APOkix-Umfrage

Aufwendige Prüfung von Cannabisblüten

Berlin - 10.07.2017, 07:00 Uhr

Wie werten Apotheker die neuen Regelungen zu Cannabis als Medizin? (Foto: Wollertz / Fotolia)

Wie werten Apotheker die neuen Regelungen zu Cannabis als Medizin? (Foto: Wollertz / Fotolia)


Gut die Hälfte der Apothekenleiter begrüßt das im vergangenen März in Kraft getretene Cannabis-Gesetz. Knapp jeder Fünfte lehnt Cannabis als Medizin hingegen ab. Dabei macht sich das Gesetz in drei Viertel der Apotheken noch gar nicht praktisch bemerkbar. Zu diesen Ergebnissen kommt die aktuelle Monats-Umfrage des Instituts für Handelsforschung Köln unter Apothekenleitern.

Im März trat das sogenannte Cannabisgesetz in Kraft. Patienten brauchen nun keine Ausnahmegenehmigung vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte mehr, wenn sie Cannabis als Medizin verwenden wollen. Der Arzt kann es Schwerkranken unter besonderen Voraussetzungen verordnen – und zwar auf Kassenkosten. Auch für Apotheken ist die Sondergenehmigung für den Erwerb und die Abgabe von Medizinal-Cannabis-Blüten obsolet geworden.

 Im Juni hat das Institut für Handelsforschung Köln (IFH) im Rahmen des allmonatlich erhobenen Apotheken-Konjunkturindex APOkix rund 200 Apothekenleiter zu ihren bisherigen Erfahrungen mit Cannabis als Medizin befragt.

Das Ergebnis: Grundsätzlich befürworten 51,1 Prozent der Befragten den Erlass des Gesetzes „Cannabis als Medizin“. 18,6 Prozent sind jedoch dagegen, der Rest ist unentschlossen.

Doch wie sehr beschäftigt das neue Gesetz die Apotheken in der Praxis? 30,4 Prozent der Befragten geben an, dass die Nachfrage nach Cannabisarzneimitteln, -blüten und -zubereitungen auf Rezept in ihrer Apotheke seit Inkrafttreten des Gesetzes im März zugenommen hat. 68,1 Prozent sagen, sie sei gleich geblieben. Bei 1,5 Prozent hat sie abgenommen.

IFH Köln

Fortbildung gewünscht

Ob es nun eine erhöhte Nachfrage gibt oder nicht: Rund 98 Prozent der befragten Apotheker sagen, die Prüfung der Cannabisblüten nach der Apothekenbetriebsordnung sei für sie mit einem hohen Aufwand verbunden. Dennoch befürworten grundsätzlich 81,8 Prozent der Befragten das neue Gesetz, weil es neue Therapiemöglichkeiten für Patienten eröffnet, wenn keine anerkannte Standardtherapie mehr infrage kommt. Und 83,7 Prozent tun dies, weil die Cannabis-Therapie nun in ärztlicher Hand liegt – und nicht mehr in der einer Behörde.

Ganz sicher fühlen sich die APOkix-Teilnehmer im Umgang mit dem neuen Gesetz offenbar noch nicht. Immerhin mehr als 80 Prozent wünschen sich neue Fortbildungsmaßnahmen, „da meine Mitarbeiter nicht ausreichend geschult sind, um Patienten bezüglich der Therapie-Möglichkeiten mit Cannabis kompetent zu beraten“.  


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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4 Kommentare

Prüfanweisung

von Reinhard Bangert am 11.07.2017 um 10:10 Uhr

Sehr geehrter Herr Kollege Schenkel, darf ich Sie kollegialer (aber auch unverschämter) Weise fragen, ob Sie uns Ihre bereits vorliegende Prüfanweisung einmal per Email schicken würden? Interessant wären auch die genauen Bezugsangaben für die benötigten Materialien. Herzlichen Dank (info@rosenaponeuss.de)

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Respekt!

von Wolfgang Müller am 11.07.2017 um 9:07 Uhr

Chapeau, Kollege Schenkel! Aber ganz sicher wird ein/e beflissene/r Kolleg/in eine viel schönere Monographie für uns "entwickeln". Ich weiß jedenfalls nicht, wie oft ich gerade bei besonders guten, weil einfachen Lösungsansätzen ÜBERALL in der Offizin-Pharmazie inzwischen gehört habe: "So einfach wie Sie sich das vorstellen geht das aber nicht Nein Nein Nein!" Ging bei mir persönlich auch schon mal um ein paar hunderttausend Euro Schaden, bei sowas. Seitdem schreibe ich hier ......

Bei uns wird jedenfalls - aktuell - immer wenn es geht, DC verlangt, und wir befolgen das dann eben auch. Auch ich bin Ihrer Meinung, dass es mindestens gleichwertige bzw. zusammengestrichene Verfahren für den meisten aufwändigen, giftigen und umweltschädlichen "offizinellen" Kram gibt, so ist absolut nix genauer als ein Mischschmelzpunkt. Nach aktueller, meines Wissens bundesweiter Interpretation reicht das ja aber nicht, wenn DC ZUSÄTZLICH geht. Usw. usf.

