Ocrelizumab bei Multipler Sklerose

Schweiz lässt MS-Antikörper Ocrevus zu

Basel / Stuttgart - 28.09.2017, 13:45 Uhr

Ocrelizumab: Therapeutischer Druchbruch vor allem für Patienten mit primär progredienter MS. (Foto: ralwel / stock.adobe)

Ocrelizumab: Therapeutischer Druchbruch vor allem für Patienten mit primär progredienter MS. (Foto: ralwel / stock.adobe)


Swissmedic hat Ocrelizumab die Zulassung erteilt. Der CD 20-Antikörper ist das erste Arzneimittel, das gegen beide Formen der multiplen Sklerose – RRMS und PPMS – wirkt. In Deutschland warten Patienten derzeit noch auf die EMA-Zulassung und das neue MS-Arzneimittel OcrevusTM.

Wieder einmal sind die Schweizer schneller: Als erstes Land in Europa hat die Schweizer Zulassungsbehörde, Swissmedic, MS-Patienten den Zugang zu OcrevusTM ermöglicht. Der Wirkstoff in OcrevusTM ist Ocrelizumab. Der Antikörper richtet sich gegen das CD 20-Antigen auf der Oberfläche von B-Zellen, die – als Aktivatoren autoreaktiver T-Zellen – eine bedeutende Rolle in der Entstehung der multiplen Sklerose spielen. In den Vereinigten Staaten ist Ocrelizumab bereits seit März dieses Jahres verfügbar. Auch australische MS-Patienten profitieren bereits von OcrevusTM. Wie sieht es in Deutschland mit Ocrelizumab aus? DAZ.online hat bei Roche nachgefragt.

„Das EMA Prüfungsverfahren von Ocrelizumab läuft derzeit. Wir arbeiten eng mit der EMA zusammen, um die Zulassung voranzutreiben und dieses Medikament so schnell wie möglich Patienten mit RRMS und PPMS in Europa zur Verfügung zu stellen. Wir rechnen mit einer Entscheidung der EMA zur Zulassung von Ocrelizumab in der EU bis zum Ende des Jahres 2017“, sagt Dr. Nina Schwab-Hautzinger von Roche.

Das Besondere an Ocrelizumab

Es gibt zwei Formen der neurologischen Erkrankung MS: Die remittierend schubförmige (RRMS) und die primär progrediente MS (PPMS). Als erstes Arzneimittel wirkt Ocrelizumab gegen beide MS-Unterformen. Insbesondere für Patienten mit der selteneren PPMS ist die Zulassung von Ocrevus ein therapeutischer Durchbruch: PPMS gilt bis dato als nicht behandelbar. Im Gegensatz zur remittierend schubförmigen MS entwickeln sich die neurologischen Symptome bei der PPMS eher schleichend. Die PPMS beginnt meist erst in einem Alter von 40 bis 50 Jahren und trifft Männer und Frauen mit gleicher Häufigkeit. Etwa zehn bis 15 Prozent der Patienten leiden an der primär progredienten Form.

Um diesen Patienten ein potentes Arzneimittel nicht vorzuenthalten, stellt Roche Ocrelizumab PPMS-Patienten in einem Härtefallprogramm bereits seit Februar 2017 zur Verfügung. Dieses Compassionate Use Program (CUP) ermöglicht die Behandlung mit neuen und noch nicht zugelassenen Arzneimitteln unter der Voraussetzung, dass die Krankheit schwer bis lebensbedrohlich ist und es keine zufriedenstellende Behandlungsoption für die Patienten gibt. Dies trifft auf PPMS zu.

Wie stark vermindert OcrevusTM eine Behinderung durch MS?

Ocrelizumab wurde in drei großen Studien untersucht: In den Phase-III-Studien OPERA I und OPERA II reduzierte Ocrelizumab – verglichen mit Interferon Beta-1a (Rebif®) – die Schubrate um 47 Prozent bei RRMS. Die ORATORIO-Studie untersuchte das Fortschreiten der Behinderung an 732 Patienten mit primär progredienter MS. Sie erhielten entweder Ocrelizumab oder Placebo. Bei den mit dem Antikörper behandelten Patienten verminderte sich das Risiko des Fortschreitens der klinischen Behinderung signifikant um 25 Prozent.


Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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