Wahlprogramm

FDP unterstützt Versandhandel und will Apothekenketten

Berlin - 30.04.2017, 18:00 Uhr

Sieg für FDP-Chef Christian Lindner: Die FDP hat auf dem Bundesparteitag in Berlin beschlossen, sich gegen das Rx-Versandverbot und für mehr Wettbewerb im Apothekenmarkt auszusprechen. (Foto: dpa)

Sieg für FDP-Chef Christian Lindner: Die FDP hat auf dem Bundesparteitag in Berlin beschlossen, sich gegen das Rx-Versandverbot und für mehr Wettbewerb im Apothekenmarkt auszusprechen. (Foto: dpa)


Die FDP hat sich entschieden: In den Wahlkampf zur Bundestagswahl will man mit der Forderung nach mehr Wettbewerb im Apothekenmarkt einziehen. Ein Antrag, der ein befristetes Rx-Versandverbot zum Schutz der Apotheke vor Ort vorgesehen hätte, wurde auf dem Bundesparteitag in Berlin abgelehnt. Ganz im Gegenteil hat es ohne Aussprache ein Antrag ins Programm geschafft, der die Aufhebung des Fremdbesitzverbotes vorsieht.

Die FDP hat ihr Wahlprogramm für die Bundestagswahl beschlossen. Darin enthalten sind weitreichende Deregulierungs-Forderungen für den Apothekenmarkt. Am gestrigen Sonntag hatten die Delegierten der Liberalen auf dem Bundesparteitag einen Leitantrag der Parteispitze zum Apothekenwesen durchgewinkt und im Anschluss ohne Aussprache weitere Anträge zur Liberalisierung des Apothekenmarktes beschlossen. In ihrem Wahlprogramm machen sich die Liberalen nun für „faire Wettbewerbsbedingungen“ stark – „damit eine adäquate und wirtschaftliche Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln erhalten bleibt“. Ein Rx-Versandverbot lehnt die Parteispitze in dem Entwurf ab. FDP-Parteichef Christian Lindner hatte dies auch mehrfach erklärt. Seine für Gesundheitsfragen zuständige Stellvertreterin Marie-Agnes Strack-Zimmermann hatte diesen Kurs gegenüber DAZ.online bestätigt.

Das Rx-Versandverbot sei „rechtlich höchst fragwürdig“, wie es im Wahlprogramm heißt, und würde die Wahlfreiheit der Patienten einschränken. „Daher fordern wir Freie Demokraten, das Arzneimittelgesetz, die Arzneimittelpreisverordnung und das Sozialgesetzbuch V dahingehend anzupassen“, dass faire Rahmenbedingungen für die Versorgung mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln geschaffen werden, schreibt die Parteispitze, ohne hier genauer zu werden. Auch spricht sie von einer „angemessenen Honorierung des Notdienstes“ – und den Abbau umfangreicher Dokumentationsverpflichtungen, der den Apothekern mehr Zeit für die individuelle Beratung ihrer Patienten einräumen soll.

Die Aussprache über den Apothekenmarkt verlief unübersichtlich und wurde durch mehrere Geschäftsordnungsanträge unterbrochen. Bis zuletzt war unklar, welche der zahlreichen Anträge aus den Landesverbänden der FDP nun also im Wahlprogramm gelandet sind und welche nicht. Einer der nun beschlossenen und im fertigen Wahlprogramm veröffentlichten Anträge ist kurz, aber könnte für die Apotheker weitreichende Auswirkungen haben. Wörtlich heißt es nun im Wahlprogramm: „Weitere Marktzugangshemmnisse wie das Fremdbesitzverbot müssen abgeschafft werden." Ähnlich wie die SPD fordert die FDP allerdings neben den Deregulierungs-Vorschlägen neue Honorarbestandteile für Beratungsleistungen der Apotheker.

Bundesparteitag ist gegen das Rx-Versandverbot

Zur Stunde stimmen Delegierte der Liberalen aus allen Bundesländern in Berlin über das Wahlprogramm ihrer Partei für die Bundestagswahl ab. Einer der ersten Punkte auf der heutigen Tagesordnung war der besagte Vorschlag zum Versandhandel. Nach intensiver Aussprache zum Thema beschlossen die Delegierten den Entwurf des Bundesvorstandes. Die FDP spricht sich somit gegen das Versandverbot und für mehr Preiswettbewerb im Apothekenmarkt aus.