Ich als alter analytischer und QM-Fahrensmann (mindestens eine höhere 4-stellige Zahl eigene DCs während der Promotion, und als Analytik-Assi 5 Jahre lang alles andere auch etc. bla bla) halte diesen echter Akademiker unwürdigen Willkür-Freigabe-Quatsch und die beflissenen Wichtigkeits-Diskussionen darüber jedenfalls intellektuell nicht mehr aus. Wir hätten weißgott tausendmal Wichtigeres zu tun, und könnten das Geld besser woanders lassen als bei Wepa und Avoxa! Und das Argument derer, die es nur "dokumentieren", es doch einfach auch so zu machen, es aber bloß nicht offiziell abzuschaffen: Heilige-Pharmazie-Vetternwirtschafts-Bananenrepublik-Schlaumeierei!

Interessant übrigens - sorry, DAV, das ist jetzt ein bisschen böse - dass ausgerechnet dieser Artikel noch am Tag seines Erscheinens direkt ins DAZ-Online-Hinterstübchen verschwunden ist ..... not amused?

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Keine Gnade

von Wolfgang Müller am 10.07.2017 um 11:16 Uhr

Wer es anlässlich dieses Beispiels der "notwendigen" Cannabis-Wareneingangsprüfungen nicht kapiert, hat keine intellektuelle Gnade mehr verdient:
Wir in Germany KÖNNEN nicht als letzte diesbezügliche Doofi-Insel die chemisch-analytische Prüfpflicht für schon zertifiziert geprüfte Rezeptur-Ausgangsmaterialien aufrechterhalten. Wir produzieren damit entweder tausendfach Fake-Prüfprotokolle, oder Prüfungen (in kleineren Apotheken meist zwangsläufig NACH der Abgabe, sowieso), deren Aufwand, Kosten und damit DEFIZIT in keinster Weise mit gesundem QM-und Apotheken-Erhaltungs-Menschenverstand zu vertreten sind.

Denn: Dann müssten wir auch alle Packungen Fertigware vor Abgabe prüfen, das Ausgangsmaterialien-Prüf- und Zertifizierungssystem ist nämlich inkl "Qualified Person" seit einigen Jahren exakt genauso gut! Hat HIER anscheinend nur keiner mitbekommen.

Dieses Beispiel ist zwingend als Anlass für die längst überfällige Änderung der ApoBetrO und Anpassung an die Gepflogenheiten im Rest der Welt zu nutzen. Vom DAV, wenn die Kammer-dominierte ABDA sich dazu schon wieder nicht in der Lage sehen sollte, weil: "Wir haben dann doch bei den Revisionen gar nichts mehr soooo Schlimmes zu prüfen, wenn `Das Labor` zum großen Teil wegfällt."

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AW: Kleine Mühe

von Andreas P. Schenkel am 10.07.2017 um 22:02 Uhr

Cannabisblüten-Eingangsprüfungen: Wer diese jetzt schon durchführen muss, der möge die Gunst der Stunde nutzen: Es existieren in keinem Arzneibuch irgendwelche Prüfvorschriften für "Cannabis flos", auch keine Monographien. Also dann, an's Werk: Selbst die Prüfanweisungen machen:
1) Ich habe die Abbildungen des abonnierten DAC schamlos per Bildschirmfoto abgegriffen, ausgeschnitten und in's Textverarbeitungsprogramm übernommen. Unsere Blüten und einige deren Teile müssen den Abbildungen gleichartig sein: 4 Teilprüfungen bestanden, geht ruck-zuck.
2) Kurz und vorsichtig (und nicht zu tief einatmend) den Geruchseindruck beurteilen: Ähnlich wie frisch gemähtes Gras, jedoch wesentlich intensiver, wie ein Konzentrat, mit einer deutlich wahrnehmbaren erstickend süßlichen Geruchs-Komponente: falls "entspricht", dann Teilprüfung bestanden.
3) Letzte Prüfung: THC-Urinteststreifen trifft auf Cannabis-Harz, gelöst in Ethanol und dann mit neunfacher Menge an gereinigtem Wasser aufgenommen. Kleinstchromatographischer ELISA-Teststreifen, dessen Ergebnis in fünf Minuten vorliegt und der im EK 2-3 € kostet (Zehnerpack). Günstiger vom Material und von der Arbeitszeit geht es nicht. Und das Ergebnis ist extrem valide. Ich jedenfalls vertraue unserer Prüfanweisung voll und ganz!

Ach ja, sollten doch noch mal Prüfvorschriften im Arzneibuch auftauchen, dann müssten sie schon ähnlich einfach und praktikabel wie die zuvor erwähnten hauseigenen Prüfvorschriften sein, um vor uns bestehen zu können. Denn ansonsten nutzen wir den § 6 Abs. 1 Satz 3 ApBetrO, indem wir andere Methoden und Geräte benutzen und anwenden und damit die gleichen Ergebnisse erzielen werden.

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