Thüringer Apothekertag

Warum Gregor Gysi lieber seine Apothekerin fragt als seinen Arzt

Erfurt - 10.06.2017, 14:30 Uhr


Am heutigen Samstagmittag ging in Erfurt der Thüringer Apothekertag zu Ende. Während die politische Diskussion von Standesvertretern und Politikern der Linken, der Grünen, der SPD und der Union keine neuen Erkenntnisse bezüglich der Position zum Rx-Versandverbot brachte, erfuhren die Teilnehmer interessante Details über die Beziehung der beiden Festredner, Gregor Gysi und Lothar de Maizière, zu ihren Apothekern. 

Gregor Gysi fragt lieber seine Apothekerin als seinen Arzt – die sei nämlich hübscher – und Lothar de Maizière hat natürlich auch eine Stammapotheke, in der er sich seinen „Rentnercocktail“ zusammenstellen lässt. Das war es dann aber zum Thema Apotheke in den Festreden beim Thüringer Apothekertag, der Freitag und Samstag und Erfurt stattfand. Denn eigentlich standen bei den beiden Politikern andere Themen im Fokus. So sprach der Ministerpräsident a. D. de Maizière darüber, ob Große Koalitionen eine Gefahr für die Demokratie bedeuten. Linken-Politiker Gysi suchte nach Lösungsansätzen für ein Europa in der Krise. Er habe alles prophezeit, was derzeit passiert. 

Einigkeit bei Europa im Allgemeinen

Um Europa ging es dann auch in der anschließenden „Thüringer Runde“. Thema der Podiumsdiskussion, die von DAZ-Herausgeber Peter Ditzel moderiert wurde, war „Demokratie in Europa – ein Auslaufmodell?“. Geladen waren Politiker der im Bundestag vertretenen Parteien: Stephanie Erben, Landessprecherin Bündnis90/Die Grünen in Thüringen, Carsten Schneider, stellvertretender Landesvorsitzender der SPD in Thüringen und MdB, Marion Eich-Born, von der thüringischen CDU, Jörg Kubitzki, stellvertretender Landesvorsitzender von der Linken, sowie Jens Gobrecht vom Brüsseler Büro der ABDA. Außerdem diskutierte Stefan Fink vom Thüringer Apothekerverband (ThAV) mit. 

Solange es um Europa im Allgemeinen ging, gab es keine großen Kontroversen. Alle gaben an, dass Europa für sie persönlich in vielerlei Hinsicht Freiheit bedeute, die noch keine Generation vorher so hatte. Das würde schon für viel zu selbstverständlich erachtet, hieß es. Auch grundsätzlich war man der Meinung, dass gewisse Bereiche auf europäischer Ebene geregelt werden müssten und es auch dort dann auch gewisser europaweiter Standards bedürfe. Dabei sei allerdings wichtig, dass diese Standards nicht schlechter sein dürften, als die, die Mitgliedsländer bereits haben. Bedenken, die zum Beispiel im Zusammenhang mit der EU-Dienstleistungsrichtlinie und deren Auswirkungen auf den Zugang zu reglementierten Berufen hervorgebracht wurden. 

Große Kontroversen im Speziellen

Deutlich kontroverser ging es dann beim Thema Rx-Versandverbot zu. Klare Kante für das Rx-Versandverbot zeigte der Politiker der Linksfraktion. Er sprach sich „sogar als Linker“ zudem noch klar dafür aus, dass Apotheker für ihre Arbeit besser vergütet werden müssen. Es sei mehr drin, ohne dass Arzneimittel für irgendjemanden teurer werden würden. Sein Ansatzpunkt: die Mehrwertsteuer. Für Linken-Politiker Kubitzki sei es nicht nachvollziehbar, warum auf Arzneimittel 19 Prozent fällig werden, auf Hundefutter aber der reduzierte Satz. Die Grüne Landes-Politikern – die Rot-Rot-Grüne Landesregierung war an der Bundesratsinitiative zum Rx-Versandverbot beteiligt – hielt sich relativ bedeckt. Sie betonte aber explizit die wichtige Rolle, die Apotheken in ländlichen Gegenden, von denen es in Thüringen viele gibt, haben. 