Bis zuletzt hatte es gegen diesen Kurs heftigen Widerstand aus den Bundesländern gegeben. Der FDP-Landesverband Baden-Württemberg hatte daher auch einen Gegenantrag eingebracht, der ein befristetes Versandverbot vorgesehen hätte. „Wir Freie Demokraten fordern ein befristetes Untersagen des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln“, beantragte der Landesverband und begründete es mit der „Sicherheit bei der Arzneimittelversorgung“. Durch das EuGH-Urteil sei eine Wettbewerbsverzerrung entstanden, durch die eine „konkrete Gefährdung deutscher Apotheken“ und damit auch der flächendeckenden Arzneimittelversorgung zu befürchten sei. „Es besteht die Gefahr, dass viele öffentliche Apotheken möglicherweise diesen Wettbewerb nicht bestehen“, erklärte der FDP-Landesverband. Dieser Antrag wurde vom Bundesparteitag am heutigen Sonntag allerdings mehrheitlich abgelehnt.

Kanold verteidigt Apotheker

Einige Liberale sprachen sich während der Diskussion dafür aus, die Unterstützung für die Apotheker einzuschränken. Ein Delegierter sagte, man müsse die „reine Klientelpolitik“ für Apotheker endlich hinter sich lassen. Die Liberale Andrea Kanold aus Baden-Württemberg, selbst Apothekerin, hatte sich allerdings gegen den neuen Wettbewerbs-Kurs ausgesprochen. Kanold hatte für das Versandverbot und somit den Antrag ihres Landesverbandes geworben. Vergeblich.


Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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16 Kommentare

FDP

von Alexander Zeitler am 08.05.2017 um 23:24 Uhr

welcher Kollege ist bei denen noch Mitglied???
Ich sag einfach: Ciao Lindner, Cio FDP.
Mehr muss man nicht sagent
Ciao

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Welche Klientelpolitik ! - gut - gegen eine Gruppe ist auch eine

von Ratatosk am 02.05.2017 um 12:33 Uhr

Welche Klientelpolitik meint dieser Mensch denn eigentlich ? Schon Rösner hat durch ein Verordnungschaos allen geschadet und für Apotheken hat die FDP seit 20 Jahren nichs gemacht, die letzten seltsamen Dinge waren die MWST Zuckerl für die Gastronomie. Durch diese Politk gefährdet die FDP auch alle anderen freien Berufe, hier sollten diese Gruppen bei jeder Gelegenheit darauf hingewiesen werden. Ich konnte schon viele Kunden durch klare Argumente von der FDP abwenden, jeder Einsatz gegen diese Partei lohnt sich.

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FDP Mitgliedschaft

von Dr.Diefenbach am 02.05.2017 um 12:24 Uhr

Ich hoffe dass FS dieser Truppe endgültig den Rücken kehrt.Jeder Euro ist zu viel für diese Kleingrösse.ich selbst werde auf eines der ABDA Wahlplakate schreiben dass ICH so überhebliche Menschen nie und nimmer unterstütze.Das hat immer einen gewissen lokalen Einfluss.Und aus 6 kann so auch wieder 4,9 werden.Das reicht ja dann

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Unterschied

von Anita Peter am 02.05.2017 um 6:08 Uhr

Der Unterschied ist, wenn ich meine Apotheke in den Sand setze, dann hafte ich mit meinem privatvermögen. Wie war das bei Ihnen Herr Lindner? Ohne perönliche Haftung lässt sich eine Firma doch viel leichter gegen die Wand fahren oder?

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erst die freien Berufe - dann der Mittelstand

von freier apotheker im münsterland am 01.05.2017 um 21:23 Uhr

erst wettbewerb, dann wettbewerb und dann auch wieder wettbewerb, der Mensch zählt nicht merh!
FDP ist schon lange nicht mehr das, wofür sie einst stand. warum fallen so viele darauf herein?
heute die freien Berufe - morgen der gesamte Mittelstand

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So langsam stirbt...

von Andreas P. Schenkel am 01.05.2017 um 21:07 Uhr

... doch die Hoffnung, dass die FDP nach (!) Christian Lindner noch existieren könnte und zu ihrer alten Form zurückfinden möge, also zu Genschers, Burkhardt Hirschs, Kinkels, Gerhardts, Solms etc. verantwortungsvoller Art, langfristig angelegte Politik zu betreiben und wieder Staatserhaltung und -verbesserung auf hohem Niveau zu betreiben.

