Erklärung aus Westfalen-Lippe

„Blockadehaltung beim Rx-Versandverbot gefährdet das Patientenwohl“

Münster - 11.04.2017, 15:00 Uhr

Westfalen-Lippes Kammer-Präsidentin Overwiening und Verbandschef Michels haben eine gemeinsame Erklärung zum Rx-Versandverbot abgegeben. (Fotomontage: DAZ)

Westfalen-Lippes Kammer-Präsidentin Overwiening und Verbandschef Michels haben eine gemeinsame Erklärung zum Rx-Versandverbot abgegeben. (Fotomontage: DAZ)


„Mit dem Scheitern des Gesetzentwurfs zum Rx-Versandverbot sind die Apotheken in großer Gefahr“, warnen die Apothekerkammer und der Verband Westfalen Lippe in einer gemeinsamen Erklärung. Dabei gefährde die Blockadehaltung einzelner Verantwortlicher der Großen Koalition aber nicht nur die Apotheken, sondern vor allen Dingen das Patientenwohl.

Als einen herben und gefährlichen Rückschlag für die bewährte Arzneimittelversorgung und das deutsche Gesundheitssystem bezeichnen Apothekerkammer und Verband in einer gemeinsamen Erklärung Nichtumsetzung des Gesetzentwurfs zum Rx-Versandverbot in der laufenden Legislaturperiode. Weder die Fakten noch das Wohl der Patienten und deren wohnortnahe Versorgung hätten gesiegt, sondern die Interessen kapitalstarker ausländischer Versandhändler, heißt es weiter. Diese könnten nun weiterhin auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherungen Boni gewähren und damit die flächendeckende Versorgung existenziell gefährden.

Kammer und Verband sehen mit dem Scheitern des Gesetzentwurfs die Apotheken in großer Gefahr. Das Risiko eines ruinösen Preiswettbewerbs und des damit einhergehenden Verlustes tausender Arbeitsplätze haben maßgebliche Politiker offensichtlich immer noch nicht erkannt. Die Blockadehaltung einzelner Verantwortlicher der Großen Koalition gefährde aber nicht nur die Apotheken, sondern vor allen Dingen das Patientenwohl: Die drohende Entfesselung eines Preiswettbewerbs unter den Apotheken führe zwangsläufig zu einer Verschlechterung der Versorgung in der Fläche und im Nacht- und Notdienst, warnen Kammer und Verband. 

Apotheker in Westfalen-Lippe wollen nicht nachgeben

In einem Flächenland wie Nordrhein-Westfalen ist diese Gefahr nach Ansicht der westfälisch-lippischen Apotheker besonders groß. In einigen ländlichen Regionen sei es nicht selten schon jetzt schwierig, alle Bürger in der gewünschten Qualität versorgen zu können. Die Apotheker in Westfalen-Lippe wollen daher nicht nachgeben und fordern weiterhin, dass die Politik ihrer Verantwortung für eine sichere und zuverlässige Versorgung mit Arzneimitteln gerecht wird – unabhängig von Standort, Wochentag und Tageszeit, wie es in der Erklärung heißt.

Außerdem befürchten Kammer und Verband, dass, wenn verschreibungspflichtige Arzneimittel weiterhin versandt werden dürfen, es ohne Preisbindung nicht mehr lange dauern wird, bis die Krankenkassen unter Hinweis auf das Wirtschaftlichkeitsgebot beginnen, ihre Patienten zugunsten von Versendern von der bisherigen Versorgung durch die Präsenzapotheken wegzusteuern. Damit würden die Bürgerinnen und Bürger die Wahlfreiheit zur Auswahl der Apotheke ihres Vertrauens verlieren, was wiederum den Anfang vom Ende der deutschen Präsenzapotheke bedeuten würde, argumentieren AKWL und AVWL. Außerdem sehen sie die gesamte Systematik des SGB V in Gefahr, die etwa im Bereich der Zuzahlungen oder Festbeträge maßgeblich auf einem einheitlichen Abgabepreis fuße.

Rx-Versandverbot soll auf der Agenda bleiben

Immerhin seien sich alle politischen Akteure einig, dass die im Zuge des EuGH-Urteils eingetretene Wettbewerbsverzerrung zwischen Versendern aus dem EU-Ausland und deutschen Apotheken nicht hinnehmbar ist. Die zu diesem Thema von der Bundes-SPD bislang unterbreiteten Vorschläge überzeugen allerdings in keiner Weise, heißt es in der Stellungnahme. Nach Ansicht namhafter Experten sei ein Verbot ohnehin die einzige Möglichkeit, um die drohenden Gefahren für Apotheken, Patienten und Verbraucher und letztlich das deutsche Gesundheitssystem abzuwenden. Kammer und Verband versprechen, alles daran zu setzen, dieses Thema sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene auf der politischen Agenda zu halten.

Unterzeichnet ist die Erklärung vom Vorsitzenden des Apothekerverbandes Dr. Klaus Michels und der Präsidentin der Apothekerkammer Westfalen-Lippe, Gabriele Regina Overwiening. 


jb / DAZ.online
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Vergangenheit oder Zukunft ist hier die Frage ...

von Christian Timme am 12.04.2017 um 2:26 Uhr

Gegen eine derartige gemeinsame Erklärung ist nichts einzuwenden. Besser wäre es sich mit den Dingen auseinanderzusetzen die bereits absehbar und noch beeinflussbar sind ...

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