Anklage

Zyto-Apotheker soll Kassen um 56 Millionen Euro betrogen haben

Bottrop - 19.07.2017, 12:05 Uhr

Im großen Stil soll der Bottroper Zyto-Apotheker Infusionen gestreckt haben. (Foto: Wesser)

Im großen Stil soll der Bottroper Zyto-Apotheker Infusionen gestreckt haben. (Foto: Wesser)


Nachdem die Staatsanwaltschaft kürzlich Anklage gegen einen Zyto-Apotheker aus Bottrop erhoben hat, gibt sie nun weitere Details bekannt. Sie legt ihm zur Last, mehr als 60.000 Infusionen gestreckt oder gegen Hygiene- und Dokumentationsvorschriften verstoßen zu haben. Der Schaden soll mehr als 56 Millionen Euro betragen. Die Staatsanwaltschaft glaubt jedoch, keine Tötungsdelikte nachweisen zu können.

In der vergangenen Woche hatte die Staatsanwaltschaft Essen gegen einen 47-jährigen Apotheker aus Bottrop Anklage erhoben, mit der sich nun das Landgericht Essen befassen muss. Sie beschuldigt den Zyto-Apotheker, seit Januar 2012 bis zu seiner Festnahme Ende Oktober 2016 bei mehr als 60.000 Zubereitungen für Chemotherapien oder monoklonale Antikörpertherapien gegen geltende Herstellungsregeln und ärztliche Verordnungen verstoßen zu haben.

„Zum Einen wird ihm zur Last gelegt, die Beschaffungspraxis der Apotheke systematisch so ausgerichtet zu haben, dass es von vornherein unmöglich war, die große Vielzahl der von ihm vertriebenen Zubereitungen mit den verschriebenen Wirkstoffen in den verschriebenen Mengen herzustellen“, erklärt die Staatsanwaltschaft nun in einer Presseerklärung. Er soll die Zubereitungen daher „in einer nicht näher quantifizierbaren Vielzahl von Fällen“ mit deutlich weniger Wirkstoff als ärztlich verordnet in den Verkehr gebracht haben.

Auch Verstöße gegen die gute Herstellungspraxis

Zum Anderen soll er sich nicht an geltende strenge Hygienevorschriften gehalten haben, die für ein Reinraumlabor gelten – und gegen Dokumentationsvorschriften wie das 4-Augen-Prinzip und die Erstellung von Prüfprotokollen verstoßen haben. Dennoch habe er die Zubereitungen als ordnungsgemäß erbrachte Leistungen mit den Krankenkassen abgerechnet, erklärt die Staatsanwaltschaft.

Während zunächst nur von über 40.000 Fällen die Rede war, geht die Staatsanwaltschaft nun von 61.980 Fällen aus, in denen der Apotheker Zubereitungen unter Verstoß gegen die Rezepturen und sonstigen Vorschriften in den Verkehr gebracht hat. Rechtlich betrachtet stelle jeder einzelne Fall „einen besonders schweren Fall des Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz“ dar. 



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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