Interview Peter Froese (Apothekerverband Schleswig-Holstein)

„Die Jamaika-Koalition funktioniert bei uns erstaunlich reibungslos“

Berlin - 27.09.2017, 10:10 Uhr

Peter Froese, Chef des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein, berichtet über seine Erfahrungen mit der Jamaika-Koalition und erklärt, was auf die Apotheker zukommen könnte. (Foto: tmb)

Peter Froese, Chef des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein, berichtet über seine Erfahrungen mit der Jamaika-Koalition und erklärt, was auf die Apotheker zukommen könnte. (Foto: tmb)


Noch ist völlig unklar, wie sich eine mögliche Jamaika-Koalition zu Apothekenthemen positionieren würde. Union, Grüne und FDP haben stark divergierende Wünsche – mindestens eine Partei wird Kompromisse machen müssen. In Schleswig-Holstein haben die Apotheker in den vergangenen drei Monaten schon Erfahrungen mit Jamaika gemacht. Wie läuft es dort zwischen dem Dreier-Bündnis und den Pharmazeuten? Erstaunlich gut, berichtet Peter Froese, Chef des Apothekerverbandes.

DAZ.online: Sehr geehrter Herr Froese, in Schleswig-Holstein haben Sie seit knapp drei Monaten erste Erfahrungen mit einer Jamaika-Koalition gemacht. Was sind das für Erfahrungen?

Froese: Die Jamaika-Koalition funktioniert bei uns in Schleswig-Holstein nach einigen Holpereien bei der Bildung erstaunlich reibungslos. Dazu muss man aber einschränkend sagen, dass es eben eine Landesregierung ist und ein Bund-Länder-Vergleich nicht immer leicht und auch sinnvoll ist. In der Gesundheitspolitik haben die Länder ganz andere Regelungskompetenzen als der Bund. Beispielsweise die Krankenhauspolitik. Zweitens ist unsere Landesregierung auch erst seit sehr kurzer Zeit im Amt.

DAZ.online: Woran liegt diese ruhige Zusammenarbeit aus Ihrer Sicht? Sind CDU, Grüne und FDP doch wie gemacht füreinander?

Froese: Das liegt sicherlich an ein paar besonderen Gegebenheiten hier bei uns. Erstens haben wir mit Daniel Günther einen sehr jungen Ministerpräsidenten. Auch die Führungsspitze der Grünen ist sehr jung. Die FDP hat im Wahlkampf vermehrt „junge“ Themen, wie etwa die Digitalisierung gespielt. Insofern hat es da schon eine gewisse gemeinsame Gesprächskultur gegeben. Zweitens haben wir auch schon Erfahrungen mit Dreier-Bündnissen gemacht. Und der dritte Grund lässt sich dann vielleicht schon auch auf die Bundesebene projizieren: Ich glaube, dass in der Jamaika-Koalition bei uns alle drei Partner die Möglichkeit genutzt haben, gewissermaßen zu sich selbst zu finden. Denn hier ist die Aufteilung klar: Es gibt eine große Fraktion und zwei kleine. Insbesondere die beiden kleinen können sich durch besondere Leuchtturmprojekte hervortun. Liest man den Koalitionsvertrag unserer Landesregierung, so weiß man sehr genau, mit welchen Projekten sich die Grünen und die FDP jeweils profilieren möchten. Zum Gelingen des Jamaika-Bündnisses gehört natürlich aber auch eine gewisse Offenheit der Gesellschaft dafür.

Froese: Jamaika-Bündnis erfordert Offenheit der Gesellschaft

DAZ.online: Wie meinen Sie das?

Froese: Die politische Kultur im Land muss offen und bereit sein, sich auf ein solches Projekt einzulassen. Ich habe das Gefühl, dass die Schleswig-Holsteiner diese Koalition spannend finden, wir geben Daniel Günther mit dem Jamaika-Projekt gewissermaßen eine Chance. Dass die Schleswig-Holsteiner für einen solchen Stimmungswandel offen sind, sieht man – so finde ich – auch an den Wahlergebnissen der Bundestagswahl. Das Ergebnis der Grünen ist stark hier im Land, aber auch CDU und FDP schneiden gut ab. Die AfD hat hier weniger Boden gut gemacht als anderswo.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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1 Kommentar

Digitalisierte Arzneimittel?

von G. Wagner am 27.09.2017 um 18:44 Uhr

Ein interessantes Interview mit klugen Antworten. Nur: Was hat der Versandhandel mit der Digitalisierung zu tun?

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