Pharmakovigilanz

MS-Arzneimittel Zinbryta unter Beobachtung

Berlin - 21.06.2017, 12:00 Uhr

Zinbryta – wie gefährlich ist das Arzneimittel gegen Multiple Sklerose für die Leber? (Packshot: Biogen)

Zinbryta – wie gefährlich ist das Arzneimittel gegen Multiple Sklerose für die Leber? (Packshot: Biogen)


Die Europäische Arzneimittelagentur unterzieht den monoklonalen Antikörper Daclizumab (Zinbryta) einer besonderen Überprüfung. Sie hat ein Pharmakovigilanz-Verfahren zu dem MS-Arzneimittel eingeleitet, weil eine Patientin aus Deutschland nach der Behandlung mit Zinbryta an den Folgen eines akuten Leberversagens verstarb.

Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) hat ein Verfahren nach Artikel 20 der „Verordnung zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Errichtung einer  Europäischen Arzneimittel-Agentur“ (VO (EG) Nr. 726/2004) gestartet. Konkret geht es um den monoklonalen Antikörper Daclizumab (Zinbryta® von Biogen). Dieser ist seit Juli 2016 von der EU-Kommission zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit schubförmiger – relapsing remitting – multipler Sklerose (MS) zugelassen. Nun werden Sicherheit und Risiken des Arzneimittels nochmals genau unter die Lupe genommen.

Todesfall trotz vorgesehener Kontrollen

Wie das Paul-Ehrlich-Institut in einer Sicherheitsinformation mitteilt, wurde das Verfahren bei der EMA gestartet, weil eine Patientin aus Deutschland nach Behandlung mit Zinbryta® an den Folgen eines akuten Leberversagens verstarb. Die Patientin hatte vier Injektionen des MS-Arzneimittels erhalten. Dabei war sie auch vorschriftsmäßig hinsichtlich der Leberenzyme und des Bilirubinwertes kontrolliert worden. Denn dass Daclizumab die Leber schädigen kann, ist bekannt. Die Patientin hatte außerdem ein Vitamin-D-Präparat und ein Medikament zur Entspannung der Muskulatur erhalten.

In der Fachinformation von Zinbryta® wird beschrieben, dass bei der Anwendung erhöhte Serumtransaminasen und schwere Leberschädigungen beobachtet wurden. In klinischen Studien waren bei einem Prozent der Patienten schwerwiegende Ereignisse aufgetreten, einschließlich Autoimmunhepatitis, Hepatitis und Ikterus (Gelbsucht). Ein Patient, dessen Therapie mit der doppelten der zugelassenen Dosis Zinbryta® nach einer geplanten sechsmonatigen Therapiepause in einer klinischen Studie wieder begonnen wurde, entwickelte eine Autoimmunhepatitis, die tödlich verlief.

Ärzte sollen engmaschig überwachen

Daher wurde in die Fachinformation die Empfehlung aufgenommen, dass Serumtransaminasen und Bilirubinwerte vor Beginn der Therapie, monatlich während der Behandlung sowie bis vier Monate nach Absetzen der Therapie bei mit Zinbryta® behandelten Patienten überprüft werden sollten. Bei Erhöhung der Werte sollte die Therapie unterbrochen beziehungsweise abgebrochen werden.

Behandler sollten Patienten, die Zinbryta® erhalten, engmaschig überwachen und sie über das Risiko einer Leberschädigung sowie erste Symptome aufklären.

Patienten sollten ihren behandelnden Arzt unverzüglich aufsuchen, wenn sie Symptome entwickeln, die auf eine Lebererkrankung hinweisen. Dazu gehören Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Müdigkeit, Appetitlosigkeit, gelbliche Verfärbung der Haut und der Lederhaut des Auges (Skleren) sowie dunkler Urin.

Entscheidung im September

Mit der Frage, was mit Daclizumab letztlich geschehen wird, ob und welche Maßnahmen zur Risikoabwehr ergriffen werden, befasst sich nun der im Jahr 2012 bei der EMA eingerichtete Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (Pharmacovigilance Risk Assessment Committee, PRAC). Mit einer Entscheidung des PRAC wird im September 2017 gerechnet.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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