Ausschreitungen und Demos

Hamburger Apotheker trotzen G20-Gipfel

Hamburg - 07.07.2017, 09:15 Uhr

Krawalle und Ausschreitungen: Trotz sehr unruhiger Zeiten empfinden Apotheker die Arbeit an der Sternenschanze entspannt wie immer. (Foto: dpa)

Krawalle und Ausschreitungen: Trotz sehr unruhiger Zeiten empfinden Apotheker die Arbeit an der Sternenschanze entspannt wie immer. (Foto: dpa)


Das Schanzenviertel in Hamburg befindet sich derzeit im Ausnahmezustand: In der polizeilich abgesperrten Zone fliegen Flaschen und brennen Autos, denn die „Schanze“ liegt nicht weit entfernt vom Tagungsort des G20-Gipfel. Doch die Apotheker im Viertel sind nicht in Sorge wegen der Proteste und halten die Arzneimittelversorgung auch während des Gipfels aufrecht.

Wasserwerfer, Polizeihundertschaften, wütende Demonstranten und das blanke Chaos – vielen gehen solche Fernseh-Bilder durch den Kopf, wenn Sie an das Hamburger Schanzenviertel denken, etwa alljährlich zum 1. Mai oder insbesondere jetzt beim inzwischen begonnen G20-Gipfel. „Also wir sind ganz entspannt“, sagt Anette Kullik, die an der Juliusstraße in Sichtweite der berühmt-berüchtigten Roten Flora, dem zum linken Kulturzentrum umfunktionierten ehemaligen Theater, die Stern-Apotheke betreibt.

Dort sei alles wie immer. Während andere Ladenbesitzer, vor allem größere Ketten, Banken und Sparkassen zum Teil die Schaufenster verrammelt und den Laden geschlossen haben, geht in der Stern-Apotheke der Betrieb ganz normal weiter. „Es kommen auch ganz normal Kunden in den Laden, auch welche von den Demonstranten“, sagt die Apothekerin. Die säßen im Übrigen bei der Roten Flora und seien ganz friedlich. „Das wirkt fast wie ein Zeltlager der christlichen Jugend oder so“, beschreibt Kullik das Bild. „Die sind eigentlich alle ganz nett“, sagt sie.

In 20 Jahren war höchsten einmal ein Blumenbeet zertrampelt

„In 20 Jahren, die ich hier meine Apotheke betreibe, ist nie etwas passiert“, sagt sie. Kein Schaufenster sei zu Bruch gegangen und kein Schild beschmiert worden. „Warum auch. Wir kleinen Apotheken sind ja keine Großkapitalisten“, sagt sie. Natürlich habe es Krawalle in dem Viertel gegeben. „Aber das passiert eigentlich wenn, dann immer erst nachts – und meistens sind das Krawallmacher von außerhalb. Aber dann ist die Apotheke ja schon zu“, sagt sie. Allerhöchstens sei dann mal ein Blumenbeet vor dem Laden zertrampelt oder da mal ein Ziegelstein aus der Umfassung. „Aber dann richtet man das halt wieder her.“ Sie sei lange genug im Viertel, um keine Panik zu haben.

Im Gegenteil, sie fühlt sich im Sternschanzen-Viertel sogar sehr wohl. „Das ist ja eigentlich wie ein Dorf hier, sehr familiär“, sagt sie. Vieles, was man im Fernsehen sehe, sei übertrieben oder wirke viel dramatischer als es sich tatsächlich abspiele, sagt die Apothekerin. Auch wenn sie jetzt am Freitag bis 22 Uhr im Notdienst geöffnet habe, fürchtet die Apothekerin die Demonstranten nicht. „Und wenn es in der Zeit wirklich hoch hergeht und die Polizei alles absperren sollte, dann können wir ja einfach abschließen. Dann kommt ja eh kein Kunde mehr da durch“, sagt sie recht gelassen. Jedenfalls habe man keine besonderen Vorkehrungen getroffen. „Alles eigentlich wie immer“, sagt sie.

„Ein ganz normales Arbeiten hier“

Auch Uwe Sander, der seine Jungborn-Apotheke an der Straße Schulterblatt betreibt – noch ein Stück näher zum Tagungsort des G20-Gipfels in der Hamburger Messe, zwei Straßen entfernt vom Beginn der Sicherheitszone –, ist ganz gelassen. „Es ist ein ganz normales Arbeiten hier“, sagt er. „Ich kann diese große Ängstlichkeit und die ganzen Bedenken überhaupt nicht verstehen.“ In den 30 Jahren, die er die Apotheke bereits betreibe, sei bei ihm da gar nichts passiert. „Da wird auch sehr viel hochgespielt in manchen Medien“, sagt er, bevor er sich dem nächsten Kunden zuwendet und weiterarbeitet wie an jedem normalen Arbeitstag im Hamburger Schanzenviertel.


Volker Budinger, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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