Und damit meine ich nicht nur die unverantwortlichen Positionen, Thesen und Planungen zur Zunkunft der Freien Berufe, die Lindner auf dem blutbesudelten Altar des ungezügelten Neoliberalismus opfern will, sondern auch sein unglaublich kurzsichtiges und strategiebefreites Wahlkampf-Dampfgeplauder zu Nahost, insb. Türkei-Politik, jüngst in den Talkshows. Mir scheint, dass auch für andere Politikfelder gelten darf, dass wohl nicht so viel hinter all den hehren Worten sein kann.

Leider alles nur noch Effekthascherei.
Frei? So nicht. Eher der Weg in die Unfreiheit, mit dem Gesundheitssystem an die Kette gelegt.
Liberal? Nee, neoliberal, also das Gegenteil von liberal! Partei? Ein-Mann-Partei ohne kluge Inhalte, die kluge Landespolitiker (z.B. Theuer aus BaWü) düpiert.

Schade drum. Bei all der Tradition und der ehemaligen Bedeutung dieser Partei.

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FDP - (sch)ade

von Christoph Gulde am 01.05.2017 um 19:52 Uhr

Was mich wirklich interessieren würde ist, ob die Aussage von Christian Lindner aus inhaltlicher Überzeugung oder durch ein Beziehungsgeflecht zustande kommt.
Auffällig war für mich jedenfalls, dass beim Neujahrsempfang der FDP in Stuttgart Anfang Januar 2017 in Christian Lindners Rede zwar das Handwerk (nebst kleinen und mittleren Unternehmen in der Championsleague-Klasse) vorkamen, aber kein Wort zu den Freien Berufen gefallen ist. Das betrifft ja nicht nur Apotheker, sondern ist unabhängiger, freier Teil unserer Gesellschaft an vielen Punkten. Für mich sind Freiberufler in ihrer Unabhängigkeit eine Form von Verbraucherschutz.

Hier drängt sich für mich ein Verdacht auf, der auch in den übrigen Kommentaren angesprochen wird.
T.LaRoche z.B.: Ja, wenn wir erst soweit sind, dass wir nur bei Mindestverkauf von x Arzneimitteln pro Kunde unser Soll erfüllt und unser Gehalt verdient haben. In der Kette haben wir einfachere Vorgaben.
Ich muss die FDP ja nicht verstehen, aber zumindest Christian Lindner als brillianter Redner versteht es, den Kurs der FDP zu "großen Strukturen" und weg von der "Kleinteiligkeit" zu bestimmen.

Der Antrag der FDP Baden-Württembergs (immerhin Europapolitiker Michael Theurer) wurde ja abgebügelt.
Soll ich das jetzt alles schade finden oder ist es mir egal?

Wenn man den Kopf zu oft schüttelt, läuft man Gefahr ein Schleudertraum zu bekommen, also denk' ich nicht mehr drüber nach - über die FDP von Christian Lindner.

Dabei gab es wirklich gute Ansichten: Gleiches Recht für alle gleich durchsetzen - statt Gesetzesverschärfungen. Fand ich gut. Aber insgesamt, am Ende der Veranstaltung, fange ich damit irgendwie garnichts mehr an. Ich finde es schade.

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Standort

von Jochen Ebel am 01.05.2017 um 19:40 Uhr

Jetzt wissen wir wenigstens, wo die FDP steht. Die Zeiten, in denen fast 25 % der Apotheker FDP gewählt haben und die Partei unterstützt haben, sind wohl endgültig vorbei.

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Lindner's soziales Gewissen?

