neue 3-D-Technologie

All-in-One-Impfung aus der Kaffeetasse

Stuttgart - 18.09.2017, 11:17 Uhr

Mehrere Impfungen plus Auffrischung: mit einer neuen Technologie erhoffen sich Wissenschaftler vom MIT in Zukunft, alle notwendigen Impfstoffe auf einmal zu verabreichen. (Foto: Martin Lang / stock-adobe.com)

Mehrere Impfungen plus Auffrischung: mit einer neuen Technologie erhoffen sich Wissenschaftler vom MIT in Zukunft, alle notwendigen Impfstoffe auf einmal zu verabreichen. (Foto: Martin Lang / stock-adobe.com)


Alle notwendigen Impfungen auf einmal verabreichen, inklusive der Auffrischungen? Mit speziellen Mikropartikeln, die Wissenschaftler vom Massachusetts Institut of Technology (MIT) entwickelt haben, könnte das irgendwann Realität werden. Das Besondere daran? Die Partikel können nicht nur mit Impf- oder Arzneistoffen beladen werden, sondern diese auch zu definierten Zeitpunkten freisetzen. 

Mehrfachimpfstoffe, die bis zu sechs Komponenten enthalten, sind heute Standard. Was geht, wird gemeinsam verabreicht. Doch was bleibt, sind die Auffrischimpfungen. Nicht selten scheitert ein wirksamer Schutz an diesen. Eine neue 3-D-Technologie könnte dieses Problem vielleicht in Zukunft einmal lösen – SEAL (StampEd assembly of polymer layers). Wissenschaftler vom MIT haben damit einen neuen Typ von Mikropartikeln entwickelt. Die Mikropartikel, die aus einem von der FDA zugelassenen biokompatiblen Polymer bestehen, sehen aus wie kleine Kaffeetassen. Sie können mit einem Arznei- oder Impfstoff beladen und einem „Deckel“ verschlossen werden. Zu einem definierten Zeitpunkt kann der Inhalt dann freigegeben werden. 

Wie „programmiert“ man die Partikel?

Wie setzt man diesen Zeitpunkt fest? Der Inhalt wird in dem Moment freigesetzt, in dem das Material degradiert. Wann das passiert, hängt vom Molekulargewicht und der Struktur des Polymers ab. Es handelt sich dabei um Poly(lactid-co-glycolid), kurz PLGA, das bereits für Implantate und Nahtmaterialien eingesetzt wird. Indem man verschiedene Partikel zusammen verabreicht, die jeweils zu unterschiedlichen Zeitpunkten degradieren, können mehrere, eigentlich nicht gleichzeitig zu verabreichende Arznei- oder Impfstoffe mit nur einer Injektion gegeben werden.  

Im Mausmodell konnte bereits gezeigt werden, dass eine definierte Dosis neun, 20 und 41 Tage nach der Injektion freigesetzt werden und damit eine starke Immunreaktion erreicht werden konnte – ohne dass die „Kaffeetassen“ vorher undicht wurden. Zudem haben die Wissenschaftler bereits Partikel entwickelt, die nach hunderten von Tagen nach Verabreichung ihre Ladung freisetzen. Die Herausforderung besteht nun darin, Partikel zu designen, die garantiert über einen langen Zeitraum im Körper stabil bleiben.

Potenzial für ihre Entwicklung sehen die Wissenschaftler vor allem in Entwicklungsländern, wo kein regelmäßiger Zugang zu medizinischer Versorgung gewährleistet ist. 


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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