DAZ.online-Wahlcheck (Teil 1)

Was sagen die Parteien zur sinkenden Apothekenzahl?

Berlin - 19.09.2017, 10:55 Uhr

Was wollen die Parteien dazu beitragen, dass die sinkende Apothekenzahl sich wieder stabilisiert? Oder wollen sie gar nichts unternehmen? Die Antworten dazu im DAZ.online-Wahlcheck. (Foto: dpa)

Was wollen die Parteien dazu beitragen, dass die sinkende Apothekenzahl sich wieder stabilisiert? Oder wollen sie gar nichts unternehmen? Die Antworten dazu im DAZ.online-Wahlcheck. (Foto: dpa)


Rx-Versandhandel, Apothekenzahl, Nachwuchsprobleme – Was sagen die „großen“ Parteien kurz vor der Bundestagswahl zu den wichtigen Themen im Apothekenmarkt? DAZ.online hat nachgefragt: In den verbleibenden Tagen vor der Wahl zeigen wir unseren Leserinnen und Lesern, wie die Apothekenpolitik in der nächsten Legislaturperiode aussehen könnte. Teil 1: die sinkende Apothekenzahl.

19.880 – so viele Apotheken gibt es in Deutschland derzeit. Zum Jahrtausendwechsel hatte es noch knapp 21.600 Apotheken gegeben, 2010 immerhin noch 21.441. Insbesondere die alten Bundesländer sind vom Rückgang betroffen. Gerade in den vergangenen fünf Jahren ist die Zahl der Standorte drastisch zurückgegangen (s. Grafik). Die Apothekerverbände und -kammern versichern: Noch ist die flächendeckende Versorgung gesichert. Aber wie lange noch? Wie weit kann die Zahl noch sinken, bis auch die Bevölkerung sich über erhebliche Engpässe in der Versorgungslandschaft beschwert?

(Apothekenzahl seit 1990, Quelle: ABDA)

In Flächenländern wie Baden-Württemberg wird die rückgängige Apothekenzahl mit Rezeptsammelstellen und Botendiensten aufgefangen – alles Dienstleistungen, die der Apotheker neben seiner Hauptarbeit erledigt und natürlich nicht speziell vergütet bekommt. Hinzu kommt: Einige Apotheker hinterfragen inzwischen selbst, ob Rezeptsammelstellen das geeignete Mittel sind, um die Landversorgung zu sichern. Gleichzeitig stehen Großunternehmen wie DocMorris mit Abgabe-Automaten wie im baden-württembergischen Hüffenhardt bereit, um in die entstehende Lücke hineinzuspringen. Noch stoppen Gerichte dieses Vorgehen. Aber wie lange wird sich die Politik diese Entwicklung mit anschauen?

Im Teil 1 des DAZ.online-Wahlchecks haben wir alle Parteien, die laut derzeitiger Umfragen realistische Chancen auf den Einzug in den nächsten Bundestag haben, nach ihrer Meinung zur Versorgungssituation gefragt. Hier sind die Antworten der Parteien:

Die Union ist davon überzeugt, dass es gerade in den ländlichen Räumen auf die Apotheken ankommt. Sie haben eine besondere Bedeutung für die Sicherung einer guten Versorgung. Deswegen bleibt es unsere Aufgabe, die flächendeckende Arzneimittelversorgung auf hohem Niveau durch ortsnahe Apotheken zu erhalten. Dazu ist es erst einmal notwendig, wieder gleiche Rahmenbedingungen für alle Apotheken zu schaffen. Aus unserer Sicht bietet hierbei das Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln die besten Chancen. Des Weiteren müssen wir überprüfen, welche Anpassungen z. B. bei der Vergütungsstruktur notwendig sind, um wieder mehr Apotheker insbesondere für den ländlichen Raum zu gewinnen. 

Darüber hinaus wollen wir im Interesse der Patientinnen und Patienten ein noch viel stärker aufeinander abgestimmtes und auf sie zugeschnittenes Versorgungssystem entwickeln. Dazu wollen wir den in der letzten Wahlperiode begonnenen Prozess der stärkeren Vernetzung fortsetzen und Brücken zwischen den Disziplinen und Sektoren bauen. 

Mit dem neuen Innovationsfonds haben wir ein Instrument geschaffen, das uns auf diesem Weg hervorragend unterstützt. In mittlerweile mehr als 120 Projekten in ganz Deutschland werden neue Ideen zur patientenorientierten Zusammenarbeit zwischen Ärzten, Krankenhäusern und Apothekern erprobt. So schaffen wir Brücken zwischen den bislang getrennten Sektoren der ambulanten und stationären Versorgung.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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4 Kommentare

Großer Teil?

von Pharmi am 20.09.2017 um 2:27 Uhr

"Es macht aus unserer Sicht keinen Sinn, Präsenzapotheken und Versandapotheken gegeneinander ausspielen zu wollen, zumal ein großer Teil der Präsenzapotheken heute auch über eine Versanderlaubnis verfügt."