von Heiko Barz am 01.05.2017 um 14:02 Uhr

Gesundheit erarbeitet durch hochqualifizierte Berufsgruppen und dagegen ausschließlich dumpfe Kapitalbildung durch gierige von "Heuschrecken" getriebene Wirtschaftsmanager können und dürfen keinen gemeinsamen Weg beschreiten.
Wessen Interessen ein Herr Lindner in diesem fast klassischen Drama einnimmt wird er uns natürlich nicht erklären.
Der immer noch, auch von den Medien wider besseren Wissens dauernd in den Fokus gestellte Irrglaube, mit der Gesundheit der eigenen Bevölkerung im Allgemeinen Risiko- Aktienbereich Kapital einzutreiben zu können, der hat sich von einem, seinem sozialen Gewissen, das jeder Politiker verfolgen müßte, mit Siebenmeilenstiefeln und grob fahrlässig verabschiedet.
Auch wenn vordergründig viele die deutlicher werdenden finanziellen Schräglagen der Gesundheitsanbieter als vom Neid bedingte Genugtuung erfahren, so gibt es nachhaltig wesentlich gröbere negative Verschiebungen bei der allgemeinen Qualität im Versorgungsmechanismus.
Der eigentlich im Mittelpunkt stehende Patient ist dann aber der Leidtragende auf ganzer Strecke.

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Kapital und sein Kientel

von Dr Schweikert-Wehner am 01.05.2017 um 10:34 Uhr

Endlich sind Sie ein Paar das Kapital und die "Liberalen". FDP und Apotheker sind es schon lange nicht mehr. Mal sehen wer bei wem am Grab steht.

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rx vesandverbot

von Dr. Radman am 01.05.2017 um 9:55 Uhr

Wer hat schon was anderes erwartet.

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Der neue "FDP-Reiniger" aus NRW über "fair & rein" ... natürlich mit Banane ...

von Christian Timme am 01.05.2017 um 9:54 Uhr

Nur ablesen und eloquent daherreden reicht nicht Herr Lindner, nehmen Sie Ihre neue FDP mit ins 4,x % Grab und dann können Sie lange über eine „reine Klientelpolitik“ nachdenken ... kleiner Tip, ohne "Manuskript" wird auch das nicht ...

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Wahlprogramm FDP

von Dodomaster am 30.04.2017 um 12:59 Uhr

@Kanold - Danke liebe Kollegin für Dein Engagement. Manche lieben das Abschneiden von Zöpfen halt mehr, als das Erhalten von bewährten Strukturen...

Die Klientel-Partei hat sich für die Unterstützung "freier Oligopole" entschieden, Motto: "Europa first" - Geld regiert nunmal die Welt. Ob diese Politik zielführend und 5%-fähig sein wird, das wissen wir erst nach den Wahlen.
Ein logischer nächster Schritt wird die totale Freigabe der Preise bei verschreibungspfichtigen Arzneimitteln sein - das macht FDP-Wählern ja nix, weil sie genug Geld haben, um auch im Notdienst auf Gleichpreisigkeit verzichten zu können...
Und als übernächster Schritt wird mit der Abschaffung der Verschreibungspflicht zu rechnen sein: die Freiheit des Einzelnen bei seiner Eigenbehandlung sollte keinesfalls von ärztlicher Kompetenz behindert werden.

Nun muss sich die FDP nur noch etwas einfallen lassen: Apotheker und Ärzte werden zum größten Teil als Wählerschaft fehlen - und die Angestelltenzahl der EU-Versandapotheken kann diesen Ausfall keinesfalls kompensieren. Was nun?
"FDP last (time)"?

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Lindner

von Frank ebert am 30.04.2017 um 12:34 Uhr

Dieser Mensch hat 2 Millionen Euro in den Sand gesetzt mit seiner Firma ohne Wettbewerb. Vorher bei der Bundeswehr. Das solche Versager hofiert werden, ist der heutigen Zeit geschuldet. Reden kann dieser Mensch allerdings gut.

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AW: Lindner

von Anita Peter am 30.04.2017 um 15:58 Uhr

Eloquenz vor Kompetenz. Und diese Schere geht in der Politik immer weiter auseinander....

Bei Ketten bin ich raus.

von T. La Roche am 30.04.2017 um 12:10 Uhr

Ich wollte nie Wahlkampf in meiner Apotheke führen.
Aber ich habe meinen Kunden ein Versprechen gegeben, dass ich aufhören werde, wenn ich gezwungen bin, Arzneimittel zu empfehlen, die ich nicht für richtig halte. Ich sitze meinen Mitarbeitern nicht im Nacken, die können frei entscheiden, und ich möchte das für mich selbst auch nicht haben. Bei einer Kette ist Gewinnmaximierung auf Kosten der Patienten Normalität.
Wenn die FDP Ketten haben möchte, dann muss ich meine Kunden darüber aufklären, dass sie mit einem Kreuz bei dieser Partei in letzter Konsequenz eine neue Apotheke suchen müssen.

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