Interview mit Aufsichtsratsvorsitzenden

AOK will Preiswettbewerb nur für Apotheker

Berlin - 30.05.2017, 13:30 Uhr

Wettbewerb nur im Apothekenmarkt: Während der AOK-Bundesverband im Apothekenmarkt eine weitgehende Öffnung beim Preisrecht fordert, soll es laut den beiden Aufsichtsratsvorsitzenden des Verbandes im Kassensystem keine Rosinenpickerei geben. (Foto: Sket)

Wettbewerb nur im Apothekenmarkt: Während der AOK-Bundesverband im Apothekenmarkt eine weitgehende Öffnung beim Preisrecht fordert, soll es laut den beiden Aufsichtsratsvorsitzenden des Verbandes im Kassensystem keine Rosinenpickerei geben. (Foto: Sket)


In einem Interview haben die beiden Aufsichtsratsvorsitzenden des AOK-Bundesverbandes, Fritz Schösser und Volker Hansen, Kritik an Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe geübt. Der CDU-Politiker habe im Gegensatz zu einem seiner Vorgänger, Philipp Rösler (FDP), keinen großen „Zukunftsschlag“ gebracht. Und: Während der Kassenverband die Rx-Preisbindung im Apothekenmarkt aufheben will, soll es unter den Kassen keinen Preiswettbewerb und keine Rosinenpickerei geben.

Glaubt man den derzeitigen Meinungsumfragen zur Bundestagswahl, könnten CDU und FDP auf Bundesebene eine Neuauflage der schwarz-gelben Koalition starten. Wer würde in einem solchen Fall das Bundesgesundheitsministerium (BMG) übernehmen? Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hat bereits angekündigt, dass er im Falle einer Wiederwahl sehr gerne im Amt bleiben würde.

(Foto: AOK)
Dr. Volker Hansen - alternierender Aufsichtsratsvorsitzender (Arbeitgebervertreter) des AOK-Bundesverbandes

Sollte es wirklich zu einer schwarz-gelben Koalition kommen, würde der AOK-Bundesverband wohl lieber die FDP im Bundesgesundheitsministerium sehen. Denn in einem Interview mit dem vom Bundesverband herausgegebenen Gesundheits-Magazin „Gesundheit und Gesellschaft“ (G+G) erteilen die beiden Aufsichtsrats-Chefs des Kassenverbandes, Volker Hansen und Fritz Schösser, Gröhe kein gutes Zeugnis für seine Zeit im BMG.

Mit Blick auf den neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff, den die Große Koalition in dieser Legislaturperiode etabliert hatte, sagte Schösser, der bis 2015 auch Verwaltungsratsvorsitzender der AOK Bayern war, in dem Interview: „Hermann Gröhe ist fleißig gewesen, keine Frage. Aber der große Zukunftsschlag fehlt – sieht man einmal vom neuen Pflegebegriff ab.“ Dieser „Zukunftsschlag“ sei FDP-Politiker Philipp Rösler in seiner Zeit als Bundesgesundheitsminister hingegen gelungen. 

(Foto: AOK)
Firtz Schösser - alternierender Aufsichtsratsvorsitzender (Versichertenvertreter) des AOK-Bundesverbandes

Schösser weiter: „Philipp Rösler hat 2011, um ein Beispiel zu nennen, mit dem Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz – dem AMNOG – einen Meilenstein in der gesetzlichen Krankenversicherung gesetzt, was den Kosten-Nutzen-Vergleich neuer Medikamente betrifft. Das war ein epochaler Schritt, um die Pharmakosten zu begrenzen. Die Kassen sahen sich erstmals in die Lage versetzt, der Pharmaindustrie als Verhandlungspartner gegenüberzutreten, um Mondpreise zu erden. Eine solche Großtat hat es unter Gröhe im Krankenversicherungsbereich nicht gegeben. Im Gegenteil: Einige dieser mutigen Reformen wurden wieder aufgeweicht.“




Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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4 Kommentare

Nicht mit Zweierlei Maß nehmen!!

von Apothekerin am 31.05.2017 um 10:58 Uhr

Ich greife folgendes Zitat des AOK-Vertreters auf: „Der immer wieder laut werdende Ruf nach mehr Wettbewerb in der Krankenversicherung hat Grenzen: Welcher Wettbewerb soll in der Krankenversicherung ausgetragen werden? Beitragswettbewerb mit großen Risiken für die Versorgung? Oder ein Wettbewerb um qualitativ hochwertige Versorgung?"" Das ist sehr gut formuliert!! Es sollte allerdings bedacht werden, dass Selbiges genau so für den Preiswettbewerb zwischen Apotheken gilt. Die negativen Auswirkungen auf eine qualitativ hochwertige Versorgung der Patienten lässt sich schon länger feststellen. Hier sollte die AOK offener in ihrer Denkweise werden, da in unserem komplexen Gesundheitssystem alle "Parteien" Hand in Hand arbeiten müssen, um der Versorgung der Patienten gerecht zu werden.

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Die Vor-Ort-Apotheke als Notnagel?

von Peter Bauer am 31.05.2017 um 9:19 Uhr

Durch Selektivverträge mit Versandapotheken und deren Bewerbung durch die Krankenkassen würde das jetzige
Arzneimittelversorgungssystem innerhalb kürzester Zeit nicht mehr existent sein.Das weiss auch die GKV.Wenn ich mir das Hilfsmittelsystem anschaue,dann kann man gut erkennen ,dass es für die GKV-Versicherten mancherorts mittlerweile aufwendig ist, eine Versorgung zu erhalten,weil Apotheken keine Veträge mehr abgeschlossen haben.Im Falle der Hilfsmittelversorgung machen dennoch viele Apotheken mit ,aus Angst Kunden zu verlieren und nicht weil sie Geld damit verdienen.Wenn aber in der Arzneimittelversorgung die Kunden wegfallen,fallen auch die Leistungserbringer weg- innerhalb kürzester Zeit.Finanztechnisch ist in vielen Apotheken kein Spielraum für solche Experimente.Mittlerweile ist alles auf Kante genäht.Dann müßte in vielen Gegenden die GKV mit ihren Versandapotheken wohl die Versorgung selbst gewährleisten.Natürlich müßte dazu auch die Gesetzgebung gelockert(!!!!) und geändert werdenIch glaube nicht,dass diese Lösung preiswerter und besser sein wird.Das würde die GKV dann nicht zugeben ,aber sich mit Sicherheit wegen der eigenen Dummheit sprichwörtlich in den eigenen Allerwertesten beißen.Wie gesagt,ich denke die Damen und Herren der GKV mögen vieles sein ,aber ich glaube nicht blöd.

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Krankenversicherung

von Thomas Metze am 30.05.2017 um 19:09 Uhr

Ich bin gerne bereit mich als angestellter Apotheker bei einer ausländischen Krankenversicherung zu versichern und dies wenn nötig vor Gericht zu erstreiten, wenn mich denn ein Apothekerverband dabei unterstützt. In der EU sollte es doch eine Versicherungsfreiheit geben, oder?

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Krankenversicherung

von Thomas Metze am 30.05.2017 um 19:06 Uhr

Wie wäre es denn mal mit einer Klage um sich als angestellter Apotheker bei einer Krankenversicherung im Ausland versichern zu lassen. Wenn mich ein Apothekerverband unterstützt, bin ich gerne bereit den Stein ins Rollen zu bringen. In der EU sollte es doch möglich sein sich grenzübergreifend zu versichern, wenn weder Politik noch die GKV eine Gefahr bei grenzübergreifenden Dienstleistungen sieht.

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