Der SPD-Politiker Schneider hingegen vertrat klar die Auffassung der Bundestagsfraktion. „Mit mir gibt es kein Rx-Versandverbot.“ Er wolle den Menschen im Plattenbau nicht die Möglichkeit nehmen, im Versandhandel ein paar Euro zu sparen. Dem Argument, dass sich zuzahlungsbefreite Patienten mit den Rx-Boni bereichern können, setzte er entgegen: „Deswegen wollen wir die Boni ja deckeln.“ Wirtschaftliche Folgen sehe er nicht. Er kenne die Gewinne der Apotheken. Die seien ausreichend. Gleichzeitig betonte Schneider aber auch die Wichtigkeit der flächendeckenden Versorgung und dass man diese auf jeden Fall aufrechterhalten müsse. Einen Vorschlag, wie man das machen könnte, hatte aber auch Schneider nicht. Der ThAV-Vorsitzenden Fink hielt mehrfach kräftig dagegen. So wurde es zwar stellenweise emotional, aber neue Erkenntnisse hinsichtlich der Positionierung zum Rx-Versandverbot gab es nicht. 

Der Thüringer Apothekertag ging am heutigen Samstag in den Mittagsstunden zu Ende. Ein paar Impressionen finden Sie in der Bildergalerie. 


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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2 Kommentare

SPD eine Partei am Abgrund

von Landapotheker am 14.06.2017 um 17:55 Uhr

Ich kenne das aus Sachsen-Anhalt nur zu gut.
Die SPD braucht niemand mehr ....leider. Letzte Landtagswahl 2016 Sachsen-Anhalt 10,6 % (-10,9%). Thüringen 2014 12,4% (-6,1%).
und die letzten 3 Landtagswahlen im "Westen" sagen alles.

Wenn die SPD sich wie am Anfang unter Schulz klar alternativ links positioniert, hat sie eine Chance. Aber dann zur FDP schlittern, danach Roter Sheriff Richtung AfD ..... .
Dazu Konzerne und Steuerbetrug/ vermeidung fördern und den Mittelstand = Apotheken zerstören. Wer soll das und zu welchem Zweck wählen ?

Hirnloses Nachgeplapper des Blödsinns der Berliner Parteizentrale ....ohne Ansatz einer Lösung ?
Boni deckeln...genau.
Interessiert das die Auslandsversender ?
Zahlen die dann ihre Strafen wieder nicht ?
Jucken die mit saudischen Milliarden im Rücken überhaupt ein paar Millionen mehr Miese pro Jahr ?
Das hatten wir doch alles schon oder ?
Das EUGH kassiert die Bonideckelung nicht wieder ein ?

Versicherungsbetrug als Finanzierung der Unterschicht ?
Die dank SPD-Gesetzen darauf angewiesen ist !?
Da kann man nur mit dem Kopf schütteln. Laut SPD-Zentrale sollten die Boni ja gar keine Geldboni mehr sein ? Nun doch wieder ? Wenn man Boni begrenzt, muss sich das Opfer der SPD-Gesetze dann mehr Rezepte erschleichen. Damit der "Ertrag" des Betruges wieder stimmt. Also das ist krank ...um höflich zu bleiben.

Und in dem Zustand ...tschüß SPD, schade darum was für Deppen heute die tolle Tradition mit Füßen treten. Man kann nur alle Noch-SPDlern raten. Schließen sie sich bitte einer linken und/oder sozialdemokratischen Partei an.
Danke.

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Apothekertag in Thüringen

von Heiko Barz am 11.06.2017 um 12:52 Uhr

Wenn der Herr Schneider nachbrabbelt, was die SPD Zentrale ihm aufgibt zu sagen, dann hat auch er, wie die meisten seiner politischen Farbe, keine Ahnung vom bilanzierten Gewinn losgelöst vom Umsatz.
Dass aber jemand den Mut hat, einmal die MWST in den Focus der Arzneimittelpreise zu stellen hat aber wiedereinmal
Keine Diskussion zur Folge.
Wenn ich meinen Patienten vorrechne und stelle den Apothekengesweninn gegen die MWST bei einem z.B. teuren Hepatitis C Medikament sehe ich immer nur in ungläubige Augen.
Wer sich da wohl eine "Goldene Nase" verdient? Die dabei erzwungenen Milliardengewinne sind beim Staarshaushalt längst und unwiderruflich eingepreist.

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