Apotheken-Hygiene

Wie müssen Regale am Rezepturarbeitsplatz aussehen?

Berlin - 07.07.2017, 10:30 Uhr

Offene Regale in der Rezeptur einer Apotheke sind möglich - wenn ihre Oberfläche sich einfach reinigen lässt. (Foto: Sket)

Offene Regale in der Rezeptur einer Apotheke sind möglich - wenn ihre Oberfläche sich einfach reinigen lässt. (Foto: Sket)


Die Apothekenbetriebsordnung gibt vor, wie der Rezepturarbeitsplatz in der Apotheke auszusehen hat. Unter anderem muss er leicht zu reinigen sein. Aber was heißt das genau? Ist etwa ein offenes Regal stets schwer zu reinigen? Nein, sagt das Verwaltungsgericht Darmstadt – entscheidend sei das Material der Oberflächen.

Ein hessischer Apotheker musste nach einer Besichtigung seiner Betriebsräume durch die Aufsicht eine Ordnungsverfügung einstecken: Ihm wurde aufgegeben, innerhalb einer bestimmten Frist „den erforderlichen hygienischen Zustand an den Wänden der Rezeptur (…) in der Art herzustellen, dass die Oberflächen leicht zu reinigen sind; die vorhandenen offenen Regale sind zu entfernen, mit Schranktüren zu versehen oder durch Schränke zu ersetzen“. Für den Fall, dass der Apotheker dieser Aufforderung nicht innerhalb einer Woche nach Ablauf der gesetzten Frist nachkommt, wurde ihm ein Zwangsgeld in Höhe von 500 Euro angedroht. Nicht zuletzt wurde die sofortige Vollziehung der Verfügung angeordnet. Das heißt: Ein etwaiger Widerspruch des Apothekers sollte keine aufschiebende Wirkung haben.

Der Apotheker ging jedoch mit einem Eilantrag gegen die Anordnung des Sofortvollzuges vor – und hatte damit Erfolg. Denn das Verwaltungsgericht Darmstadt geht davon aus, dass die behördliche Verfügung nicht rechtmäßig war – und in einem solchen Fall, kann auch kein Interesse an einem schnellen Vollzug bestehen.

Die entscheidenden Normen sind in § 4 der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) zu finden. So sind die Betriebsräume nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 ApBetrO „in einwandfreiem baulichen und hygienischen Zustand zu halten“. Und demnach müssten – so auch die Aufsicht in ihrer Begründung – Wände und Oberflächen sowie der Fußboden leicht zu reinigen sein, damit das umgebende Kontaminationsrisiko für die Arzneimittel minimal ist. Dies schreibt auch § 4 Abs. 2b Satz 3 ApBetrO für den Rezepturarbeitsplatz vor und konkretisiert damit die allgemeine Anforderung hinsichtlich des baulichen und hygienischen Zustands.

Was ist für die „leichte Reinigung” entscheidend?

Was heißt das nun konkret? Genügen offene Regale an den Wänden der Rezeptur diesen speziellen Anforderungen prinzipiell nicht? Dies verneint das Verwaltungsgericht. Es hebt auf die Formulierung „müssen leicht zu reinigen sein“ ab: Damit sei weder ein Reinigungsergebnis – also ein Zustand nach Reinigung – noch der Arbeitsvorgang, also das Reinigen selbst, gemeint. Vielmehr beziehe sich diese Beschreibung auf die Beschaffenheit von Wänden, Oberflächen und Fußböden und damit letztlich auf deren Material und Verarbeitung. So wären etwa ein Teppichboden oder Fasertapeten in der Rezeptur keine geeigneten Materialen. 

Im vorliegenden Fall – der nach einer mündlichen Verhandlung entschieden wurde – sieht das Gericht allerdings keinen Hinweis, dass das Material der Regale zu beanstanden wäre. Es handele sich um glatte Flächen. Vielmehr gehe die Aufsicht davon aus, dass bei offenen Regalen der Reinigungsvorgang selbst nicht unkompliziert oder mühelos sei. Zwar sei es „sicherlich zeitaufwendig, zunächst alle Behältnisse von den Regalen zu entfernen, diese zu reinigen und sodann noch die Regale selbst zu reinigen“, räumt das Gericht ein. „Hierauf kommt es jedoch nicht an, solange das Material selbst, aus dem die Regale hergestellt sind, leicht zu reinigen ist“. Dabei erwähnen die die Richter „am Rande“, dass selbst Regale mit Türen gelegentlich von innen gereinigt werden müssten.

Einmal in zwei Wochen wischen reicht nicht

Mag das Gericht also keine grundsätzlichen Bedenken gegenüber den Regalen an sich haben, so weist es doch auf eines hin, das keinen Umbau erfordert: Der Apotheker hatte erklärt, die Regale würden alle zwei Wochen leicht feucht gereinigt. Das halten die Richter nach einer vorliegenden Arbeitshilfe zur Qualitätssicherung nicht für ausreichend. Dort ist bei Regalen und Standgefäßen eine wöchentliche Reinigung vorgesehen.

Die rechtskräftige Entscheidung im Eilverfahren hat zur Folge, dass der Apotheker keinen Zwangsgeld fürchten muss, wenn er der Verfügung nicht nachkommt, solange ihre Rechtmäßigkeit nicht in einem Hauptsacheverfahren geklärt wurde.

 

Beschluss des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 16. Februar 2017, Az.: 4 L 3263/16.DA


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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2 Kommentare

Regalreinigung

von Dr. Albrecht Emmerich am 07.07.2017 um 18:56 Uhr

Hessen ! Dort gibt es von der Regierung eingesetzte hauptamtliche Pharmazieräte. Ich erinnere mich noch an eine Revision als Praktikant: von vorne durch die Offizin gleichzeitig am Hintereingang kamen kamen die Herren.
Kriminelle werden heute zuvorkommender und höflicher behandelt als damals wir Mitarbeiter in der (vorbildlich geführten ) Apotheke!
Es gibt in anderen Bundesländern (Bayern) ehrenamtliche Pharmazieräte, die solchen Sachverhalt kollegial und mit Augenmaß angehen. Aber wenn jemand glaubt, er müsse seine Macht mit der Androhung von Strafmaßnahmen durchsetzen..... - arm!!!
Ist es Neid???

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Regalreinigung in der Rezeptur

von Heiko Barz am 07.07.2017 um 11:53 Uhr

Ein Bericht, der zeigt, wo unsere Probleme derzeit liegen.
Bei jeder Revision ist dieses Faktum Streitthema.
Erstaunlich ist, dass die persönliche Bewerung eines Kammerbeauftragten Einfluß nehmen kann auf mögliches Fehlverhalten. Aber das haben wir alle schon leidvoll erfahren.
Wenn erstmal die Großkonzerne die Arzneimittelverteilung übernommen haben, dann sind die Kammerbeauftragten sehr wahrscheinlich überflüssig. Die würden über solche Diktate nur lachen.

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