AMK-Stellungnahme

Was tun, wenn Tavor-Tabletten fehlen? 

Stuttgart - 27.03.2017, 17:00 Uhr

Das Tavor-Döschen hat kein Siegel. Für die Apotheke ist von außen nicht erkennbar, ob es schon geöffnet wurde. (Ill.: wbbstock/stock.adobe.com)

Das Tavor-Döschen hat kein Siegel. Für die Apotheke ist von außen nicht erkennbar, ob es schon geöffnet wurde. (Ill.: wbbstock/stock.adobe.com)


Bei der Fertigarzneimittel-Prüfung von Tavor fällt auf, dass zu wenige Tabletten in der Packung enthalten sind. Mal fehlen fünf, mal acht Tabletten in der unversiegelten Packung. Was tut man in so einem Fall? Wir haben bei der Arzneimittelkomission Deutscher Apotheker (AMK) nachgefragt, wie vorgegangen werden soll.

In letzter Zeit kam es in verschiedenen Bundesländern immer wieder dazu, dass eine Minderbefüllung von Tavor-Tabletten auffiel – durch Kundereklamationen oder bei der regelmäßigen Fertigarzneimittelprüfung. „Mal fehlen fünf, mal fehlen mehr Tabletten. Wir zählen inzwischen bei jeder Packung, die geliefert wird nach“, berichtet eine PTA den Kollegen von PTAheute.de im Zusammenhang mit den jüngsten Vorfällen. 

Wie kann das überhaupt passieren? Das Problem liegt in der Verpackung. Tavor-Tabletten werden in einem unversiegelten Kunststoffdöschen ausgeliefert, auch der Umkarton hat kein Siegel. Von außen ist also nicht zu erkennen, dass die Packung jemand geöffnet hat, geschweige denn, dass Tabletten fehlen. Lediglich die Schmelztabletten Tavor expidet kommen im Blister auf den Markt. Da würden fehlende Tabletten schneller auffallen. 

Arzneimittelkommission informiert Überwachungsbehörde

Seitens der AMK heißt es, aktuell habe man Einzelfallberichte über Minderfüllung zu Tavor-Tabletten erhalten und diese bezüglich eines Qualitätsmangels bearbeitet. Die aktuelle Häufung der Fälle habe man zum Anlass genommen, eine Zusammenschau sämtlicher Spontanberichte zu Tavor Tabletten durchzuführen. Im Erfassungszeitraum von 1993 bis heute sei keine aktuelle Veränderung von potenziellen Risiken ableitbar. Vorsichtshalber hat die AMK dennoch die zuständige Überwachungsbehörde informiert sowie vom Hersteller (Pfizer Pharma GmbH) eine Stellungnahme zum aktuellen Sachverhalt angefordert und die meldenden Apotheken informiert, erklärt ein Sprecher. 

Um in der aktuellen Situation auf „Nummer sicher“ zu gehen, können Apotheken Arzneimittel, die der Gruppe der Benzodiazepine angehören, im Rahmen der täglichen Fertigarzneimittelprüfung sichten und die enthaltenen Tabletten durchzählen, sodass der Kunde keine minderbefüllte Packung erhält. Fehlen Tabletten, ist die Situation allerdings heikel, denn auch Apotheken-Mitarbeiter könnten sie theoretisch entnommen haben. 

Aktiv gegen Missbrauch von Benzodiazepinen

Das Missbrauchs- und Abhängigkeitspotenzial von Benzodiazepinen ist schon länger bekannt. Apotheken engagieren sich durch geeignetes Entgegentreten bei erkennbarem Arzneimittelmissbrauch, Verweigerung der Abgabe bei begründetem Verdacht sowie dem Melden von Verdachtsfällen aktiv beim Schutz der Patienten vor Missbrauch und Abhängigkeit.

Anhaltspunkte, die sich im Rahmen der Fallbearbeitung ergeben, greift die AMK in dem Ihr zur Verfügung stehenden Referenzapothekennetzwerk aktiv auf. So führte die AMK im Jahr 2012 eine Umfrage unter ihren Referenzapotheken zum Missbrauchs- und Abhängigkeitspotenzial von Schlaf- und Beruhigungsmitteln durch.


Cornelia Neth, Autorin DAZ.online
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Die Fa. Pfizer negiert das Problem

von Thomas Luft am 27.03.2017 um 21:48 Uhr

Wenn ich auf einer anderen Plattform lese, dass eine Pfizer-Sprecherin meint "Großhändler beziehen Ware von berechtigten und qualifizierten Lieferanten und geben diese an berechtigte und qualifizierte Abnehmer weiter" und das dann ausschließen soll, dass eine Fehlmenge an Tabletten in der Dose ist, dann sollte ich vielleicht auch an die Existenz von Weihnachtsmann und Osterhase denken?!

Ernsthaft: wie wäre es mit einem Originalitätsverschluss mit Siegelring wie bei Pfandflaschen oder stinknormalen Dosiertropfern aus der Apotheke? Das kostet die Weltfirma Pfizer sicher nicht viel, würde die Entnahme auf dem Distributionsweg sicher verringern...

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Verpackungsorgie?!

von Heiko Barz am 27.03.2017 um 17:38 Uhr

Da hat das Qualitätsmanagement wohl extrem versagt. Und unter solchen Umständen prolongiert die SPD und Grünenmannschaft den Versandhandel dazu noch aus dem Ausland. Ein Wahnsinn baut sich hier auf.
Welche Normen in diesem Lande geschützt werden, sieht man deutlich am politischen Werdegang von Joseph Hecken ( ihr wißt doch: der mit der ungesetzlichen Genehmigung der ersten DOMO APOTHEKE in Saarbrücken ) und heute bezieht er Chefgehalt als Vorsitzender des GBA.
Wenn ich mir in meiner Apothekerlaufbahn solch eine Fehlleistung hätte zu Schulden kommen lassen, wäre ich meine Approbation sofort los. Und wäre danach sicher nicht zum Vorsitzenden der ABDA vorgeschlagen worden.
Das ist dann wohl so was wie mit den Krähen und den Augen.......

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