Baden-Württemberg

AOK: Höchstpreise für den Apothekenschutz

Berlin - 31.08.2017, 11:40 Uhr

Höchstpreise, um gegen Versandhändler zu bestehen: AOK-Chef Dr. Christopher Hermann fordert Deregulierungen im Apothekenmarkt. (Foto: AOK)

Höchstpreise, um gegen Versandhändler zu bestehen: AOK-Chef Dr. Christopher Hermann fordert Deregulierungen im Apothekenmarkt. (Foto: AOK)


Die AOK Baden-Württemberg lässt bei ihrer Forderung nach mehr Preiswettbewerb im Apothekenmarkt nicht locker. Eine Umfrage zu Apothekenkooperationen nutzt die Kasse, um mitzuteilen, dass Höchstpreise auch den Apothekern helfen könnten – um sich im Wettbewerb mit den Versandhändlern zu behaupten.

Die AOK-Baden-Württemberg hat ihre Kritik an der Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel erneuert. In einer Pressemitteilung teilte die Kasse mit, dass es aus ihrer Sicht beim Wettbewerb im Apothekenmarkt „Nachholbedarf“ gebe. Wörtlich heißt es dort: „Insbesondere im Bereich verschreibungspflichtiger Medikamente gilt es, im Interesse der Versicherten verkrustete Strukturen aufzubrechen. Regionale Verträge zwischen Apotheken und Krankenkassen in Verbindung mit einer Höchstpreisregelung statt der bestehenden starren Preisbindung wären das richtige Mittel, den Wettbewerb positiv zu beflügeln.“

Bei gleicher Qualität ließe sich so die Wirtschaftlichkeit für die Solidargemeinschaft verbessern, meint die AOK. Für die Apotheker würde ein solches Höchstpreismodell aus Sicht der Kasse sogar Vorteile mit sich bringen. Denn: „Dies würde den ansässigen Apotheken übrigens auch zusätzliche Spielräume schaffen, sich weiterhin im Wettbewerb gegen Versandhändler zu behaupten.“ Hintergrund der Pressemitteilung war eine Umfrage des Finanz-Magazins „Focus Money“. Das Magazin hatte Apothekenkunden zu deren Zufriedenheit mit Apotheken-Kooperationen befragen lassen.

AOK-Lager will Apothekenmarkt deregulieren

Die AOK Baden-Württemberg hatte Mitte Juli ihren Forderungskatalog zur Bundestagswahl vorgestellt. Schon in diesem Papier hatte die Kasse grundlegende Änderungen im Apothekenmarkt gefordert. Kassenchef Dr. Christopher Hermann stellt beispielsweise das gesamte Kollektivvertragssystem infrage und beschwert sich über den Kontrahierungszwang. Mit Blick auf das EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung schreibt die AOK in ihren Wahlforderungen: „Auch im Apothekenmarkt muss es darum gehen, nach dem Urteil des EuGH zum Versandhandel mehr regionale Verträge möglich zu machen. Damit hier der Wettbewerb endlich Einzug erhält und verkrustete Strukturen aufgebrochen werden, sollte die starre Preisbindung bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln aufgehoben und durch eine rabattfähige und für Selektivverträge geöffnete Höchstpreisregelung ersetzt werden. Die Wirtschaftlichkeit für die Solidargemeinschaft ließe sich dadurch weiter erhöhen – ohne Qualitätsverlust.“

Schon in seinem Vorwort spricht sich Hermann ausdrücklich gegen das von der Union und den Apothekern geforderte Rx-Versandverbot aus: „Schlankere Entscheidungsstrukturen würden helfen, die Digitalisierung in der Versorgung voranzubringen. Anstatt sie, etwa durch Fernbehandlungs- oder Versandhandelsverbote, zu bremsen, sollten digitale Möglichkeiten intensiver genutzt werden.“

AOK-Bundesverband will Fremdbesitzverbot aufheben

Überraschenderweise verzichtet die AOK Baden-Württemberg im Bundestags-Wahlkampf aber auf den Wunsch nach einer Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbotes. Genau diese Forderung hatte nämlich die politische Spitzenvertretung der AOKen in Berlin, der AOK-Bundesverband nur wenige Tage zuvor bei einer Pressekonferenz geltend gemacht. Verbandschef Martin Litsch beschwerte sich darüber, dass beide Verbote veraltet seien und aufgehoben werden müssten. Ein entsprechender Passus steht auch im Positionspapier des AOK-Bundesverbandes zur Bundestagswahl.


Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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3 Kommentare

hartnäckig

von Karl Friedrich Müller am 31.08.2017 um 14:32 Uhr

ist er schon, der Hermann...

er will sparen, also Höchstpreise. und die sollen die Apotheken "schützen".
Typischer Politiker Sprech. Wahrheiten bis zur Unkenntlichkeit verdrehen.
Geschützt wird hier gar nichts. Das weiß auch Hermann. Aber für die Öffentlichkeit klingt es toll - da schützt einer die Apotheken. (staun)
Dabei werden die - upps - ruiniert. Weil niemand von uns auf Geld verzichten kann, wir am Limit sind. Und gegen die Versandapotheken, die ständig mit Saudi Milliarden durch die roten Zahlen gefüttert werden sowieso nicht.
Durch den immensen Zuwachs der Versandapotheken im OTC wird unsere Situation nicht besser.

Herr Hermann, es geht nicht nur um Wirtschaftlichkeit. es geht um Ihre Versicherten, deren Versorgung für ein paar Euro, die im Budget der KK kaum eine rolle spielen, auf das Spiel gesetzt werden, zumindest massivst verschlechtert werden.

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AW: hartnäckig

von Heiko Barz am 01.09.2017 um 12:18 Uhr

Diese beschriebenen Positionen sind doch dem Hermann absolut bekannt. Seine Äußerungen sind reinst politisch zu bewerten.
Die in den letzten Wochen massiv auftretende Liberalisierungspolitik in der Arzneimittelversorgung, nicht nur bei den KKassen, sondern auch bei den "progressiven" Parteien wie FDP, Grüne etc. hat nur zum Ziel, die ordnungspolitisch bestorganisierte Berufsgruppe, die der Apotheker, zu destabilisieren, um den geliebten Kapitalgesellschaften, Saudis, Hedgefonds etc die Stücke des Gesundheitskuchens zu offerieren.
So, die Herren von Stackelberg, Herman und Co.,sie zeigen sich so furchtbar besorgt um das Wohl ihrer Versicherten, sollten sie dann nicht auch die Brust haben, ihre eigene Versicherungsbranche in Frage zu stellen, um doch ausländischen Überkonzernen die Margen zu übergeben? Dann sind sie endlich aus der Leistungs-Verantwortung, aber auch aus ihrem persönlichen Verdienst, so wie sie es sich für andere Berufsgruppen massiv wünschen.
Mal über den Tellerrand schauen, Herr Herman! Auch sie könnten ganz schnell in einem europäischen Versicherungsrahmen überflüssig werden.

Wettbewerb?

von Anita Peter am 31.08.2017 um 13:47 Uhr

Warum gehen die Kassen nicht in den Wettbewerb? Warum gibt es keine "Höchstgehälter" für Kassenmitarbeiter? Wann werden die verkrusteten Kassenstrukturen aufgebrochen?

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