Arzneimittel-Richtlinie

InfectoDiarrstop LGG demnächst nicht mehr auf Kassenrezept

Stuttgart - 05.09.2017, 10:50 Uhr

InfectoDiarrstop LGG® wird in Zukunft nicht mehr von der GKV erstattet. (Foto Infectopharm)

InfectoDiarrstop LGG® wird in Zukunft nicht mehr von der GKV erstattet. (Foto Infectopharm)


Das Durchfallmittel InfectoDiarrstop LGG® wird voraussichtlich ab Oktober nicht mehr erstattungsfähig sein. Das teilt der Hersteller Infectopharm mit. Das Arzneimittel wird aus der Anlage III der Arzneimittel-Richtlinie gestrichen. Die Zulassung und die Leitlinien-Empfehlungen bleiben aber davon unberührt. 

Laut Arzneimittelrichtlinie sind Mittel gegen Durchfall grundsätzlich von der Erstattung durch die Krankenkassen ausgeschlossen. Es gibt allerdings einige Ausnahmen, unter anderem Lactobacillus rhamnosus GG mit mindestens 5 x 10koloniebildenden Einheiten/Dosiseinheit bei Säuglingen und Kleinkindern zusätzlich zu Rehydratationsmaßnahmen, also InfectoDiarrstop LGG®. Doch InfectoDiarrstop LGG® wird demnächst nicht mehr als Ausnahme gelistet sein. Wie der Hersteller Infectopharm mitteilt, wird es mit dem G-BA-Beschluss vom 17. August 2017 zufolge gestrichen und somit seine Erstattungsfähigkeit verlieren. Einen Tag, nachdem der Beschluss im Bundesanzeiger veröffentlicht ist, wird dieser rechtswirksam – schätzungsweise etwa einen Monat nach dem Beschlussdatum. Betroffen sind alle Varianten: also InfectoDiarrstop LGG® geschmacksneutral, Kirsch und Banane jeweils mit Elektrolyten sowie die Variante InfectoDiarrstop LGG® Mono ohne Elektrolyte.

Zugrundeliegende Studie verliert an Belastbarkeit

Was ist passiert? Laut Infectopharm verliert die Studie, die die Erstattungsfähigkeit stützte, an Belastbarkeit, weil ein beteiligter Prüfarzt wegen Ergebnismanipulation bei einer anderen Studie rechtskräftig verurteilt wurde. Zwar sei nicht zweifelsfrei feststellbar, dass bei der InfectoDiarrstop®-Studie Ähnliches passiert ist. Da diese aber am gleichen Prüfzentrum durchgeführt wurde, verliere sie an wissenschaftlicher Validität, so Infectopharm. Deshalb ist die Studie seitens der Firma in enger Absprache mit dem G-BA zurückgezogen worden.

Man bedauere, dass die mit hohen Aufwendungen verbundene klinische Studie nicht länger die Grundlage für die Regelung in Anlage III der Arzneimittel-Richtlinie bildet, erklärt das Familienunternehmen. 

Zulassung stand nicht infrage

Der Hersteller weist in diesem Zusammenhang explizit darauf hin, dass die Zulassung von InfectoDiarrstop LGG® zu keinem Zeitpunkt infrage stand. Das Präparat sei in der kinderärztlichen Praxis bewährt und werde in vielen wichtigen europäischen Leitlinien – wie der Nice Guideline – bei Durchfall empfohlen, schreibt Infectopharm in einer Mitteilung. Die Evidenzlage für Lactobacillus GG zur Therapie der kindlichen Diarrhö sei unverändert mit 1A zu bewerten. Das Arzneimittel könne entsprechend empfohlen werden.

InfectoDiarrstop LGG® ist zur Therapie der Diarrhö bei Säuglingen und Kleinkindern zugelassen. Ein Doppelkammerbeutel enthält 25 mg Lactobacillus rhamnosus GG (LGG) gefriergetrocknet, entsprechend mindestens 5 x 109 koloniebildenden Einheiten sowie 840 mg Natrumcitrat-2-Wasser, 300 mg Kaliumchlorid, 200 mg Natriumchlorid, 1970 mg Glucose-Monohydrat und 1281 mg D-Glucose.

InfectoDiarrstop LGG® Mono enthält nur 25 mg Lactobacillus rhamnosus und muss mit einer oralen Rehydratationslösung wie Oralpädon kombiniert werden.


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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