Grüne NRW-Gesundheitsministerin

Alles Gute, Frau Steffens!

Stuttgart - 30.06.2017, 07:00 Uhr

Politischer Nachruf: Am heutigen Freitag muss NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) ihren Posten räumen. (Foto: Schelbert)

Politischer Nachruf: Am heutigen Freitag muss NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) ihren Posten räumen. (Foto: Schelbert)


Dass sie die Institution Apotheke und die Arbeit der Apothekerinnen und Apotheker schätzt, daraus hat die bisherige grüne NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens nie einen Hehl gemacht. Eine „Lobbyvertreterin der Apotheker“ sei sie deswegen noch lange nicht, darauf legte sie immer wert. Nun muss Steffens ihr Amt räumen, die Apotheker verlieren eine wichtige „Verbündete“ bei den Grünen.

Am heutigen Freitag wird die neue nordrhein-westfälische Landesregierung vereidigt. Damit sind die Tage von Barbara Steffens (Grüne) als Landesgesundheitsministerin endgültig gezählt, ihr Nachfolger wird der bisherige Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann von der CDU. Die Apothekerschaft verliert damit eine wichtige Fürsprecherin, die immer wieder und aus voller Überzeugung auf die Bedeutung und Wichtigkeit der Institution Apotheke hingewiesen hat – zuletzt im März auf dem „Zukunftskongress“ des Apothekerverbands Nordrhein, als sie den Apothekern zurief: „Wir brauchen Sie!“. Auch daran, dass die Regierung des bevölkerungsreichsten Bundeslandes nach dem EuGH-Urteil so schnell das Rx-Versandverbot unterstützt hat, hatte Steffens wesentlichen Anteil. Dem Vernehmen nach soll die damalige Ministerpräsidentin Hannelore Kraft erklärt haben, sich in dieser Frage ihrer Fachministerin Steffens anzuschließen – sie hat sich damit gegen prominente Parteifreunde gestellt.

Gegnerin des Arzneimittelversands

Der Standpunkt der NRW-Gesundheitsministerin war eindeutig und auch nicht neu, den Arzneimittelversand hat sie stets abgelehnt. 2014 sagte sie der DAZ: „Wer heute nach dem Motto ‚Geiz ist geil‘ versucht, Medikamente günstiger im Internet zu kriegen, hat morgen keine Apotheke mehr um die Ecke, wenn er sie dringend braucht.“

Diese Haltung war umso bedeutender, weil andere prominente Grünen-Gesundheitsheitspolitikerinnen sich nie so eindeutig auf die Seite der inhabergeführten Apotheke vor Ort gestellt haben. Andrea Fischer beispielsweise, die bisher einzige grüne Bundesgesundheitsministerin, war eine Befürworterin des Arzneimittel-Versands, von Biggi Bender ganz zu schweigen. Die damalige  gesundheitspolitische Sprecherin ihrer Partei zeigte sich 2005 öffentlich vom Stuttgarter Pharmahandelskonzern Celesio „beeindruckt“. Dort war damals Fritz Oesterle am Ruder, der - nicht zuletzt mit der DocMorris-Übernahme 2007 - den deutschen Apothekenmarkt aufmischen wollte. Bender war ganz auf dieser Linie und forderte immer wieder die Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbots. Noch im letzten Bundestagswahlkampf wirkte diese Einstellung nach, als der grüne Spitzenkandidat Jürgen Trittin die Abschaffung des Mehrbesitzverbots für Apotheken forderte.

Mit ihrer klaren Positionierung für ein Rx-Versandverbot hat sich Steffens im vergangenen Herbst auch gegen die aktuelle Arzneimittel-Expertin der Grünen-Bundestagsfraktion Kordula Schulz-Asche gestellt, die die Pläne Gröhes immer abgelehnt hat. Steffens dagegen bekräftigte ihre Haltung, beispielsweise in der vom AOK-Bundesverband herausgegebenen Fachzeitschrift „Gesundheit und Gesellschaft“ (G+G): „Zum Versorgungsauftrag der Apotheken zählen auch persönliche Beratung, Nacht- und Notdienst. In Stadtteilen und auf dem Land, wo sonst kaum noch medizinische Strukturen existieren, sind Apotheken vor allem für Ältere oft einzige Anlaufstelle für gesundheitliche Beratung.“ Das Argument, dass man einen Online-Vertriebskanal im digitalen Zeitalter nicht schließen sollte, ließ sie nicht gelten: „Befürworter des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Medikamenten argumentieren mit dem Zeitgeist. Dieser Zeitgeist gefährdet die Existenz der Apotheken vor Ort. Er bietet keine Lösung zur Schließung der Versorgungslücken, die entstehen, wenn der Versandhandel die Existenz vor Ort benötigter Apotheken zerstört hat.“ Verwunderlich war allerdings, dass die Grünen als Partei in NRW im Wahlkampf zuletzt forderten, den Versandhandel mit den Apotheken vor Ort gleichzustellen.



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Den Heilberuf Apotheker besser nutzen

1 Kommentar

Frau Steffens

von Heiko Barz am 30.06.2017 um 11:31 Uhr

Die beschriebene Analyse des gesundheitspolitischen Werdegangs der Frau Steffens ist ein Beweis dafür, dass politisches Handeln Einzelner, sich gegen die Grundprinzipien ihrer Parteilinie zu stellen, von Durchsetzungsvermögen und starkem Charakter geprägt sein kann.
Dass nun Frau Kraft auf die gleiche Ebene gehoben wird, ist deswegen anzuzweifeln, da ausgerechnet zum NRW Wahlkampf ihre Hinwendung zur 'Inhabergeführete Apotheke' schwerlich nachzuvollziehen ist.
Den politischen Grundsatz der SPD folgend kann aus wahlpolitischer Position auch das Gegenteil vermittelt werden, wohl wissend, dass bundesweit SPD Taktiken wenig oder gar nicht von einer Einzelposition berührt werden.
Bei Frau Rundt (SPD) als niedersächsische Gesundheitsministerin im Übrigen sehen wir ein ähnliches, eindrucksvolles Phänomen. Leider parteipolitisch gesehen mit einer gegen Null tendierenden Effektivität.

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