Großbritannien

Landapotheken leiden als Erstes unter Honorarkürzungen

Berlin - 06.04.2017, 10:25 Uhr

Shopping street ohne Apotheke? Einem englischen Medienbericht zufolge werden die Kürzungen am Apothekenhonorar in England insbesondere ländliche und Vorstadt-Regionen betreffen. (Foto: tpsdave/pixabay)

Shopping street ohne Apotheke? Einem englischen Medienbericht zufolge werden die Kürzungen am Apothekenhonorar in England insbesondere ländliche und Vorstadt-Regionen betreffen. (Foto: tpsdave/pixabay)


In Deutschland wird derzeit darüber gestritten, wie sich Veränderungen am Apothekenhonorar auf die Landversorgung auswirken würden. In England gibt es solche Veränderungen am Apothekenhonorar derzeit. Und Medienberichten zufolge hat das dortige Gesundheitsministerium eine Liste mit Regionen vorgelegt, in denen die Apotheken als erstes von den Kürzungen bedroht sein würden. Es handelt sich fast ausschließlich um ländliche Bereiche.

Englands Apotheker befinden sich in einer sehr schwierigen Lage derzeit: Das Gesundheitsministerium hatte im vergangenen Jahr umfassende Sparmaßnahmen im englischen Gesundheitsdienst (NHS) angekündigt. Insbesondere am Apothekenhonorar will die Politik sparen. 22 Milliarden Britische Pfund, das sind etwa 28 Milliarden Euro, sollen bis 2021 im staatlichen Gesundheitswesen Großbritanniens insgesamt eingespart werden. In mehreren Schritten soll dafür auch das Apothekenhonorar gekürzt werden: Die erste Absenkung um insgesamt 6,1 Prozent erfolgte im Oktober 2016.

Dazu werden nun mehrere Honorarbestandteile zusammengefasst. Die Apotheker erhielten bislang beispielsweise „practice payments“. Je nach der Menge dispensierter Packungen pro Jahr sind das Pauschalen, die für die Bereithaltung und die Pflege der Apothekenräume ausgezahlt wurden. Diese Zahlungen sollen jetzt unter anderem mit den Packungsabgabe-Honoraren und einem weiteren Zusatzhonorar für das Einlösen von e-Rezepten zusammengeführt werden. Das Gesundheitsministerium teilte schon im vergangenen Jahr mit, dass zwischen 1000 und 3000 der insgesamt rund 12.000 britischen Apotheken schließen könnten.

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Die Fachzeitschrift für Apotheker „Chemist and Druggist“ zitiert nun aus einem Schreiben des Gesundheitsministeriums, in dem evaluiert wird, welche Apotheken in welchen Regionen am heftigsten unter den Sparmaßnahmen leiden werden. Das Ministerium soll dabei von Einschnitten in einer Gesamthöhe von 400 Millionen Britischen Pfund bis 2018 ausgegangen sein. Die Liste enthält zehn Regionen. Interessant ist, dass acht dieser Gebiete ländlich strukturiert oder im Vorstadtbereich sind. Außer „North London“ und „South East London“ handelt es sich ausschließlich um Regionen, in denen der Abstand zur nächsten Apotheke größer ist als in der Großstadt.

Es fällt auch auf, dass die meisten dieser ländlichen Gebiete rund um die Stadt London verteilt sind. Neun von zehn Nennungen sind im Südwesten Englands. Die Region um das nordenglische Städtchen Lancaster ist die einzige Nennung fernab der britischen Hauptstadt. In dem Bericht heißt es allerdings auch, dass es in der zweitgrößten Stadt Englands, Birmingham, zu Veränderungen kommen werde. 23 der knapp 190 Apotheken der Stadt würden eine Honorarkürzung von mehr als 20 Prozent hinnehmen müssen. Die Fachzeitschrift zitiert einen Kommentar des Gesundheitsministeriums, in dem es heißt, dass die meisten dieser Apotheken in unmittelbarer Nähe zu anderen Anbietern liegen, sodass sich für die Patienten selbst bei Schließungen kein Unterschied ergebe.

Die Honorarkürzungen sind derzeit auch Gegenstand eines Gerichtsverfahrens, das die Apotheker in Aufruhr versetzt. Eigentlich nur für ein paar Tage angesetzt, ziehen sich die Verhandlungen am zweithöchsten britischen Gericht nun schon seit mehr als zwei Wochen hin. Geklagt hatten der Apothekerverband und die Apothekergewerkschaft.


Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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