3000 haben eine Versanderlaubnis, aber nur 150 betreiben einen Versandhandel. Das ist nicht mal 1% aller Apotheken. Von "großer Teil" Also keine Spur! Vielleicht erst informieren und dann schreiben. Gewinn macht übrigens kaum ein Versender, due meisten sind eh auf fremdes Geld angewiesen...

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FDP Parteiprogramm

von Marco Hofmann am 19.09.2017 um 23:24 Uhr

...sicher sollte in dieser Betrachtung berücksichtigt werden, dass sich die FDP explizit in ihrem Parteiprogram dazu äußert, das Fremdbesitzverbot abzuschaffen und sich somit direkt gegen ihr vorher genanntes Argument (nähmlich der Stärkung der inhabergeführten Apotheke) im Widerspruch stehen. Ich finde das sollte mit genannt werden, wenn es darum geht, sachlich die Argumente der Parteien hinsichtlich der potentiellen Wählerschaft zu benennen. Die eine Forderung hat unter Umständen die größte Auswirkung auf die inhabergeführte Apotheke.

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Ist das Kompetenz

von Ratatosk am 19.09.2017 um 19:10 Uhr

Die Grünen spielen das alte schäbige Spiel mit angeblich fehlenden Daten. Ist so wie wenn man Probleme in Ausschüsse verlagert, aber hier ist Realität nicht der geschützte öffentliche Bereich. Einfach mal nach Unterfranken fahren, dann ist alle klar. Aber leider reicht es bei dieser arroganten Kaste nur zum Blick in die Hauptstrassen großer Städte, wo sicher genügend Apotheken stehen - und dies ist dann offensichtlich die Beurteilungsbasis. Bei den Bauern sieht man ja auch die Probleme, aber bei Apotheken wird man eher postfaktisch.

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Liebe Grüne

von Peter Lahr am 19.09.2017 um 12:34 Uhr

Der männliche Teil von uns will sicher NICHT angestellt in der Apotheke in der Stadt arbeiten. Das klingt jetzt vielleicht arrogant, aber für +- 3000 brutto Einstiegsgehalt nach DIESEM Studium? Sechs Tage die Woche? Notdienst? Samstags im Idealfall bis 20 wenn nicht sogar 22 Uhr????Das würde ich höchstens zum Spaß machen wollen wenn ein anständiges Gehalt durch meine Frau reinkommt, zur Selbstverwirklichung, nicht aber wenn ich der Hauptverdiener bin und nicht wenn ich die Chance habe nach demselben Studium in der Industrie fast das Doppelte zu verdienen und zusätzlich noch Aufstiegschancen habe. Ein Gehalt welches ich im Übrigen mit der typischen Apotheke verdienen würde welche 65% unserer Apotheken repräsentieren nur dass man da mittlerweile jährlich eine negative Gehaltssteigerung, keine Aufstiegschancen UND zuvor trotz Unternehmenswert NULL noch das Warenlager kaufen muss und frei jeder LKl wäre. Hofft also, dass der vorwiegend weibliche Teil von uns entweder einen gut verdienenden Mann hat/findet oder einfach genügsam bleibt damit Apothekendeutschland so bleibt wie es jetzt ist. Aber, so nebenbei erwähnt, in die Apotheke wollen aktuell vielleicht noch 10% der Studierenden und bei 90% Frauenanteil im Studium und anschließend im Beruf zeigt sich, dass ihr wohl auch nicht mehr auf unsere Frauen hoffen könnt. Vielleicht, aber nur gaaaaanz vielleicht hat eure Politik den Hahn überdreht. Gegensteuern könntet ihr nur wenn ihr den Nachwuchs angestellt oder selbstständig in die öffentliche Apotheke zwingen würdet ansonsten machen das die zukünftigen Apothekenmitarbeiter und Inhaber wie die Kunden, sie entscheiden mit den Füßen und gehen woanders hin. Oder ihr ändert etwas, drastisch. Wollt ihr nicht, alle verdienen toll und Apotheken werden aufgrund von Wohlstand geschlossen. Ist angekommen, der Nachwuchs findet halt Betriebsergebnisse wie ein Lebensmitteldiscounter und die mauen Gehälter nicht toll (mehr ist aber wegen Betriebsergebnis Komma dem nicht drin). An das Apothekenrentnerschwemme Überraschungsei denkt ihr noch garnicht, macht nix, das bekommt ihr in den nächsten Jahren aber auf jeden Fall noch geschenkt. Die Überraschung? ALLE Apotheken werden weitergeführt. Scherz, natürlich nicht, ok, das war jetzt gemein von mir.

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