wenn sie sich im Krankheitsfall dazu verpflichten, vor dem Arztbesuch einen Video-Berater zu kontaktieren und Arzneimittel exklusiv über Zur Rose beziehen – oder vom Arzt.

In Deutschland wird seit Monaten darüber spekuliert, welche Auswirkungen der Arzneimittel-Versandhandel auf die Versorgungstruktur hat und im Falle eines Wegfalls der Rx-Preisbindung haben könnte. Für die deutschen Apotheker wäre das größte Schreckensszenario die Steuerung von Versicherten hin zu den Versandapotheken. Dass sich die Krankenkassen hierzulande solche lenkenden Selektivverträge wünschen, ist kein Geheimnis.

Welche Blüten solche Abmachungen zwischen Versandhändlern und Krankenversicherern treiben können, zeigt ein neuer Direktvertrag zwischen dem DocMorris-Mutterkonzern Zur Rose und dem privaten Krankenversicherer KPT. Bei dem Versicherungskonzern sind derzeit mehr als 400.000 Schweizer eingeschrieben. Das Unternehmen teilte gemeinsam mit Zur Rose am heutigen Freitag mit, dass die beiden Konzerne ein „innovatives Modell für die Grundversicherung“ vereinbart hätten.

Und darum geht es: Die KPT-Versicherten erhalten für ihre Bestellungen und Rezepte Nachlässe von bis zu 20 Prozent. Darüber können sich die Patienten aber nur freuen, wenn sie laut Zur Rose „vor der Inanspruchnahme medizinischer Leistungen einen telemedizinischen Beratungsdienst“ kontaktieren. Nur in Ausnahmefällen dürfen die in das Modell eingeschriebenen Patienten noch einen Arzt ihrer Wahl zuerst kontaktieren. Dies sind laut KPT Notfälle, gynäkologische Untersuchungen, geburtshilfliche Betreuung sowie Konsultationen beim Augen- oder Zahnarzt. Und damit nicht genug. Die ausgestellten Rezepte können nicht etwa in einer Apotheke der freien Wahl eingelöst werden. Nein, diese soll entweder der Arzt direkt selbst dispensieren – oder die Versandapotheke Zur Rose. Ziel dieser Vereinbarung sind eigenen Angaben zufolge „Kosteneinsparungen im Medikamentenbereich“.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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1 Kommentar

Klar

von Karl Friedrich Müller am 29.09.2017 um 14:16 Uhr

Da will DocMorris auch in Deutschland hin. Expansion, koste es was es wolle. Auch die Existenz der niedergelassenen Apotheken.

Und unsere ABDA will sich nicht streiten. Was für ein lahmer Haufen, der immer noch nicht kapiert hat, mit wem er es zu tun hat (und alle über den Tisch zieht)

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