Packunsgsgrößenverordnung

3 x 75 ml Cetirizin Saft – muss die Apotheke kürzen?

Berlin - 02.08.2017, 16:45 Uhr

Nicht nur Apotheker haben Probleme mit der Packungsgrößenverordnung. (Foto: Elnur / Fotolia)

Nicht nur Apotheker haben Probleme mit der Packungsgrößenverordnung. (Foto: Elnur / Fotolia)


Größte Messzahl, Verordnungen größer als Nmax, Stückzahl oder Normgröße? Die Packunsgsgrößenverordnung wimmelt nur so von Fallstricken. Leicht kann einem der Verdacht kommen, dass sie vor allem dazu dient, Fehler zu machen. Und nicht nur Apotheker stolpern darüber, wie der folgende Fall zeigt. 

„Warum wird ein Rezept über 3 x 75 ml Cetirizin Saft in der Apotheke gekürzt?“  Diese Frage wurde an das Deutsche Arztportal herangetragen. Offensichtlich hatte ein Arzt sich darüber gewundert, warum die von ihm verschriebene Menge nicht abgegeben wurde, sondern nur 2 x 75 ml.

Warum hat die Apotheke also gekürzt? Die Antwort ist einfach: Weil sie musste. Hintergrund sind die Vorgaben des Rahmenvertrages nach § 129 Abs. 2 SGB V, der in diesem Punkt auf die Packungsgrößenverordnung und die dort definierten Messzahlen (Normbereiche) bezieht.

Normbereiche für Cetirizin-Saft

Cetirizin, nicht abgeteilte Darreichungsform zur oralen Anwendung [ml], Einzeldosis bis 5 ml/g (Teelöffel):

N1: 60 bis 90 ml     N2: 135 bis 165 ml     N3: nicht definiert. 

Die größte Messzahl Nmax beträgt 150 ml. Sie liegt zwar im N2-Bereich, da ein N3-Bereich nicht definiert ist, gilt diese Größe als die größte Messzahl. Und warum 150ml? Im N1- und N2- Bereich liegt die größte Messzahl immer in der Mitte des Bereichs, fällt sie in den N3 ist die Obergrenze die größte Messzahl.  

Gemäß § 6 Abs. 3 Rahmenvertrag darf die größte Messzahl (Packungsgrößenverordnung) nur um ein Vielfaches von dieser überschritten werden und auch nur, wenn der Arzt dies auf dem Rezept explizit vermerkt. Zum Beispiel durch ein „!“  oder einen Vermerk wie „Menge ärztlich begründet“.  Im Rahmenvertrag heißt es dazu:

§ 6 Abs. 3 Rahmenvertrag:

„Überschreitet die nach Stückzahl verordnete Menge die größte für das Fertigarzneimittel festgelegte Messzahl, ist nur die nach der geltenden Packungsgrößenverordnung aufgrund der Messzahl bestimmte größte Packung oder ein Vielfaches dieser Packung, jedoch nicht mehr als die verordnete Menge abzugeben. Ein Vielfaches der größten Packung darf nur abgegeben werden, soweit der Vertragsarzt durch einen besonderen Vermerk auf die Abgabe der verordneten Menge hingewiesen hat.“

Zudem darf die abgegebene  Packung keine Jumbopackung sein und eine Packung, deren Größe der größten Messzahl entspricht, muss im Handel sein. Sind nicht alle diese Voraussetzungen erfüllt, darf maximal die Packung abgegeben werden, die der größten Messzahl entspricht. 

Demnach muss im beschriebenen Fall die verordnete Menge in der Apotheke auf die größte im Handel befindliche Packung 2 x 75 ml N2 gekürzt werden – weil das der größten Messzahl entspricht. 

Der Trick für die Praxis

Sollen es unbedingt drei Packungen sein, gibt es jedoch eine Krücke. Der Rahmenvertrag macht lediglich Vorgaben zur Verordnung nach Stückzahl beziehungsweise – im Falle von Cetirizin-Saft – nach Menge. So kann die Abgabe von insgesamt 3 x 75 ml Cetirizin-Saft laut Deutschem Arztportal mit einer eindeutig bestimmten Verordnung gesichert werden. So darf nämliche die gewünschte Menge abgegeben werden, wenn die Packungen genau mit Stückzahl und Normgröße benannt werden (§ 3 Abs. 1 Nr. 7e Rahmenvertrag).


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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2 Kommentare

Rahmenvertrag erneuern

von Peter Bauer am 02.08.2017 um 17:18 Uhr

Der Rahmenvertrag und die Meßzahlen sind in der Praxis ein
vollkommen unüberschaubares Machwerk.Es wäre an der Zeit diese veralteten Zöpfe endlich abzuschneiden

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Rahmenvertrag erneuern

von Kuenen Michael am 02.08.2017 um 19:31 Uhr

Genau!

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